Die Nachfrage nach pflanzliche Alternativen zur Kuhmilch ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Inwiefern sich von den Milchalternativen aus Soja, Hafer, Mandeln oder Reis auch gesundheitliche Vorteile erhoffen lassen, bleibt allerdings umstritten.
Oft werden Soja-, Reis- und Hafermilch als gesunde und nachhaltige Alternativen zu Kuhmilch und Milchprodukten angepriesen. Doch deuten Studien auf eine geringere Nährstoffqualität hin. Welche Unterschiede bei dem Nährstoffgehalt von Kuhmilch und pflanzlichen Milchalternativen tatsächlich bestehen, hat jetzt ein italienisches Forschungsteam der Universität Padua untersucht.
Vergleichende Analyse des Nährstoffgehalts
Verschiedene Marken von Getränken auf Mandel-, Hafer-, Reis-, Kokosnuss- und Sojabasis wurden für eine vergleichende Analyse mit Ziegen- und Kuhmilch herangezogen, berichten die Forschenden in dem Fachmagazin „npj Science of Food“.
Dabei habe der Fokus auf dem Gehalt an Gesamtprotein, den Aminosäuren, dem Fettgehalt beziehungsweise den verschiedenen Fettsäuren und den enthaltenen Mineralstoffen gelegen.
Unterschiede beim Proteingehalt und Aminosäureprofil
Den höchsten Gesamtproteingehalt wiesen laut den Forschenden Sojagetränke (3,47 Prozent) auf, gefolgt von Kuhmilch (3,42 Prozent) und Ziegenmilch (3,25 Prozent). Bei den übrigen Milchalternativen habe der Gehalt deutlich niedriger gelegen.
Betrachtet man die einzelnen Aminosäuren, hatten beide Arten von Tiermilch zudem einen höheren Gehalt pro Volumeneinheit aller essentiellen Aminosäuren als Getränke auf Sojabasis, mit Ausnahme von Phenylalanin, berichten die Forschenden.
Indes sei bei anderen Aminosäuren wie Arginin, Serin oder Asparaginsäure der Gehalt in den Soja-Drinks durchschnittlich sogar höherer ausgefallen als in der Tiermilch. Der Proteingehalt und das Aminosäureprofil unterlagen in den pflanzlichen Milchalternativen jedoch generell deutlich stärkeren Schwankungen, erläutert das Team.
Dies weist laut den Forschenden auch auf einen Mangel an Standardisierung bei der Produktion pflanzlicher Milchalternativen hin, der Unsicherheiten hinsichtlich des Nährstoffgehalts für die Verbraucherinnen und Verbraucher zufolge haben könne.
Des Weitere betonen die Forschenden, dass auch die Bioverfügbarkeit der Aminosäuren und die Fähigkeit des menschlichen Darms, diese Aminosäuren aufzunehmen, bei der Bewertung zu berücksichtigen seien.
Wenig Protein in Reis- und Mandelmilch
Hier schneide Kuhmilch deutlich besser ab, als alle pflanzlichen Alternativen, wobei Soja jedoch zumindest annähernd die Werte von Kuhmilch erreiche. Besonders schlecht ist laut den Fachleuten die Bioverfügbarkeit der Proteine in Milchalternativen auf Reis- oder Mandelbasis.
Insgesamt scheinen bezüglich der Proteine Soja-Drinks die beste pflanzliche Alternative zur Kuhmilch. Doch weisen die Forschenden darauf hin, dass 14 Prozent der Menschen mit einer Kuhmilchallergie auch eine Allergie gegen Sojaproteine haben, so dass für sie die Soja-Drinks keinen Ersatz bieten können.
Vergleich des Fettgehalts und der Fettsäuren
Den höchsten Fettgehalt hatten erwartungsgemäß Kuhvollmilch (3,55 Prozent) und Ziegenvollmilch (3,72 Prozent), wobei nur relative geringe Schwankungen zwischen den einzelnen Produkten auftraten, berichten die Forschenden. Die niedrigsten Werte seien bei Getränken auf Haferbasis (0,37 Prozent) festzustellen gewesen.
Unter den pflanzlichen Milchalternative wiesen Getränke auf Mandelbasis den höchsten Fettgehalt (1,99 Prozent) auf und in den pflanzlichen Produkten waren zudem vor allem langkettige Fettsäuren zu finden (Ausnahme Kokosnussmilch mit hohem Anteil mittelkettiger Fettsäuren), so das Forschungsteam weiter.
In der Kuhmilch finde sich hingegen eine Kombination aus langkettigen und mittelkettigen Fettsäuren und zudem werde im Vergleich zu den pflanzlichen Produkten ein viel größerer Anteil des Lipidgehalts aus sogenannten gesättigten Fettsäuren gebildet, die im Vergleich zu den ungesättigten Fettsäuren als eher ungesund gelten.
Mit dem höheren Gehalt an ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren scheinen die pflanzlichen Alternativen (Kokosnuss ausgenommen) hier eindeutige Vorteile zu bieten. So sind sie laut den Forschenden gut geeignet als Quelle für gesunde Lipide, wobei Getränke auf Sojabasis mit einem besonders hohen Gehalt an gesunden Fettsäuren punkten können.
Auch in Hafermilch seien viele ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten und es ist bekannt, dass Haferderivate aufgrund der Fülle an löslichen Ballaststoffen und Antioxidantien, die Triglyceride und das ungesunde LDL-Cholesterin senken können, was zusätzliche positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann, ergänzen die Forschenden.
Bei Getränken auf Kokosnussbasis sei im Gegensatz zu allen anderen pflanzlichen Milchalternativen eine ähnliche Lipidzusammensetzung wie bei der Tiermilch feststellbar.
Zucker, Salz und Kohlenhydrate
Kuhmilch enthält grundsätzlich Laktose, einen Milchzucker, der den maßgeblichen Anteil des Kohlenhydratgehalts ausmacht. In den Milchalternativen sind die Kohlenhydrate hingegen zum Beispiel in Form von Stärke enthalten.
Den höchsten Kohlenhydratgehalt zeigten laut den Forschenden Getränke auf Reisbasis, gefolgt von Getränken auf Mandelbasis und Getränken auf Haferbasis. Der hohe Kohlenhydratgehalt der Mandelgetränke sei dabei durchaus unerwartet gewesen, da Mandeln nur wenig Kohlenhydrate enthalten.
Weiterhin stellten die Forschenden fest, dass zur Beeinflussung von Geschmack, Farbe und Konsistenz der pflanzlichen Milchalternativen häufig Zusatzstoffe verwendet werden. So sei in 73 Prozent der getesteten Produkte zugesetztes Salz enthalten, in 23 Prozent zugesetzter Zucker und in 67 Prozent mindestens ein Zusatz außer Salz, Zucker und Wasser.
Insbesondere der zugefügte Zucker und das Salz sind dabei unter gesundheitlichen Gesichtspunkten kritisch zu bewerten, da sich durch den Zucker das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit und Diabetes erhöhen und durch zu viel Salz der Blutdruck und das Risiko für Nierenerkrankungen steigen kann.
Welche Unterschiede bestehen bei Mineralstoffen?
Laut den Forschenden waren alle Mineralien in der Tiermilch grundsätzlich in höheren Konzentrationen vorhanden als in den pflanzlichen Alternativen, mit Ausnahme von Magnesium. Dessen Gehalt sei bei manchen Milchalternativen ähnlich hoch wie in der Tiermilch.
Getränke auf Reisbasis waren insgesamt die mineralstoffärmsten Getränke, da zum Beispiel Magnesium und Kalium komplett fehlen und auch einige andere Mineralstoffe nur in geringen Mengen enthalten sind, so das Team weiter.
Den höchsten Mineralstoffgehalt unter den pflanzlichen Milchalternativen hatten laut den Forschenden Getränke auf Sojabasis. Allerdings habe allen pflanzlichen Produkten das in Kuhmilch und Ziegenmilch enthaltene Jod gefehlt, so dass eine angemessene Jodversorgung langfristig gefährdet werden könne.
Hier bedarf es nach Ansicht der Forschenden daher weiterer Anstrengungen, um die Jod-Anreicherung bei pflanzlichen Milchalternativen zu forcieren.
Soja-Drinks die beste Milchalternative?
Insgesamt zeigen die pflanzlichen Milchalternativen im Vergleich zur Ziegen- und Kuhmilch einen geringeren Gehalt an Gesamtprotein, Lipiden, Aminosäuren und Mineralstoffen, wobei jedoch Getränke auf Sojabasis eine Ausnahme bilden, berichtet das Team.
Die Soja-Drinks weisen durchaus ein vergleichbarer Proteingehalt wie Kuhmilch, eine ähnliche Zusammensetzung der Aminosäuren und einen hohen Mineralstoffgehalt auf, so die Forschenden weiter. Darüber hinaus seien mehr gesunde Fettsäuren enthalten.
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Obwohl die pflanzlichen Produkte als nahrhafte Milchalternativen mit Vorteilen für die Gesundheit vermarktet werden, bleibt ihr Nährstoffgehalt oft stark begrenzt und ihr Kohlenhydrat- und Zuckergehalt sind erhöht, betonen die Fachleute.
Werden Milchprodukte vollständig durch pflanzliche Alternativen ersetzt, könne dies zu einem Mangel an bestimmten Mineralstoffen und entsprechenden gesundheitlichen Beschwerden führen, insbesondere, wenn die Umsetzung ohne Berücksichtigung der eigenen Ernährungsbedürfnisse erfolgt. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- S.S. Moor; A. Costa, M. Pozza, T. Vamerali, G. Niero, S. Censi, M. De Marchi: How animal milk and plant-based alternatives diverge in terms of fatty acid, amino acid, and mineral composition; in: npj Science of Food (veröffentlicht 16.09.2023), nature.com
Wichtiger Hinweis:
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