Neu entwickelter Schaumstoff hilft bei der Wundheilung
Schlecht heilende Wunden und starke Vernarbungen können die Beweglichkeit und Gesundheit eines Menschen deutlich beeinträchtigen. Forscher aus der Schweiz haben jetzt einen Schaumstoff entwickelt, der übermäßige Narbenbildung verhindern und der Wundheilung auf die Sprünge helfen soll. Eine essenzielle Zutat: Kurkuma, ein heilsames Gewürz, das für seine antioxidative und entzündungshemmende Wirkung bekannt ist.
Eine Wunde am Fuß, die sich nicht schließt oder eine Narbe am Ellbogen, die bei jeder Bewegung spannt: Schlecht heilende Verletzungen sind eine verbreitete Ursache von gesundheitlichen Einschränkungen. Doch der komplexe Prozess der Wundheilung ist noch immer nicht vollständig verstanden oder gar steuerbar. Wissenschaftler aus der Schweiz haben daher einen Schaumstoff entwickelt, der in Hautwunden platziert wird und den natürlichen Heilungsprozess optimiert.
Heilungsprozess soll umfassender unterstützt werden
Wie die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (kurz Empa) in einer Mitteilung schreibt, haben Markus Rottmar und sein Team im „Biointerfaces“-Labor der Empa mit dem Projekt „Scaravoid“ einen Schritt in eine neue Richtung gewagt. „Traditionelle Behandlungen zielen auf einzelne Faktoren der Wundheilung, etwa die Sauerstoffversorgung oder die Feuchtigkeitsregulation, ab und erzeugen lediglich eine unzureichende Gewebeantwort“, erklärte Rottmar. Innerhalb von „Scaravoid“ soll der Heilungsprozess indes umfassender verstanden und unterstützt werden.
Überschießende Narbenbildung oder unzureichender Wundverschluss
Laut den Experten ist bisher klar, dass ein perfekt orchestriertes Zusammenspiel vieler Faktoren im Körper nötig ist, um eine Verletzung der Haut wieder zu schließen und in gesundes Gewebe umzuformen. Zellen müssen angelockt werden, damit eine wohldosierte Entzündung die Wunde reinigt. Damit sich der gesäuberte Defekt schließt, wächst neues Gewebe heran, das schließlich zu funktionsfähiger Haut umgebaut wird.
So erstaunlich die Selbstheilungskräfte des Körpers im Idealfall wirken, so empfindlich kann aber auch eine Fehlfunktion das Gleichgewicht stören und zu überschießender Narbenbildung oder unzureichendem Wundverschluss führen. So ist beispielsweise bei älteren Menschen oder Diabetikern das Risiko erhöht, dass die komplexe Kaskade beeinträchtigt wird.
Mit „Scaravoid“ greift das Empa-Team jetzt mit einem bereits für die medizinische Anwendung zugelassenen biologischen Polymergerüst gleich an mehreren Stellen unterstützend in den Vorgang ein. Den Angaben zufolge wird das Polymer in einem Hochdruckreaktor mittels superkritischem Kohlendioxid (CO2) aufgeschäumt, wobei die Porengröße mit Hilfe von Druck und Temperatur fein gesteuert werden kann.
Einmal in eine Verletzung platziert, soll das Polymergerüst mit seiner Arbeit beginnen: Einwandernden Zellen bietet es mit seiner offenporigen Architektur ein geeignetes Gerüst, um sich anzusiedeln. Weil der Schaumstoff bioabbaubar ist, gestalten die Zellen die angebotene Polymerstruktur nach ihren Bedürfnissen um und bilden ein neues, funktionstüchtiges Gewebe aus.
Curcumin mit entzündungshemmenden Eigenschaften
Damit es dabei jedoch nicht zu unerwünschter Narbenbildung kommt, ist das Polymergerüst mit einer bioaktiven Substanz ausgerüstet, die die Narbenbildung hemmen soll. Hier haben sich die Wissenschaftler in der Natur bedient und einen Stoff verwendet, den wir eher aus der Küche kennen als aus dem Krankenhaus: Curcumin.
Das Pulver der Kurkuma-Wurzel (auch gelber Ingwer oder Gelbwurz genannt) färbt als Zusatzstoff E100 bestimmte Lebensmittel wie Senf oder Margarine und trägt im Currypulver zum Aroma bei. Als pharmakologische Komponente ist Curcumin hingegen wegen seiner entzündungshemmenden Eigenschaften interessant.
In wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass Curcumin dank der antientzündlichen Wirkung unter anderem bei Arthritis hilft. Zudem kann der Stoff laut Gesundheitsexperten Gehirnentzündungen reduzieren, welche sowohl mit der Alzheimer-Krankheit als auch mit schweren Depressionen in Verbindung gebracht werden.
Die Empa-Forscher versetzten Zellkulturen mit Curcumin und stellten fest, dass die Produktion von Biomarkern, die typischerweise in Narben vorkommen, deutlich hinunterreguliert wird. Ins Gerüst des Schaumstoffs eingebunden ist Curcumin, das nach und nach freigesetzt wird. Es steuert das Verhalten und die Funktion der Zellen, die in das Gerüst einwandern, und soll so die natürliche Balance der Wundheilung unterstützen.
Was derzeit in Labortests in Form von kleinen Polymerscheiben analysiert wird, soll in der klinischen Anwendung in Form von größeren Polymermembranen eingesetzt werden. Die Membranen können dann vom Arzt passend zugeschnitten und im Wundbett platziert werden. Insbesondere bei schwerwiegenden Verletzungen, etwa nach Verkehrsunfällen oder starken Verbrennungen, sollen die Membranen die Wundheilung optimieren. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa): Schaum für die Wunde, (Abruf: 19.08.2019), Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.