Lärm in der Schule und laute Musik schaden nicht nur dem Gehör
Die Lärmbelastung von Kindern bildet den Schwerpunkt des diesjährigen Tages gegen den Lärm wobei nicht nur drohende Beeinträchtigungen des Hörvermögens, sondern auch die negative Effekte auf die Konzentrations- und Lernfähigkeit sowie weitere drohenden gesundheitliche Folgen thematisiert werden.
„Kinder und Jugendliche leiden häufig unter Lärm – teils mit gravierenden Folgen“, so die Mitteilung des Umweltbundesamtes (UBA) anlässlich des Tages gegen den Lärm am 29. April. Vielfach ist der Geräuschpegel in der Schule derart hoch, dass nicht nur die Konzentrationsfähigkeit leidet, sondern auch das Gehör in Mitleidenschaft gezogen werden kann. „Kindern scheint Lärm oft relativ wenig auszumachen, aber schon der Pegel in einem Klassenzimmer kann belastend sein, noch heftiger ist die Pausenhalle, wenn es kalt ist oder regnet“, wird Prof. Dr. Brigitte Schulte-Fortkamp, Akustikspezialistin der TU Berlin sowie Vorstandmitglied der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA) und Leiterin des Aktionstages in Deutschland von der Nachrichtenagentur „dpa“ zitiert.
Schlechte Akustik in vielen Klassenräumen
Auch infolge falscher Bauweisen kann der Lärm in Schulen und Pausenhallen laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Akustik deutlich erhöht ausfallen. So werde das Rufen, Lachen und Schreien, welches ohnehin bis zu 80 Dezibel erreichen kann, durch ungünstigen Raumhall zusätzlich verstärkt, berichtet Prof. Schulte-Fortkamp. „Da kann man einiges verbessern. Wir haben für einen Wettbewerb 800 Architekten angeschrieben, um ein leises Klassenzimmer zu gestalten“, so die Expertin in der Mitteilung der „dpa“. Gute Klassenraumakustik ist laut Angaben der DEGA „eine wesentliche Bedingung für erfolgreichen Unterricht.“ Hier seien durch die DIN 18041 (Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen) die Anforderungen für Klassenräume klar festgelegt, doch würden „viele Klassenräume in Deutschland – seriöse Schätzungen gehen von deutlich mehr als 50 Prozent aus – diesen Anforderungen nicht“ genügen. Dies Klassenräume seien „hallig“ und durch zu lange Nachhallzeiten werde die Sprache schwer verständlich.
Lärm beeinträchtigt die Lernbedingungen
Infolge der unzureichenden Klassenraumakustik entsteht laut Angaben der DEGA vielfach ein Teufelskreis, bei dem der steigende Geräuschpegel eine verminderte Aufmerksamkeit der Schüler zur Folge hat, was wiederum mehr Störungen des Unterrichts bedingt, wodurch der Lärmpegel zusätzlich steigt. Am Ende stehe eine deutlich reduzierte Arbeits- und Lernleistung. So berichtet die Akustikspezialistin Schulte-Fortkamp gegenüber der „dpa“ von einer Studie aus dem Jahr 2005, die auf eine verschlechterte Lernfähigkeit und Gedächtnisfunktion bei Dauerlärm hingewiesen habe. Zudem sei 2014 eine langfristig angelegte Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass Kinder aus Schulen, die mit Fluglärm belastet waren, eine schlechtere Leseleistung aufwiesen, als Kinder von Schulen in leiserer Umgebung. Dabei hätten zehn Dezibel mehr Lärm einem Monat Rückstand in der Leseleistung entsprochen. „Das erscheint vielleicht erst mal nicht so relevant, aber entscheidend ist: Man nimmt diese Verzögerung mit in die nächste Schulstufe, sie setzt sich fort“, wird Schulte-Fortkamp von der „dpa“ zitiert.
Jedes achte Kind mit vermindertem Hörvermögen
Lärm kann nicht nur die Sprachentwicklung, Lesefähigkeit und die mentale Leistungsfähigkeit der Kinder beeinträchtigen, sondern oftmals berichten Jugendliche in Deutschland auch über tinnitusartige Ohrgeräusche nach starken Lärmbelastungen, berichtet das Umweltbundesamt. Rund jedes achte Kind nehme zudem mindestens eine Tonfrequenz im Hörtest nicht richtig wahr. Zwar seien die Ursachen hierfür weitgehend unbekannt, doch werde zu lautes Musikhören – etwa über Kopfhörer – vielfach dafür verantwortlich gemacht. Die Zahl der Jugendlichen in Deutschland, die an Tinnitus-Symptomen leiden, nehme in besorgniserregender Weise zu. „Wer regelmäßig zu laute Musik über Kopfhörer hört, riskiert einen unheilbaren Hörschaden“, warnt das UBA. Darüber hinaus hätten auch Diskotheken und Clubs einen großen Anteil an Hörschäden bei Jugendlichen.
Workshops mit dem „Lärmkoffer“
Beim diesjährigen Tag gegen den Lärm wenden sich das Umweltbundesamt und die Deutsche Gesellschaft für Akustik unter dem Motto „Lärm – voll nervig!“ vor allem an Kinder und Jugendliche, um diese für den Lärm und seine Folgen zu sensibilisieren. Beispielsweise werden Workshops mit dem „Lärmkoffer“ vom Arbeitsring Lärm der DEGA an interessierten Schulen angeboten. Die eintägige Aktion findet vor Ort an der Schule statt und es werden unter anderem die Themen „Hören, Wahrnehmung von Geräuschen, Lärm, Lärmwirkungen“ spielerisch und mit Hilfe des Lärmkoffers vermittelt, so die Mitteilung der DEGA. Anschließend könne der Lärmkoffer für einige Wochen von der Schule ausgeliehen werden, um mit Hilfe der Schallpegelmessgeräte, Stimmgabeln, überdimensionalen Silikonohren und weiteren Materialien Schülerinnen und Schüler über die Folgen der Lärmbelastung aufzuklären. (fp)
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Bildnachweis: S. Hofschlaeger / pixelio.de
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