Erreichbarkeit von Ärzten: Kluft zwischen Stadt und Land
Es ist schon seit langem bekannt, dass Patienten unterschiedlich lange auf einen Facharzttermin warten müssen. So müssen sich gesetzlich Versicherte im Vergleich zu Privatpatienten in der Regel auf längere Wartezeiten einstellen. Wer auf dem Land lebt, muss zudem längere Anfahrtswege in Kauf nehmen.
Lange Wartezeiten und lange Wege
Meldungen über lange Wartezeiten bei Facharztterminen machen seit Jahren die Runde. Fünf Wochen Wartezeit sind keine Seltenheit, wie Untersuchungen zeigten. Bei Privatpatienten geht es im Allgemeinen meist schneller. Kassenpatienten müssen im Schnitt 23 Tage länger warten, stellten Experten in Bayern fest. Menschen, die auf dem Land leben, haben einen zusätzlichen Nachteil: Sie haben meist deutlich längere Wege zum Facharzt.
Kluft zwischen Stadt und Land
Denn bei der Versorgung mit Facharztpraxen besteht noch immer eine Kluft zwischen Stadt und Land. Und das, obwohl es seit gut einem Jahr mehr Anreize für eine Niederlassung in der Fläche gibt.
Laut einer Studie im Auftrag der gesetzlichen Krankenkasse Pronova-BKK waren im vergangenen Jahr Patienten in Städten demnach mit mehr als einer halben Million Einwohnern im Schnitt keine 20 Minuten zum Facharztbesuch unterwegs, berichtet die Nachrichtenagentur dpa.
In Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern benötigten sie dagegen zehn Minuten mehr. Den Angaben zufolge dauerte die durchschnittliche Fahrzeit zur nächsten Klinik in Großstädten knapp eine halbe Stunde und auf dem Land fast eine Dreiviertelstunde.
Termine innerhalb von vier Wochen
In den vergangenen Jahren war immer wieder nach Möglichkeiten gesucht worden, dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen. So hatten sich etwa die gesetzlichen Krankenkassen für eine befristete Zulassung für Ärzte ausgesprochen.
Seit Anfang dieses Jahres sind die Kassenärztlichen Vereinigungen durch das Versorgungsstärkungsgesetz nun verpflichtet, sogenannte Terminservicestellen einzurichten, bei denen Kassenpatienten Facharzttermine innerhalb von vier Wochen bekommen sollen. Doch laut Patientenschützern wird dieser Terminservice von Kassenärzten nicht richtig umgesetzt.
Terminservicestellen haben bislang wenig bewirkt
Dass die Einrichtung der Terminservicestellen bislang nichts geändert hat, zeigt auch die aktuelle Studie „Gesundheitsversorgung 2016“ der Pronova-BKK. Die Krankenkasse stellt in einer Pressemitteilung fest: „Trotzdem spüren die Erkrankten bisher keine Verbesserung: 22 Prozent der Deutschen, die innerhalb des letzten Jahres in einer fachärztlichen Praxis in Behandlung waren, mussten einen Monat oder länger auf ihren letzten Termin warten. Dieser Anteil ist gegenüber den letzten fünf Jahren nicht geschrumpft.“
„Sicherlich lässt sich darüber streiten, ob Terminservicestellen die optimale Lösung für die gesetzlich Versicherten sind. Immerhin konnten die Einrichtungen pro Monat 10.000 Menschen, die dringend einen Termin benötigten, weiterhelfen“, so Lutz Kaiser, Vorstand der Pronova-BKK. Doch Wartezeiten bei der Terminvergabe seien ein generelles Problem – nicht nur bei denjenigen, bei denen die fachärztliche Behandlung „dringend“ erforderlich ist.
Verwaltung des Mangels
„Nur besser in der Fläche verteilte Facharztpraxen können das Problem wirklich lösen. Alles andere ist nur eine Verwaltung des Mangels“, meint Lutz Kaiser.
„Gute medizinische Versorgung darf auch in Zukunft keine Frage des Wohnorts sein“, sagte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) schon vor Jahren. „Gerade im ländlichen Raum sind verstärkte Anstrengungen nötig, um eine gute Versorgung aufrechtzuerhalten. Finanzielle Anreize sind dabei ein Baustein, wichtig ist aber auch die Arbeitsbedingungen so zu verbessern, dass sich wieder mehr Ärzte für den Landarztberuf entscheiden.“ (ad)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.