Kalzium hält das Herz im Rhythmus
Laut Schätzungen von Gesundheitsexperten leiden etwa zwei bis drei Millionen Menschen in Deutschland an einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche). Im Verlauf dieser Erkrankung verändert sich der Kalziumhaushalt im Herzen. Es kann zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kommen. Forscher haben nun herausgefunden, wie der Kalziumverlust vermindert werden kann.
Bis zu drei Millionen Deutsche leiden an einer Herzschwäche
Zwei bis drei Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche), mehr als 386.000 herzinsuffiziente Patienten werden jährlich in eine Klinik eingewiesen. Als Folge dieser Erkrankung ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen. Wenn die Krankheit nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird, versterben die Patienten in den meisten Fällen am Versagen der mechanischen Funktion des Herzens oder an starken Herzrhythmusstörungen, die schließlich zum Herzstillstand führen. Für ein besseres Verständnis der Erkrankung ist daher die Erforschung der grundlegenden Prozesse des Herzens von zentraler Bedeutung. Deutsche Wissenschaftler haben hierzu nun neue Erkenntnisse gewonnen.
Kalziumhaushalt im Herzen verändert sich
Wie in einer Mitteilung der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) erklärt wird, verändert sich im Verlauf einer Herzschwäche der Kalziumhaushalt im Herzen.
Ursache ist demnach ein Leck eines zellinternen Kalziumspeichers, des sogenannten sarkoplasmatischen Retikulums (SR) über dem kardialen Ryanodin-Rezeptor (RyR2). Dabei verliert das SR während der Füllungsphase des Herzens (Diastole) vermehrt Kalzium.
Bislang war nicht geklärt, welche Bedeutung das SR-Leck für den Fortgang der Erkrankung und das Auftreten von gefährlichen Rhythmusstörungen hat.
Das Überleben deutlich verbessern
Herzforscher der UMG haben untersucht, wie sich eine Behandlung des SR-Lecks auf eine Herzschwäche sowie auf Herzrhythmusstörungen auswirkt.
Die Arbeitsgruppe „Kardiales Remodeling“ unter der Leitung von Prof. Dr. Karl Toischer, Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG, konnte im Tiermodell zeigen, dass die dauerhafte Verabreichung des spezifischen RyR2-Stabilisators S36 den Kalziumverlust in den Herzzellen mindert und damit einen Rückgang von Herzrhythmusstörungen bewirkt.
„S36 könnte somit als anti-arrhythmisches Medikament von klinischem Nutzen sein und das Überleben deutlich verbessern“, sagte Professor Toischer.
Die Ergebnisse der Forschungsarbeit der Göttinger Wissenschaftler wurden im Fachjournal „Science Translational Medicine“ veröffentlicht.
Verringerung der lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen
Wie es in der Mitteilung der UMG heißt, kontrolliert Kalzium im Herzen die Kontraktion, beeinflusst die elektrischen Ströme und steht damit in direkter Verbindung zum Herzrhythmus.
Daher nahmen die Göttinger Forscher an, dass das Kalziumleck im SR nicht nur das Fortschreiten der Herzschwäche begünstigen, sondern auch an der Entstehung von Rhythmusstörungen beteiligt sein könnte.
Im Tierexperiment zeigte sich, dass ein Abdichten des Kalziumlecks durch Gabe des neuen und sehr spezifischen Wirkstoffes S36 das Überleben bei Herzschwäche verbesserte.
Doch anders, als bisher angenommen, war dafür nicht die verlangsamte Entwicklung der Herzschwäche verantwortlich, da sich die Herzfunktion nicht verbesserte. Selbst eine Vergrößerung des SR-Lecks beeinflusste den Fortgang der Herzschwäche nicht.
Vielmehr stellte sich heraus, dass eine Verringerung der lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen die Ursache des verbesserten Überlebens ist.
In zukünftigen wissenschaftlichen Untersuchungen soll getestet werden, ob sich S36 gezielt als Medikament zur Therapie von Rhythmusstörungen eignet.
Basis für die Entwicklung neuer Therapieansätze
„Zum ersten Mal konnte gezeigt werden, dass die Undichtigkeit des sarkoplasmatischen Retikulums zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führt“, so Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzender des Herzzentrums der UMG.
„Dabei konnte gleichzeitig eine neue Medikamentengruppe für die Behandlung von Undichtigkeit und Rhythymusstörungen identifiziert werden“, erklärte der Experte.
„Die publizierten Ergebnisse sind somit eine exzellente Basis für die Entwicklung neuer Therapieansätze für die Behandlung von Rhythmusstörungen.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.