Tödliche Pilzinfektionen dank neuer Behandlungsmethode vermeidbar?
Pilzinfektionen sind ein weit verbreitetes Beschwerdebild, wobei diese in äußerst unterschiedlichen Formen auftreten können. Häufig zeigen sie sich als Infektionen der Haut, wie beispielsweise beim Fußpilz. Doch kann eine Pilzinfektion sich auch im Körper ausbreiten und schlimmstenfalls eine Blutvergiftung (Sepsis) bedingen. Rund 1,5 Millionen Menschen weltweit sterben jährlich an einer entsprechenden fungalen Sepsis, so die Mitteilung der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien). Hier könnten die Therapiemöglichkeiten durch eine neue Entdeckung künftig deutlich verbessert und zahlreiche Leben gerettet werden, berichtet die MedUni Wien weiter.
Wissenschaftlern des IMBA (Institute of Molecular Biotechnology) und der Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der MedUni Wien und Universität Wien ist es gelungen, einen völlig neuen Mechanismus zu identifizieren, der es künftig ermöglichen könnte, lebensbedrohliche Pilzinfektionen zu therapieren. Durch eine Blockade des Enzyms CBL-B werde die Immunabwehr gegen den Pilzerreger Candida albicans deutlich erhöht, berichten die Wissenschaftler in dem Fachmagazin „Nature Medicine“ von ihren aktuellen Studienergebnissen.
Invasive Pilzinfektionen enden oft tödlich
Pilzinfektionen gehören laut Mitteilung der MedUni Wien „zu den häufigsten Infektionen weltweit“ und jeder vierte Mensch „leidet im Laufe seines Lebens unter unangenehmen Infektionen der Haut oder Schleimhaut.“ In der Regel verläuft ein Befall mit dem einzelligen Hefepilz Candida albicans jedoch harmlos und lässt sich gut behandeln. Dies sind allerdings nicht die einzigen Formen, die eine Pilzinfektion annehmen kann. Denn erkennt ein geschwächtes Immunsystem den Erreger nicht rechtzeitig, kann sich der Pilz im ganzen Körper ausbreiten und eine lebensgefährliche Blutvergiftung sowie massive Organschäden auslösen, berichtet die MedUni Wien. Diese sogenannten invasiven Infektionen enden laut Aussage der Experten zu etwa 40 Prozent tödlich und führen zu rund 1,5 Millionen Todesfällen pro Jahr.
Fehlende antifungale Therapiemöglichkeiten
Insbesondere bei Patienten, deren Immunsystem geschwächt ist, spielen Pilzinfektionen den Angaben der MedUni Wien zufolge im medizinischen Alltag eine immer größere Rolle. „Längere Aufenthalte in Krankenhäusern aber auch viele neuen Behandlungen in der modernen Medizin, wie etwa Organtransplantationen oder Tumortherapien, sind häufig mit einer kurz- bis langfristigen Schwächung oder gar Schädigung des Immunsystems verbunden“, so die Mitteilung der Universität. In diesem geschwächten Zustand aber könne eine Infektion mit dem weit verbreiteten Hefepilz Candida albicans schnell lebensbedrohlich werden. Probleme bereite nicht nur die Diagnose entsprechender Infektionen, sondern auch die Behandlung gestalte sich angesichts fehlender effektiver antifungaler Therapiemöglichkeiten bei Infektionen in diesem fortgeschrittenen Stadium äußerst schwierig.
Immunantwort gegen Candida albicans entschlüsselt
Das Wiener Forscherteam konnte in seinen aktuellen Untersuchungen nicht nur nachweisen, wie sich das Immunsystem erfolgreich gegen eine Invasion von Candida albicans wehrt. Sie entwickelten auch ein Protein, dass gegen die invasive Candida Infektion eingesetzt werden kann. Das menschliche Immunsystem hat die Aufgabe, Eindringlinge zu enttarnen, wobei Viren, Bakterien aber auch Pilzerreger anhand einer typischen Signatur an der Zellaußenwand von sogenannten „Immunorezeptoren“ erkannt werden, erläutern die Wissenschaftler. Diese Immunorezeptoren docken an der Außenwand des Krankheitserreger an, wodurch die körpereigenen Abwehrzellen alarmiert und aktiviert werden, die anschließend die Erreger abtöten, berichten die Forscher weiter.
Enzym CBL-B von entscheidender Bedeutung
Den Erkenntnissen des Forscherteams um den Molekularbiologen Gerald Wirnsberger und Florian Zwolanek aus den Arbeitsgruppen von Josef Penninger (IMBA) und Karl Kuchler (MFPL) zufolge, spielen das Enzym CBL-B und ein Signalüberträger namens SYK bei der Immunantwort gegen Candida-Infektionen eine besondere Rolle. Hierbei arbeite SYK mit dem Immunrezeptor an der Zelloberfläche zusammen und leite „das Signal für die gezielte Abwehr gegen den Pilzerreger weiter, während CBL-B die Signalübertragung für die Immunantwort bremst und schließlich ganz abschaltet indem es SYK zerstört“, so die Mitteilung der MedUni Wien. Die Forscher entwickelten daher ein völlig neuartiges Protein, einen sogenannten „Inhibitor“, mit dem sie CBL-B bei Mäusen gezielt blockieren konnten. In den anschließenden Versuchen konnte mit dem Protein eine invasive Candida Infektion erfolgreich abgewehrt werden, während Mäuse, bei denen CBL-B aktiv war, innerhalb kurzer Zeit der systemischen Candida Infektion erlagen, berichten die Wissenschaftler. Hier eröffne sich ein neuer Weg zur Therapie gegen invasive Pilzinfektionen.
Meilenstein bei der Behandlung invasiver Pilzinfektionen
Nach Einschätzung von Karl Kuchler (MFPL) sind die Forschungsergebnisse „ein erster Meilenstein zu einer völlig neuen Art der Behandlung gegen Candida albicans.“ Erstmals sei es gelungen die Immunantwort, die durch CBL-B moduliert wird, gezielt zu lenken. „Diese neuartige Therapiemethode könnte sich als klinisch sehr erfolgreich herausstellen, vor allem in Kombination mit bereits existierenden Therapiemethoden, bei denen nur das Wachstum der Pilze blockiert werden kann“, betont der Experte. Ähnlich optimistisch zeigte sich Josef Penninger, wissenschaftlicher Direktor des IMBA. „Für die Medizin von morgen wird es immer wichtiger, die molekularen Rätsel der Immunabwehr zu entschlüsseln, um in Folge diesen körpereigenen Schutzschild gegen einen bestimmten Eindringling stärken zu können. Bei dem oft fatalen Pilz Candida albicans ist uns dies nun gelungen“, so das Fazit von Penninger. (fp)
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