Blut-Marker plus Lebensstil sagen Lebenserwartung voraus
Fünf Biomarker im Blutserum haben zusammen mit Lebensstil-Faktoren laut einer aktuellen Studie eine hohe Vorhersagekraft für die Lebenserwartung. Männer mit einem ungünstigen Blutprofil und einem ungesunden Lebensstil müssen mit einem Verlust von bis zu 22 Lebensjahren rechnen.
Eine Arbeitsgruppe des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) stellt eine präzise Methode zur Vorhersage der Lebenserwartung vor. Die Forschenden haben eine Analyseform entwickelt, bei der Lebensstil-Faktoren mit alterungsbezogenen Biomarkern im Blut kombiniert werden. Das Modell soll eine hohe Präzision zur Bestimmung des zu erwartenden Lebensalters bieten. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Age & Aging“ präsentiert.
Lebenserwartung in Deutschland
Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland liegt derzeit für neugeborene Mädchen bei 83,4 Jahren und für neugeborene Jungen bei 78,6 Jahren. Im Einzelfall wird die Lebenserwartung jedoch massiv von dem Lebensstil, der Genetik und sozioökonomischen Faktoren beeinflusst. Durch ein neues Verfahren kann das zu erwartende Lebensalter einer Person nun ziemlich genau vorhergesagt werden.
Lebensstil beeinflusst die Lebenserwartung immens
Es ist zwar keine neue Erkenntnis, dass ein ungesunder Lebensstil die Lebenszeit verkürzt, doch das präzise Vorhersagemodell zur Bestimmung der Lebenserwartung des Deutschen Krebsforschungszentrums macht deutlich, wie sehr bestimmte Faktoren die zu erwartende Lebenszeit verkürzen.
Menschen, die gängige Empfehlungen zur Förderung der Gesundheit berücksichtigen, können im Durchschnitt bis zu 17 Jahre mehr Lebenszeit erwarten, als Personen, die sehr ungesunde Lebensgewohnheiten pflegen.
Lebenserwartung hängt nicht nur vom Lebensstil ab
Wie die Arbeitsgruppe nun gezeigt hat, hängt die Lebensspanne aber nicht nur von dem Lebensstil ab, sondern auch von sozioökonomischen Faktoren sowie von der Genetik. Der biologische Abbau lässt sich laut den Forschenden über Biomarker im Blut bestimmen.
Fünf Biomarker zur Bestimmung der Lebenserwartung
„Wir wollten nun wissen, ob wir die Lebenserwartung noch präziser vorhersagen können, wenn wir zusätzlich geeignete Serum-Biomarker bestimmen“, so der DKFZ-Epidemiologe Rudolf Kaaks. Hierzu verwendete das Team fünf Blut-Biomarkern, die eng mit der Lebenserwartung verknüpft sind und die sich zuverlässig und einfach messen lassen.
Die fünf ausgewählten Marker bieten eine Übersicht über oxidativen Stress, Entzündungen und Fehlfunktionen in den Mitochondrien. Zudem liefern die Marker Hinweise über die Nierenfunktion und über möglicherweise vorliegende Herzschäden.
Darüber hinaus geben die Marker Aufschluss über Signale, die auf Diabetes oder einen ungesunden Stoffwechsel hinweisen und machen auf systemische Entzündungen aufmerksam.
Erfahrungen aus 20 Jahre Forschung auf diesem Gebiet sind in die aktuelle Analysemethode eingeflossen. Das Modell wurde mithilfe von Daten von 25.000 Teilnehmenden der sogenannten Heidelberger EPIC-Kohorte entwickelt.
Von den Probandinnen und Probanden lagen neben Blutproben auch umfassende Angaben über lebensstilbezogene Risikofaktoren wie Rauchen, Body Mass Index (BMI), Hüftumfang, Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, Diabetes und Bluthochdruck vor.
Berücksichtigung der Blut-Marker verbessert Vorhersage
Durch die Berücksichtigung von Lebensstil-Faktoren und Blut-Biomarkern konnte die Vorhersage der Lebenserwartung deutlich verbessert werden, wie folgende Beispiele verdeutlichen:
- Analyse, die nur den Lebensstil berücksichtigt:
- Zwischen Männern mit gesundem und ungesundem Lebensstil lag eine durchschnittliche Differenz von 16,8 Lebensjahren vor.
- Bei Frauen betrug der Unterschied zwischen gesundem und ungesundem Lebensstil „nur“ 9,87 Jahre.
- Analyse, die Lebensstil und Biomarker berücksichtigt:
- Der Unterschied in der Lebenserwartung bei Männern mit gesundem Lebensstil und gesunden Biomarkern zu Männern mit ungesundem Lebensstil und ungünstigen Biomarkern lag bei 22,7 Lebensjahren.
- Bei Frauen betrug die Differenz bei Berücksichtigung aller Faktoren im Durchschnitt 14 Jahre.
Höhere Lebenserwartung als Motivation für gesunden Lebensstil
„Der voraussichtliche Verlust an Lebenserwartung ist ein geeigneter und leicht verständlicher Messwert, den beispielsweise Ärzte nutzen können, um ihre Patientinnen und Patienten zu motivieren, ungesunde Gewohnheiten aufzugeben“, betont Kaaks.
„Auch könnten damit Menschen mit besonders hohen gesundheitlichen Risiken identifiziert werden, die von direkten Interventionen profitieren könnten“, ergänzt Studienerstautor Bernard Srour. Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass die Vorhersage der Lebenserwartung durch eine Kombination von Lebensstil-Faktoren plus Biomarkern im Blut verbessert werden kann. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bernard Srour, Lucas Cory Hynes, Rudolf Kaaks, et al.: Serummarkers of biological ageing provide long-term prediction of life expectancy – a longitudinal analysis in middle-aged and older German adults; in: Age & Aging (2022), academic.oup.com
- Deutsches Krebsforschungszentrum: Lebenserwartung präziser vorhersagen mit Blutmarkern plus Lebensstil (veröffentlicht: 05.04.2022), dkfz.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.