Bulimie und Co: Essstörungen bei Diabetes können zur Lebensgefahr werden
Immer mehr Deutsche sind zuckerkrank. In vielen Fällen kann Diabetes mit der richtigen Ernährung gut kontrolliert werden. Doch Essstörungen können für Diabetiker lebensgefährliche Folgen haben.
Immer mehr Menschen leiden an Essstörungen
In den vergangenen Jahren war ein drastischer Anstieg der Essstörungen zu verzeichnen. Vor allem Anorexia nervosa (Magersucht) und Bulimia nervosa (Bulimie; Ess-Brechsucht) haben stark zugenommen. Gesundheitsexperten sind sich einige, dass Essstörungen schnell behandelt werden sollten, um Folgeschäden zu vermeiden. Besonders wichtig ist dies für Diabetiker.
Gefährliche Kombination stärker in den Fokus rücken
Wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) in einer Mitteilung schreibt, treten Essstörungen bei jungen Patientinnen mit Typ-1-Diabetes zwei- bis dreimal häufiger auf als bei gesunden Frauen.
Die Betroffenen hoffen, ihr Gewicht zu reduzieren, indem sie zeitweise darauf verzichten, sich Insulin zu spritzen. Sie riskieren damit unumkehrbare Schäden an Nerven und Gefäßen und im schlimmsten Fall sogar ihr Leben.
Diabetes- und Hormonexperten rufen daher dazu auf, die Kombination dieser beiden Erkrankungen stärker in den Fokus zu rücken.
Insbesondere Ärzte und Familienangehörige sollten bei jungen Diabetes-Patientinnen stärker auf Anzeichen möglicher Essstörungen achten.
Patientinnen verzichten auf das Spritzen von Insulin
Laut der DDG ist vor allem die Bulimie bei jungen Frauen mit Diabetes Typ 1 besonders verbreitet. Betroffene haben Essanfälle, bei denen sie große Mengen an Nahrung förmlich verschlingen.
Aus Angst, an Gewicht zuzunehmen, greifen sie zu verschiedenen Strategien: Sie erbrechen das Essen beispielsweise oder nehmen Abführmittel in hohen Dosen ein.
Patientinnen mit Typ-1-Diabetes wenden eine weitere Methode an: Sie verzichten auf das Spritzen von Insulin. Denn ohne das lebenswichtige Hormon kann ihr Körper den Zucker aus der Nahrung nicht aufnehmen, sodass er mit dem Urin ausgeschieden wird.
Das sogenannte Insulin-Purging hat aber fatale Folgen: Weil der Körper von Menschen mit Diabetes keinen Zucker aufnehmen kann, verbleiben zu große Mengen davon im Blut.
Das schadet Blutgefäßen, Nerven sowie Nieren. Im Extremfall kann es sogar zu lebensgefährlichen Übersäuerungen des gesamten Körpers kommen.
Durch Essstörungen ist auch die Therapie des Diabetes gefährdet
„Durch den Diabetes müssen sich Mädchen und junge Frauen täglich mit Inhalt und Menge des Essens auseinandersetzen“, erläutert Susan Clever, Diplom-Psychologin aus Hamburg.
„Gerade in der Pubertät ist die Gefahr groß, dass Maßnahmen, die den Diabetes behandeln sollen, in ein krankhaftes Verhältnis zum Essen und zum eigenen Körper führen.“
Viele Patienten legen auch an Gewicht zu, wenn sie eine Insulintherapie beginnen.
Hinzu kommen der tägliche Stress, den die Krankheit verursacht, ein geringes Selbstwertgefühl und eventuell beschämende Aussagen von Mitschülern und Freunden – die Patientinnen flüchten sich in ein gestörtes Essverhalten.
Laut der Expertin ist durch Essstörungen auch die Therapie des Diabetes gefährdet, denn diese Patientinnen essen unregelmäßig und messen ihren Blutzucker seltener.
„Da die Betroffenen aus Scham nicht über ihre Erkrankung sprechen, sind Ärzte und Angehörige gefragt, bei jungen Patientinnen mit Diabetes Typ 1 verstärkt auf Anzeichen von Essstörungen zu achten“, so Clever.
Schwankendes Körpergewicht und sehr hohe Blutzuckerwerte können ein wichtiger Hinweis sein. Doch auch wenn eine Patientin ihren Blutzucker nur selten misst oder mehrere Messgeräte dafür benutzt, sollten Eltern und Behandler nachforschen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Von Ärzten und Verwandten meist übersehen: Essstörungen bei Diabetes können lebensgefährlich sein
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.