Bedeutender Schritt im Kampf gegen tödliche Pilzinfektionen
Erst vor wenigen Monaten hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor gefährlichen Pilzinfektionen gewarnt. Einer der Erreger, der als besonders kritisch gesehen wird, ist Cryptococcus neoformans. Infektionen mit diesem Hefepilz können tödlich sein. Forschenden ist nun ein wichtiger Schritt im Kampf gegen diese lebensgefährlichen Infektionen gelungen.
Vor allem für immunschwache Menschen sind manche Hefepilz-Infektionen sehr gefährlich. Die Entwicklung wirksamer Medikamente ist schwierig, weil Hefezellen menschlichen Zellen sehr ähnlich sind. Es gibt kaum Angriffsmöglichkeiten für Medikamente, die nur die Hefe betreffen, die menschlichen Zellen jedoch verschonen. Einem Forschungsteam ist es jetzt gelungen, einen dieser ganz seltenen Angriffspunkte zu finden und im Experiment auch gleich auszuschalten. Die Studie wurde in dem Fachjournal „mBio“ veröffentlicht.
Einige Hefepilze können für manche Menschen gefährlich werden
Wie es in einer Mitteilung der Universität des Saarlandes heißt, spielen Hefepilze eine große Rolle im Leben von uns Menschen.
Sie geben uns zu essen, vom herzhaften Pizzateig bis zum süßen Hefezopf, sie ermöglichen es uns, Bier zu brauen, Wein zu keltern oder helfen uns im Kampf gegen Erkrankungen als wichtiger Bestandteil von Medikamenten.
Und manche können uns auch umbringen. Wie beispielsweise Cryptococcus neoformans. Der weit verbreitete Hefepilz kommt unter anderem in Vogelmist vor und kann über die Atmung in den menschlichen Körper gelangen.
„Für gesunde Menschen ist das kein Problem. Hier richtet Cryptococcus keinen Schaden an“, erläutert Karin Römisch, Professorin für Mikrobiologie an der Universität des Saarlandes. „Bei immungeschwächten Menschen jedoch kann Cryptococcus schwere Krankheiten auslösen, zum Beispiel eine Hirnhautentzündung“, so die Expertin.
Insbesondere HIV-Patientinnen und -Patienten sterben oft an den Folgeerkrankungen nach Cryptococcus-Infektion. Von einer Million Erkrankten im Jahr sterben rund 700.000, berichtet die Wissenschaftlerin. Problematisch ist das insbesondere in wärmeren Weltregionen mit einem hohen Anteil von HIV-Infizierten, zum Beispiel in Subsahara-Afrika.
Wie Cryptococcus neoformans unschädlich gemacht werden kann
Prof. Dr. Römisch hat jetzt eine Studie veröffentlicht, in der sie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen zeigt, wie Cryptococcus neoformans unschädlich gemacht werden kann. Bildlich gesprochen: Sie montieren den Türgriff der Tür ab, durch welche die krankheitserregenden Bestandteile der Hefezelle ihren Weg ins menschliche Gewebe nehmen.
Der Türgriff ist dabei das Protein Sbh1. Diese Proteinstruktur ist Teil des Eintritts-Kanals in den „sekretorischen Weg“, der Weg vom Zellinneren zur Zelloberfläche und den extrazellulären Raum. In Hefen wie Cryptococcus neoformans werden bestimmte Enzyme, Melanin-Körnchen sowie eine Kapsel aus Zuckerpolymeren durch diesen „sekretorischen Weg“ zur Zelloberfläche transportiert.
Diese drei Faktoren sind notwendig, damit dieser Hefepilz in den immungeschwächten Befallenen wachsen und die schweren Krankheiten auslösen kann.
Wegweisende Beobachtung
Die Forschenden haben die Hefe genetisch so verändert, dass sie Sbh1 nicht mehr herstellen kann, also „der Türgriff abmontiert“ wird, um im Bild zu bleiben. Die krankheitsauslösenden Enzyme, Melanin-Körnchen und die Kapsel gelangen nicht mehr an die Hefeoberfläche und in das menschliche Gewebe.
In der Folge konnte das Team eine wegweisende Beobachtung machen: „Unter Infektionsbedingungen, bei 37 Grad Celsius, wie sie im menschlichen Körper herrschen, war die genetisch modifizierte Hefe ohne Sbh1 komplett harmlos.“
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Menge der unveränderten Wildtyp-Hefe mit Sbh1 und der genetisch veränderten Zellen ohne Sbh1 im Lungen- und Hirngewebe von infizierten Mäusen gemessen; an diesen Stellen lösen sie im menschlichen Körper schwere Krankheiten aus.
Den Angaben zufolge hätte das Ergebnis nicht eindeutiger sein können: „Die Mutante hat sich in keinem Fall weiter vermehrt und die Tiere blieben gesund, während sich der Wildtyp in den Tieren stark vermehrt hat und zur Erkrankung der Tiere führte“, sagt Römisch. „Cryptococcus neoformans ohne Sbh1 ist damit komplett avirulent“, so die Forscherin.
Hoffnung auf wirksame Medikamente
Die Erkenntnisse aus dieser Studie sind umso bedeutender, wenn zweierlei Probleme bedacht werden, die miteinander zusammenhängen. Erstens gibt es gegen wenige Hefe-Infektionen wirksame Arzneimittel. Das hängt mit Problem Nummer zwei zusammen: Hefezellen ähneln in ihrem Aufbau sehr stark menschlichen Zellen.
Daher bestehe schnell die Gefahr, dass ein Wirkstoff nicht nur die schädlichen Hefen angreift, sondern auch die umliegenden menschlichen Zellen. Der Versuch, ein wirksames Präparat gegen einen Hefepilz zu finden, ähnelt also in gewisser Weise dem Versuch, ein nasses Stück Seife in der Dusche aufzuheben: Es gibt kaum gute Angriffspunkte.
„Das Protein Sbh1 ist nun eines der ganz wenigen spezifischen Targets in der Hefezelle , das wir angreifen können, da es beim Menschen anders aussieht. Das macht die Erkenntnis aus unseren Experimenten so bedeutsam“, erläutert Karin Römisch.
Ihre Hoffnung ist es, dass auf Basis dieser Grundlagenforschung wirksame Medikamente gegen eine Cryptococcus-Infektion entwickelt werden könnten, um jedes Jahr hunderttausende Menschenleben zu retten. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität des Saarlandes: Forschungsteam gelingt wichtiger Schritt im Kampf gegen tödliche Hefeinfektionen, (Abruf: 12.02.2023), Universität des Saarlandes
- Felipe H. Santiago-Tirado, Thomas Hurtaux, Jennifer Geddes-McAlister, Duy Nguyen, Volkhard Helms, Tamara L. Doering, Karin Römisch: The ER Protein Translocation Channel Subunit Sbh1 Controls Virulence of Cryptococcus neoformans; in: mBio, (veröffentlicht: 07.02.2023), mBio
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.