Verbraucherzentrale kritisiert unzulässige Gesundheitsversprechen´bei Nahrungsmitteln
16.01.2015
Das manche Lebensmittel natürlicherweise gesünder sind als andere, ist unbestritten. Doch werben heute viele Lebensmittelhersteller mit einem nicht belegbaren gesundheitlichen Zusatznutzen für ihre Produkte und führen die Verbraucher mit den sogenannten „Health Claims“ in die Irre, so die Kritik des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv).
„In einer Gemeinschaftsaktion haben die Verbraucherzentralen bundesweit Lebensmittel mit Gesundheitsversprechen auf dem Etikett untersucht“, berichtet der Verbraucherzentrale Bundesverband. Der Marktcheck zu den Gesundheitsversprechen auf Lebensmitteln habe gezeigt, dass Produkte mit vermeintlichem gesundheitlichen Zusatznutzen im Trend liegen und diese bereits einen Anteil am gesamten Lebensmittelumsatz von fünf Prozent einnehmen. Oftmals werde dabei mit unzulässig Aussagen geworben, bemängelt der vzbv. „Obwohl die Europäische Union strenge Vorgaben für Gesundheitswerbung auf Lebensmitteln macht und europaweit nur etwa 250 Claims erlaubt sind, nutzen viele Hersteller Schlupflöcher in der Health Claims-Verordnung“ und „auch die rechtlichen Vorgaben werden häufig nicht beachtet“, bemängelt „Lebensmittelklarheit.de“ als Internetportal der Verbraucherzentralen.
Fast die Hälfte der getesteten Lebensmittel unzulässig beworben
Die im Auftrag des vzbv und des Portals „Lebensmittelklarheit“ durchgeführte Studie bildet den dritten Teil von drei Verbraucherbefragungen mit insgesamt 2.250 Teilnehmern durch die Agrifood Consulting und die Universität Göttingen im Jahr 2014. Vorgestellt wurden die Ergebnisse zur Eröffnung der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin. Insgesamt haben „63 Prozent der untersuchten Produkte mit potenziell irreführenden Aussagen“ gelockt, so die Mitteilung des vzbv. Knapp die Hälfte (43 Prozent) der 46 begutachteten Produkte habe mit Gesundheitsversprechen (Health Claims) geworben, die aus Sicht der Verbraucherzentralen nicht zugelassen sind. „Auf 22 der 46 Produkte wurde der Wortlaut von Gesundheitsversprechen in seiner Bedeutung unzulässig verstärkt“, berichtet der Verbraucherzentrale Bundesverband. Als Beispiel für die verfälschten Werbeversprechen nennt der vzbv die Formulierung „Trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“, welche in die Behauptung „Leisten einen wichtigen Beitrag zum Aufbau und der Funktionsfähigkeit der körpereigenen Abwehrkräfte“ verdreht werde. „Diese Verfälschung ist laut europäischer Health-Claims-Verordnung nicht zulässig“, so der Vorwurf des vzbv.
Erster Eindruck bei der Kaufentscheidung
Die irreführenden Gesundheitsversprechen auf Lebensmitteln sind besonders kritisch zu bewerten, weil für die Kaufentscheidung von Verbrauchern der erste Eindruck entscheidend ist. Dabei haben „die Informationen auf der Rückseite, wie die gesetzlich vorgeschriebene Zutatenliste oder Nährwertinformationen, kaum noch Einfluss auf die geweckten Erwartungen“, so die Kritik des vzbv. Zum Beispiel würden mehr als 90 Prozent der Verbraucher unter dem Hinweis „ungesüßt“ oder „ohne Zuckerzusatz“ verstehen, dass das Produkt keinen Zucker enthält. Über 50 Prozent seien der Auffassung, „dass auch keine süßenden Zusatzstoffe (Zuckeraustauschstoffe, Süßstoffe) enthalten seien – ein Irrglaube“, berichtet der Verbraucherzentrale Bundesverband weiter. Der Vorstand des vzbv, Klaus Müller, erklärte, dass die „Hersteller bei der Kennzeichnung die Erwartungen der Verbraucher berücksichtigen“ müssten.
Beimischung von Vitaminen und Mineralstoffen
Die Verbraucherzentralen stellten in ihrem Marktcheck des Weiteren fest, dass manchen Lebensmitteln durch die Beimischung von Vitaminen und Mineralstoffen ein gesundes Image verliehen werden soll. Allerdings würden bei „über der Hälfte der geprüften Lebensmittel die positiv hervorgehobenen Zutaten nicht aus dem Lebensmittel selbst (stammen), sondern wurden industriell zugesetzt“, berichtet der vzbv. Zudem seien „bei etwa jedem dritten Produkt Kennzeichnungsmängel festgestellt (worden), obwohl die Health-Claims-Verordnung der EU klare Vorgaben macht“, so die Kritik des Lebensmittelreferent und Co-Autors der Studie bei der Verbraucherzentrale Hamburg, Armin Valet.
Schönfärberei auf dem Etikett
Die Verbraucherschützer fordern des Weiteren, dass künftig keine Produkte mehr mit Health Claims versehen werden dürfen, die einen hohen Zucker- oder Fettgehalt aufweisen. Dies sei bei immerhin zehn von 33 Produkten, die im Marktcheck untersucht wurden, der Fall gewesen. „Zu oft betreiben die Lebensmittelhersteller Schönfärberei auf dem Etikett“, so so das Fazit des vzbv-Vorstands Klaus Müller. Die Hersteller seien aufgefordert, sich auf zugelassene Gesundheitsversprechen zu beschränken. Zudem bedürfe es der Festlegung von Nährwertprofilen, die die Anforderungen an die Zusammensetzung von Lebensmitteln mit Health Claims eindeutig bestimmen. (fp)
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de
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