Leberzirrhose hat höchste Sterblichkeitsrate aller chronischer Erkrankungen
Eine Leberzirrhose kann sich lange unerkannt entwickeln, weil zu Beginn der Erkrankung häufig keine oder nur allgemeine Beschwerden auftreten. Eine neue Studie zeigt nun, dass die Leberzirrhose von allen chronischen Krankheiten, die in Deutschland eine Einweisung in ein Krankenhaus erfordern, die höchste Sterblichkeitsrate hat.
Die Leberzirrhose ist eine schwere Lebererkrankung, die allmählich durch anhaltende Belastungen wie Alkoholmissbrauch oder eine chronische Leberentzündung (Hepatitis) entsteht. Jedes Jahr sterben zehntausende Menschen in Deutschland an den Folgen der Krankheit.
- Von allen chronischen Erkrankungen, die hierzulande die Einweisung in ein Krankenhaus erfordern, hat die Leberzirrhose die höchste Sterblichkeitsrate.
- Wenn sie als Komorbidität anderer chronischer Krankheiten diagnostiziert wird, führt sie mindestens zu einer Verdoppelung der Sterblichkeitsrate.
- Die Zahl der Hospitalisierungen mit Leberzirrhose hat sich trotz der Einführung hochwirksamer Medikamente gegen Hepatitis C bundesweit erhöht. Alkoholmissbrauch bleibt bei weitem die Hauptursache.
Vierthäufigste Todesursache in Mitteleuropa
Wie in einer aktuellen Mitteilung des Universitätsklinikums Frankfurt erklärt wird, ist die Zirrhose, bei der funktionsfähiges Lebergewebe untergeht und vernarbt, das gemeinsame Endstadium der meisten chronischen Lebererkrankungen und die vierthäufigste Todesursache in Mitteleuropa.
Über ihr epidemiologisches Profil in Deutschland lagen aber bislang kaum aktuelle Erkenntnisse vor.
Daher entschlüsselte ein Forschungsteam um Prof. Jonel Trebicka anhand der Datensätze des Statistischen Bundesamtes die rund 250 Millionen Krankenhausaufnahmen, die von 2005 bis 2018 hierzulande aus irgendeinem Grund erfolgt waren, gemäß der 10. Version der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10).
Den Angaben zufolge waren 0,94 Prozent dieser Hospitalisierungen der Diagnose Leberzirrhose zuzuordnen, in der Mehrzahl der Fälle als Begleit- und nicht als Haupterkrankung. In absoluten Zahlen nahmen die Einweisungen mit Leberzirrhose im Beobachtungszeitraum von 151.108 auf insgesamt 181.688 zu.
Der primäre Endpunkt der Studie, die vor kurzem in der Fachzeitschrift „The Lancet Regional Health – Europe“ veröffentlicht wurde, war die Sterblichkeit an Leberzirrhose im Krankenhaus.
Diese Mortalitätsrate ist zwar im Beobachtungszeitraum erfreulicherweise von 11,57 auf 9,49 Prozent gesunken, liegt damit aber immer noch deutlich über den entsprechenden Raten anderer chronischer Krankheiten wie Herzschwäche (8,4%), Nierenversagen (6,4%) und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (5,2%).
Wenn eine Leberzirrhose begleitend zu einer anderen chronischen Krankheit auftrat, erhöhte sie deren Mortalitätsrate um das Zwei- bis Dreifache, am stärksten bei infektiösen Atemwegserkrankungen.
Durch Alkoholmissbrauch entstandene Zirrhosen dominieren
Der Anteil der HCV-bedingten Zirrhosen hat sich dank der Einführung direkt wirksamer antiviraler Medikamente gegen Hepatitis C-Erkrankungen im Beobachtungszeitraum auf knapp ein Drittel reduziert.
Umgekehrt hat sich die Häufigkeit von Zirrhosen, die durch eine nicht-alkoholische Fettleber bedingt sind, in dieser Zeit vervierfacht, parallel zu einem Anstieg von Patientinnen und Patienten mit krankhaftem Übergewicht (Adipositas).
Unbeeinflusst von diesen ätiologischen Verschiebungen dominieren aber weiterhin die durch Alkoholmissbrauch entstandenen Zirrhosen. Sie machen demnach 52 Prozent aller in der Studie erfassten Zirrhosen aus, in absoluten Zahlen mit steigender Tendenz.
Vermutlich aufgrund der in deutschen Kliniken weithin befolgten Behandlungsrichtlinien, beispielsweise durch endoskopische Prozeduren oder die Gabe nicht-selektiver Beta-Blocker, treten Blutungen im Magendarmtrakt als Komplikation einer Leberzirrhose im Krankenhaus immer seltener auf.
Blutungen aus Krampfadern in der Speiseröhre waren laut den Fachleuten 2018 sogar auf ein Zehntel ihres Ausgangswertes von 2005 zurückgegangen. Auf der anderen Seite haben jedoch Verschlechterungen des Krankheitsbildes aufgrund von Bauchwassersucht (Ascites) oder von Gehirnstörungen durch unzureichende Entgiftungsarbeit der Leber zugenommen.
Und die Zahl der Pfortaderthrombosen wiederum verdoppelte sich parallel zu einer intensiveren bildgebenden Diagnostik.
Deutlich jüngere Erkrankte
Verglichen mit anderen chronischen Krankheiten, waren die mit Zirrhose aufgenommenen Patientinnen und Patienten deutlich jünger: Die Hälfte von ihnen hatte das 64. Lebensjahr noch nicht überschritten.
In den ostdeutschen Bundesländern waren höhere Hospitalisierungs- sowie Krankenhausmortalitätsraten zu verzeichnen als in den westdeutschen. Bundesweit waren rund zwei Drittel der mit einer Leberzirrhose hospitalisierten Erkrankten Männer.
Sie starben oft schon in ihrem sechsten Lebensjahrzehnt oder früher, woraus sich die große Zahl verlorener gesunder Lebensjahre und die hohe sozioökonomische Belastung erklärt, die mit einer Leberzirrhose einhergeht. Denn Männer dieses Alters machen noch immer den Großteil aller Berufstätigen aus.
„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass die Entscheider und Kostenträger des Gesundheitswesens viel stärker in die Prävention alkoholbedingter Leberzirrhosen investieren sollten“, erläutert Prof. Jonel Trebicka.
„Sie verdeutlichen auch, wie wichtig es ist, die Leberzirrhose als Begleiterkrankung anderer chronischer Krankheiten wahrzunehmen und zu behandeln.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Goethe-Universität Frankfurt am Main: Mit Leberzirrhose ins Krankenhaus: Höchste Sterblichkeitsrate aller chronischen Krankheiten, (Abruf: 12.02.2022), Goethe-Universität Frankfurt am Main
- Wenyi Gu, Hannah Hortlik, Hans-Peter Erasmus, Louisa Schaaf, Yasmin Zeleke, Frank E. Uschner, Philip Ferstl, Martin Schulz, Kai-Henrik Peiffer, Alexander Queck, Tilman Sauerbruch, Maximilian Joseph Brol, Gernot Rohde, Cristina Sanchez, Richard Moreau, Vicente Arroyo, Stefan Zeuzem, Christoph Welsch, Jonel Trebicka: Trends and the course of liver cirrhosis and its complications in Germany: Nationwide population-based study (2005 to 2018); in: The Lancet Regional Health – Europe, (veröffentlicht: 04.11.2021), The Lancet Regional Health – Europe
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.