Behandlungsfehler passieren, aber selten
Die Bundesärztekammer hat die aktuellen Zahlen zu den Behandlungsfehlern veröffentlicht. Demnach wurden im Jahr 2016 insgesamt 2.245 Behandlungsfehler bestätigt, bei 7.639 Entscheidungen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern, die durch die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen im Jahr 2016 bundesweit getroffen wurden. „Fehler passieren, auch in der Medizin. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten durch einen Behandlungsfehler zu Schaden kommen, ist extrem gering.“, resümiert Dr. Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer.
Zwar ist erneut ein leichter Anstieg der bestätigten Behandlungsfehler festzustellen, doch bleibt das Risiko im Verhältnis zu den erfolgten Eingriffen eher gering. „Wir wollen nichts bagatellisieren“, denn hinter jedem Fehler könne ein schweres menschliches Schicksale stehen, doch müssen die Risiken in der Medizin richtig eingeordnet werden, um Patienten nicht unnötig zu verunsichern, betont Dr. Crusius. Für Panikmache und Pfuschvorwürfe gebe es angesichts der aktuellen Statistik überhaupt keinen Grund. Beides schade zudem „der mittlerweile gut etablierten offenen Fehlerkultur in der Medizin.“
Stetig wachsende Zahl der Behandlungsfälle
Den Angaben von Dr. Crusius zufolge ist die Anzahl der Behandlungsfehler stets im Zusammenhang mit der Gesamtzahl der Behandlungsfälle in Klinik und Praxis zu betrachten. So seien die ambulanten Behandlungsfälle zwischen den Jahren 2004 und 2015 um 160 Millionen auf mittlerweile 696 Millionen gestiegen und ähnlich sehe es in den Krankenhäusern aus. Dort habe sich die Zahl der Behandlungsfälle im gleichen Zeitraum um mehr als 2,5 Millionen auf fast 19,8 Millionen Fälle erhöht. „Gemessen daran liegt die Zahl der festgestellten Fehler im Promillebereich“, so Crusius.
Feststellbarer Gesundheitsschaden bei 1.845 Fällen
„Die Daten der Ärztekammern sind absolut valide, weil sie auf realen Fällen beruhen“, betonte Kerstin Kols, Geschäftsführerin der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern, bei der Präsentation der Behandlungsfehlerstatistik. Bundesweit seien im Jahr 2016 durch die Gutachterkommission insgesamt 7.639 Entscheidungen (Vorjahr 7.215) zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern getroffen worden. Die Zahl der bestätigten Behandlungsfehler stieg von 2.132 Fällen im Vorjahr auf 2.245 Fälle im Jahr 2016. Bei 1.845 Fällen sei infolge des Behandlungsfehlers ein Gesundheitsschaden eingetreten, der einen Anspruch des Patienten auf Entschädigung begründete.
Behandlungsfehler besonders häufig bei Knie- und Hüftgelenkarthrosen
Anhand der Statistik wird außerdem deutlich, dass bei bestimmten Behandlungsformen die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers deutlich erhöht ist. Die häufigsten Diagnosen, die zu Behandlungsfehlervorwürfen führten, waren Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen, berichtet die Bundesärztekammer. In 400 Fällen habe ein Behandlungsfehler / Risikoaufklärungsmangel vorgelegen, der jedoch keinen kausalen Gesundheitsschaden zur Folge hatte.
Innovative Fehlerprävention
Für die Fehlerprävention ist die Erfassung der Behandlungsfehler eine wesentliche Voraussetzung, erläutert Professor Dr. Walter Schaffartzik, Ärztlicher Leiter des Unfallkrankenhauses Berlin und Ärztlicher Vorsitzender der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern. „Die Medizin in Deutschland ist hochinnovativ. Das gilt nicht nur für Diagnostik und Therapie, sondern auch für den Bereich der Fehlerprävention und Qualitätssicherung. Checklisten, Qualitätszirkel, Peer-Reviews – aber auch Tumorkonferenzen oder Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen sind dafür nur einige Beispiele“, so Schaffartzik.
Treten trotzdem Fehler auf, bieten die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern mögliche Ansprechpartner, dich auch hochqualifizierte Fachgutachter und Juristen zur Prüfung hinzuziehen können. „Es genügt ein formloser Antrag. Das Gutachten sowie die abschließende Bewertung sind für Patienten kostenfrei“, erläutert die Bundesärztekammer. (fp)
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