Wenn Liebesbotschaften per Smartphone den Partner nerven
„Hallo Liebling, wie ist dein Tag? Ich vermisse dich“: Solche und ähnliche Liebesbotschaften an den Partner sind natürlich gut gemeint. Doch die Textnachrichten per WhatsApp und Co können einer Beziehung unter Umständen auch schaden. Psychologen erklären, worauf Paare achten sollten.
Mit dem Liebsten ständig in Kontakt
Oft können Rituale in der Partnerschaft helfen, das Zusammenleben besser zu gestalten. Manchmal können sie aber auch störend sein. Ein Ritual, das in der heutigen Zeit sehr verbreitet ist, ist das Senden von Nachrichten über Messenger wie WhatsApp und Co. Noch nie war es so leicht, rund um die Uhr mit dem Allerliebsten in Kontakt zu sein. „Ich liebe und vermisse dich“, dazu zwei Herzchen und einen Kussmund: Per Smartphone werden jeden Tag unzählige Liebesbotschaften, Grüße oder Informationen zur Planung des gemeinsamen Abends, versendet. In einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa erläutern Experten, dass dadurch auch Probleme entstehen können und worauf Paare achten sollten.
Viele Botschaften können den Partner nerven
„Früher hat man einen Zettel an den Spiegel geklebt oder eine Nachricht in die Butterbrotdose gelegt, heute schickt man sich solche Nachrichten mit dem Handy“, erläutert Jörg Wesner, Diplom-Psychologe und Paartherapeut aus Hamburg. „Das ist zunächst ganz einfach eine gute Möglichkeit, seine Zuneigung zum Ausdruck zu bringen.“ Der Partner weiß durch den lieben Gruß, dass der andere an einen denkt und das fühlt sich gut an. In vielen Beziehungen sorgen die kurzen Nachrichten trotzdem für Stress.
Die Schreibenden hoffen in der Regel auf eine rasche Antwort und sind enttäuscht, wenn diese nicht schnell genug erfolgt. Ein Problem hierbei ist, das wir durch die ständige Nutzung des Smartphone ohnehin die Kunst zu warten verlieren. Auf der anderen Seite ist der Empfänger womöglich genervt, weil gerade die zehnte Küsschen-Botschaft an dem Tag auf dem Sperrbildschirm aufblinkt. „Viele erwarten, dass der Partner permanent für sie verfügbar ist“, meint Paartherapeutin Andrea Bräu aus München. Es sei eher selten, dass beide bei der Online-Kommunikation auf gleicher Wellenlänge funken: „Die meisten Männer fassen sich kürzer und schreiben weniger Botschaften als Frauen.“
Wenn sich der Partner trotz Online-Status nicht meldet
Manuela Sirrenberg, Psychologin an der Universität Eichstätt-Ingolstadt, erforscht, welche Auswirkungen dieses Ungleichgewicht auf die Partnerschaft hat: „Ungleichgewichte sind in einer Partnerschaft mit einer geringeren Beziehungsstabilität und mit einer höheren Trennungsabsicht verbunden“, so die Expertin. Die Befragung von mehr als 500 Personen habe demnach gezeigt: „Das gilt auch für die mediale Kommunikation.“ Hat ein Partner immer das Gefühl, dass seine Botschaften ins Leere laufen oder nicht richtig gewürdigt werden, dann stellt er die Beziehung schneller in Frage. Häufig komme auch Eifersucht ins Spiel: Was, wenn der Partner nicht antwortet, obwohl die Statusmeldung verrät, das er online ist? Kommentiert er stattdessen womöglich gerade die neuesten Bilder seiner Ex-Freundin auf Facebook? „Wenn ich eifersüchtig sein will, bekomme ich über die sozialen Netzwerke viel mehr Verdachtsgelegenheiten“, erklärt Paartherapeut Wesner. Dann fragt man sich, warum die Freundin plötzlich so viel mit diesem neuen Kollegen chattet oder warum sie ihr Friseur Schatzi nennt?
Unsicherheit erhöht das Risiko für Eifersucht
Psychologen und Psychotherapeuten zufolge ist Eifersucht in vielen Fällen ganz normal und nützlich, kann aber auch zum großen Problem werden. Waren früher ein paar freundliche Worte oder ein unverbindlicher kleiner Flirt, schnell vergessen wie ausgesprochen, werden sie heute für jedermann lesbar aufgeschrieben. Dadurch bekommen sie ein viel größeres Gewicht. So stellte Psychologin Manuela Sirrenberg bei der Auswertung ihrer Befragungen fest: „Menschen mit hohen Eifersuchtswerten lesen Nachrichten anders.“ Auch auf ganz neutral formulierte Botschaften würden sie misstrauisch reagieren.
„Das gilt vor allem für Menschen, die sich in ihrer Beziehung unsicher fühlen.“ Das kann die Paartherapeutin Andrea Bräu aus ihrer Beratungsarbeit bestätigen. In der dpa-Meldung erklärt sie: „Eifersucht hat viel mit Selbstbewusstsein zu tun.“ Diejenigen, die eher unsicher sind, machen sich Sorgen, dass dem Partner andere Menschen wichtiger sind und sehnen sich zugleich nach möglichst viel Bestätigung. Die Smartphone-Kommunikation kann hier zum doppelten Problem werden: Die Liebesbotschaft bleibt unbeantwortet und der Partner hat womöglich gleichzeitig Kontakt mit vermeintlichen Konkurrenten. „Mediale Kommunikation ist vor allem in unsicheren Beziehungen ein Stressfaktor“, so Sirrenberg.
Mit dem Telefon kann man auch telefonieren
Durch den schnellen Chat entfallen wichtige Elemente des Gesprächs von Angesicht zu Angesicht: „Ich kann nicht erkennen, ob der Partner aufmerksam zuhört, ob er etwas nicht verstanden hat oder ob er sich langweilt“, erläutert Andrea Bräu. Zwar können die schnellen Nachrichten bei Paaren, „die ähnlich ticken“ gut funktionieren, wenn sie aber beide feststellen, dass die Mitteilungen mehr nerven als erfreuen, sollten sie Konsequenzen ziehen. Beispielsweise indem sie vereinbaren, dass beide ihren Online-Status verbergen.
Wie Jörg Wesner in der Agenturmeldung meint, sollten Paare auf gar keinen Fall per Textnachricht streiten: „Das kann nur schiefgehen, weil der Partner nicht erkennt, in welcher Stimmung der andere seine Kritik äußert.“ Zum Beispiel, ob eine Bemerkung humorvoll-ironisch oder bitterernst gemeint ist.
Je kürzer eine Botschaft, umso mehr Raum bleibe für Missverständnisse, so Wesner. Wenn der Streit wirklich schriftlich ausgetragen werden müsse, dann besser per E-Mail oder in einem Brief: „Dafür nimmt man sich mehr Zeit, schreibt in ganzen Sätzen und liest meist alles auch noch einmal durch, bevor man es absendet.“ Dadurch schaffe man Abstand und könne manchem Vorwurf die Schärfe nehmen. Laut Wesner gerate auch die eigentliche Funktion des Smartphones viel zu oft in Vergessenheit: „Statt unzählige Nachrichten hin und her zu schicken, wäre manches Problem mit einem Telefonat viel schneller gelöst.“ (ad)
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