Verzicht auf Kohlenhydrate: Ketogene Diät ist umstritten
Beim Abnehmen scheiden sich meist die Geister. Zwar meinen viele Menschen, es ist besonders effektiv, wenn man möglichst wenig Fett zu sich nimmt, doch mehr und mehr Menschen setzen auf „Low Carb“. Die Reduzierung der Kohlenhydrate ist allerdings umstritten. Die ketogene Diät hat Einfluss auf die Gesundheit.
Low Carb liegt im Trend
Diäten, wie etwa die nach Atkins, liegen im Trend. Viel Fleisch, Eier, Milch und Käse und kaum Kohlenhydrate: Eine Diät nach dem sogenannten Low-Carb-Prinzip. Bei der Frage, ob eher weniger Fett oder weniger Kohlenhydrate geeignet ist, schnell Gewicht zu verlieren, zeigt sich in wissenschaftlichen Untersuchungen immer wieder, dass Low-Carb besser abschneidet als Low-Fat. Klar ist, dass man durch den Verzicht auf Kohlenhydrate eine rasche Gewichtsreduktion erreichen kann. Umstritten ist aber, ob es auch gesund ist, Brot, Nudeln und Reis vom Speiseplan zu streichen und auf Fett beziehungsweise Proteine zu setzen.
Vor- und Nachteile für die Gesundheit
So berichteten etwa US-amerikanische Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Cell Metabolism“, dass vor allem Menschen unter 65 Jahren, die auf eine eiweißreiche Diät setzen, ein höheres Risiko hätten, an Krebs zu sterben. Andererseits helfen Low-Carb-Diäten, Typ-2-Diabetes besser zu kontrollieren, wie eine aktuelle Studie zeigte. In einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa erklären Fachleute, was bei einer ketogenen Ernährung zu beachten ist:
Günstige Auswirkungen auf schwere Erkrankungen
Kohlenhydrate gelten als Energielieferant Nummer eins für den menschlichen Organismus und vor allem fürs Gehirn. Bei einer ketogenen Diät wird die tägliche Zufuhr an Kohlenhydraten auf ein Minimum von gerade mal etwa 20 bis 50 Gramm reduziert. Stattdessen stehen fettreiche Lebensmittel auf dem Speiseplan, von Wurst und Fleisch über Sahne, Eier und Käse bis hin zu Nüssen.
Die streng kohlenhydratarme Diät soll laut Befürworten nicht nur zur Gewichtsabnahme führen, sondern auch günstige Auswirkungen auf schwere Erkrankungen haben. Allerdings fehlen dafür eindeutige wissenschaftliche Beweise.
„Von ärztlicher Seite zu empfehlen ist eine ketogene Ernährung nur bei kindlicher Epilepsie“, sagte Professor Georg Wechsler, Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM). Aus der Sicht des Facharztes für Innere Medizin aus München hat die ketogene Diät „viele Nachteile und Nebenwirkungen“.
Körper stellt den Stoffwechsel um
Die Grundidee bei dieser Ernährungsweise ist, dass der Körper aufgrund der Reduzierung der Zufuhr von Kohlenhydraten den Stoffwechsel umstellt und sich neue Energiequellen – das Fett – sucht. Er greift dazu die Körperdepots an und nutzt auch die Fette, die über die Nahrung zugeführt werden. Die dabei gebildeten Ketone versorgen den Organismus mit Energie.
Da auf die Kohlenhydrate verzichtet wird, kommt es in der Regel durch die fettreiche Kost nicht zu einer Gewichtszunahme. Durch den hohen Anteil an Eiweiß und Gemüse tritt häufig ein Abnehmeffekt ein.
Ketogene Ernährung bei Epilepsie
„Schon seit den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist bekannt, dass eine ketogene Ernährungsweise die Anfallbereitschaft bei Epilepsie reduziert“, erläuterte Margret Morlo vom Verband für Ernährung und Diätetik (VFED). Laut der Expertin wurde in US-amerikanischen Kliniken eine ketogene Kost speziell für an Epilepsie leidende Kinder entwickelt. Die kleinen Patienten müssen demnach 90 Prozent der Energie in Form von Fett einnehmen, Vitamine und Mineralstoffe werden ergänzend verabreicht.
„Bei jeder Mahlzeit muss je nach Verträglichkeit das Verhältnis von 4:1 beziehungsweise 3:1 – Fett zu Protein und Kohlenhydrate – eingehalten werden“, so Morlo. Diese Diät wirkt allerdings nicht bei allen Epilepsie-Erkrankten. Bei einem Teil der Kinder kann es durch den nicht ausreichenden Protein-Anteil der Nahrung zu einer Hemmung des Wachstums und der körperlichen Entwicklung kommen.
Nur unter ärztlicher Kontrolle
„Nicht zuletzt deshalb sollte eine ketogene Diät, wenn überhaupt, dann immer unter strenger ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden“, hob Wechsler hervor. Durch eine nur fettreiche Ernährung besteht die Gefahr, dass es zu Ablagerungen an den Gefäßen kommt. Dies kann zu Schlaganfall oder Herzinfarkt führen.
Darüber hinaus steigt durch die ketogene Diät auch die Harnsäureproduktion: „Damit besteht ein erhöhtes Risiko, an Gicht zu erkranken.“ Mensch, die sich ketogen ernähren, sollten deshalb regelmäßig die Harnsäure kontrollieren lassen.
Effekt auf den Verlauf einer Krebserkrankung
Manche Befürworter der ketogenen Diät meinen, dass die kohlenhydratarme und fettreiche Ernährung einen positiven Effekt auf den Verlauf einer Krebserkrankung haben könnte. Demnach soll die spezielle Kost dafür sorgen, dass das Wachstum der Krebszellen gehemmt werden kann. „Dafür liegen aber bislang keinerlei allgemeingültige wissenschaftliche Erkenntnisse vor“, erläuterte Wechsler.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) äußert sich ähnlich: „Es gibt derzeit nur wenige Untersuchungen dazu bei an Krebs erkrankten Menschen. Es konnte weder eine Tumorrückbildung, Lebensverlängerung, Verbesserung des Therapieansprechens oder weniger Nebenwirkungen durch die ketogene Diät festgestellt werden“, erklärte DGE-Sprecherin Antje Gahl. Die Experten raten daher von einer ketogenen Diät im Rahmen der Krebstherapie ab.
Wegen möglichen Nebenwirkungen umstritten
Wechsler zufolge wird derzeit in medizinische Fachkreisen diskutiert, ob eine ketogene Kost eventuell Erkrankungen wie Demenz oder Alzheimer positiv beeinflussen könnte. „Auch hierzu gibt es momentan keine klaren wissenschaftlichen Belege“, sagte der Ernährungsmediziner, der die ketogene Kost eine Außenseiterdiät nennt.
Laut Morlo „wird bei dieser Diät zumindest am Anfang mehr Fett verbrannt als mit jeder anderen Reduktionsdiät“. Doch die Kost ist wegen ihrer möglichen Nebenwirkungen und wegen ihrer Unausgewogenheit insgesamt umstritten. Menschen mit Übergewicht sollten lieber gemeinsam mit Fachkräften Schritt für Schritt die Ernährung und gegebenenfalls auch Lebensweise umstellen. „Der Erfolg stellt sich dabei vielleicht nicht so schnell ein, aber er ist ohne jegliche Nebenwirkungen für die Teilnehmer“, so Morlo. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.