Bakterielle Lungenentzündung mit Impfstoffen statt Antibiotika behandeln
Die Lungenentzündung gehört längst zu den Volkskrankheiten. Experten zufolge werden jedes Jahr mehr Menschen mit dieser Diagnose ins Krankenhaus eingeliefert als nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. Eine durch Bakterien ausgelöste Lungenentzündung wird in erster Linie mit Antibiotika therapiert. Doch eine Behandlung mit Impfstoffen brächte laut Forschern Vorteile.
Pro Minute sterben zwei Kinder an Lungenentzündung
Laut Gesundheitsexperten erkranken jährlich etwa 800.000 Menschen in Deutschland an einer Lungenentzündung. Die gefährliche Krankheit kann tödlich enden. Die Zahl der Todesfälle durch Pneumonie werden hierzulande auf etwa 35.000 pro Jahr geschätzt. In Deutschland sind vor allem ältere Menschen gefährdet, global eher jüngere. So berichtete das Kinderhilfswerk Save the Children vor kurzem, dass weltweit pro Minute zwei Kinder an Lungenentzündung sterben. Und das obwohl die gefährliche Infektionskrankheit oft gut behandelt werden kann.
Behandlung meist mit Antibiotika
Eine durch Bakterien ausgelöste Lungenentzündung wird hierzulande in erster Linie mit Antibiotika therapiert. Zeigt sich innerhalb von 24 Stunden nach Einnahme des Präparats keine Verbesserung, werden dem Patienten normalerweise andere Antibiotika verschrieben.
Doch nicht in allen Weltregionen werden die Patienten so gut versorgt. Zudem gibt es das Problem der zunehmenden Antibiotika-Resistenzen.
Hilfreich könnte hier die Studie von Forschern des Universitäts-Kinderspitals Zürich und der Universität Zürich (UZH) mit einem internationalen Team sein.
Nach ihren Angaben bildet ihre Arbeit, deren Ergebnisse im „Journal of Infectious Diseases“ veröffentlicht wurden, die Grundlage für die Entwicklung neuer Impfstoffe. Diese würden auch den zunehmenden Antibiotika-Resistenzen entgegenwirken.
Infektion mit Mykoplasmen
Mykoplasmen zählen zu den häufigsten Erregern der bakteriellen Lungenentzündung beim Kind. Die Entstehung der Krankheit ist nach wie vor unklar.
Wissenschaftler des Universitäts-Kinderspitals Zürich und der UZH haben nun gezeigt, dass spezifische Immunzellen, sogenannte B-Zellen, für die Heilung der Infektion essentiell sind.
Die von ihnen produzierten Antikörper eliminieren die Mykoplasmen in der Lunge. Hingegen bleiben die Bakterien im Nasen-Rachen-Raum wochenlang bestehen.
Das Forscherteam kultivierte die Bakterien mit einem Fluoreszenzstoff und konnte die Erreger erstmals während der Infektion visuell in der Lunge und den oberen Atemwegen verfolgen.
Die Ergebnisse am neu entwickelten Mausmodell bestätigen klinische Beobachtungen bei Kindern, deren obere Atemwege im Anschluss an eine Infektion mit Mykoplasmen besiedelt blieben.
Unterschiedliche Immunabwehr in Lunge und Nasen-Rachen-Raum
Das Team um den Infektiologen Patrick Meyer Sauteur zeigt auf, dass sich die Immunabwehr nach der Infektion zwischen Lunge und oberen Atemwegen wesentlich unterscheidet.
Die Forscher fanden in der Lunge mehr sogenannte IgM- und IgG-Antikörper sowie eine deutliche Zunahme und Aktivierung von B-Zellen in den lokalen Lymphknoten – wodurch die Erreger innerhalb von Wochen zerstört werden konnten.
Im Gegensatz dazu fanden sie in den oberen Atemwegen IgA-Antikörper, keine Aktivierung von B-Zellen und demzufolge eine Persistenz des Erregers.
Experimente mit Mäusen ohne B-Zellen lieferten letztlich den Beweis, dass die in die Mäuse transferierten Antikörper die Bakterien in der Lunge effektiv zerstörten, diese aber den Erreger in den oberen Atemwegen nicht eliminieren konnten.
B-Zellen nehmen Schlüsselrolle ein
„Dies sind die ersten Daten, die beweisen, dass die durch Antikörper vermittelte Immunantwort für eine Lungeninfektion mit Mykoplasmen essentiell ist“, erklärt Patrick Meyer Sauteur in einer Mitteilung.
Die Resultate könnten helfen, spezifische Impfstoffe zu entwickeln, die das Immunsystem auf die Abwehr vorbereiten und eine Infektion verhindern würden:
„Unsere Arbeit legt den Grundstein für die Entwicklung von Impfstoffen gegen Mykoplasmen. Dies in einer Zeit, in der es aufgrund der starken Zunahme von Resistenzen in gewissen Weltregionen für Kleinkinder oft keine geeigneten Antibiotika gegen Mykoplasmen mehr gibt“, so Meyer Sauteur. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.