Ursache für Chemo-Resistenz bei Lungenkrebs entschlüsselt
Experten zufolge ist Lungenkrebs die häufigste Krebs-Todesursache in Europa. Vor allem beim kleinzelligen Lungenkarzinom sind die Therapiemöglichkeiten nur sehr begrenzt, zumal die Tumore gegen die Behandlung mittels Chemotherapie Resistenzen entwickeln. Forscher haben nun die Ursache für diese Chemo-Resistenz entschlüsselt.
Lungenkrebs ist die häufigste Krebs-Todesursache
Rund jeder vierte Mensch in der Europäischen Union stirbt an Krebs. Lungenkrebs ist die häufigste Krebs-Todesursache in Europa. Experten gehen davon aus, dass etwa 85 Prozent der Erkrankungen im Zusammenhang mit Tabakkonsum stehen. Auch das kleinzellige Lungenkarzinom trifft vor allem – starke – Raucher. Die Behandlung dieser Tumore gestaltet sich besonders schwierig, da sie resistent gegen Chemotherapie werden können. Forscher haben nun die Ursache für diese Chemo-Resistenz gefunden.
Resistent gegen Chemotherapie
Rund 500.000 Deutsche erhalten jedes Jahr die Diagnose Krebs. Die Folge sind in der Regel Operation, Bestrahlung und/oder Chemotherapie. Viele Krebspatienten brechen die Therapie aber aufgrund von Nebenwirkungen ab.
Und bei manchen führt die Behandlung oft nicht zum Erfolg. So etwa in vielen Fällen mit kleinzelligem Lungenkarzinom. Denn bei dieser Krebserkrankung kommt es häufig zu einer Resistenz gegen die Chemotherapie.
Österreichische Wissenschaftler haben nun herausgefunden, warum dem so ist.
Überlebensdauer beträgt oft nur wenige Monate
Beim fortgeschrittenen kleinzelligen Lungenkarzinom (Small Cell Lung Cancer – SCLC), das vor allem sehr starke RaucherInnen betrifft, kommt es etwa ein Jahr nach der erfolgreichen Behandlung mit einer zytotoxischen Chemotherapie und Bestrahlung zu einem Rückfall mit Tumorrezidiven, die resistent gegen weitere Chemotherapien sind.
Die Überlebensdauer der Betroffenen beträgt dann zumeist nur noch wenige Monate. Bisher war völlig unbekannt, was dafür verantwortlich ist.
Ein Forscherteam der Medizinischen Universität (MedUni) Wien unter der Leitung von Gerhard Hamilton (Universitätsklinik für Chirurgie) hat nun herausgefunden, dass sich zirkulierende Tumorzellen zusammenschließen und dadurch vorher chemo-sensitive Zellen zu chemoresistenten Zellverbänden werden.
Resistenz von Lungenkrebszellen gegen Chemotherapeutika entschlüsselt
Bereits im vergangenen Jahr berichteten die österreichischen Wissenschaftler im Fachmagazin „Trends in Cancer“, dass sie die Resistenz von Lungenkrebszellen gegen Chemotherapeutika entschlüsselt haben.
In einer aktuellen Mitteilung der Universität beschreibt Hamilton die Vorgänge:„Die zirkulierenden Tumorzellen schließen sich zum Schutz vor der Chemotherapie wie in einer Wagenburg zusammen und vermindern den Zutritt von Wirkstoffen.“
Diese „Aggregate“ können hunderttausende Zellen umfassen, bis zu zwei Millimeter Durchmesser haben und sind bis zu achtfach resistent gegen Chemotherapeutika – einerseits auch, weil sich im Inneren des Aggregats eine Hypoxie (Sauerstoffmangel) bildet und andererseits, weil diese Tumorzellen das Wachstum reduzieren und dadurch weniger sensitiv sind.
Die aktuellen Ergebnisse wurden nun im Fachjournal „Scientific Reports“ der Nature-Publishing Group veröffentlicht.
30 Jahre Unklarheit
Ermöglicht wurden diese Erkenntnisse durch das weltweit erstmalige und permanente Kultivieren von zirkulierenden Tumorzellen von PatientInnen mit fortgeschrittenem kleinzelligen Lungenkarzinom in Wien.
Der Forschungsgruppe um Hamilton und Robert Zeillinger (Molecular Oncology Group, Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien) und Maximilian Hochmair (Otto-Wagner Spital) gelang es dabei, sieben Zell-Linien aus Blutproben zu entwickeln und diese dann im Labor zu analysieren.
„Damit ist es erstmals nach 30 Jahren Unklarheit in diesem Bereich gelungen, die Ursachen der Chemo-Resistenz zu entschlüsseln“, sagt Hamilton. Die WissenschafterInnen wollen nun in weiteren Studien herausfinden, wie man diese Zellverbände entweder verhindern oder zerstören kann.
Ein viel versprechender Ansatz ist es, so der MedUni-Wien-Experte, die Zell-Zusammenschlüsse mit Hilfe von Enzymen oder Inhibitoren aufzubrechen.
Lungenkrebs erstmals an erster Stelle der Krebssterblichkeit bei Frauen
15 Prozent der Menschen mit Lungentumoren erleiden das kleinzellige Lungenkarzinom. Zum Zeitpunkt der Diagnose hat SCLC meistens bereits Metastasen gebildet und kann nicht mehr operiert werden – die Prognose der Betroffenen ist dementsprechend schlecht.
Noch ungünstiger werden die Aussichten, wenn sich die Resistenz gegen die Chemotherapie entwickelt. „Die Betroffenen überleben dann meistens nur noch wenige Monate“, so Hamilton.
„Das ist angesichts der Tatsache, dass Lungenkrebs als Todesursache bei Frauen in den vergangenen zehn Jahren stark zugenommen hat, nämlich plus 18 Prozent, alarmierend. 2016 hat er den Brustkrebs als Krebserkrankung mit dem höchsten Sterberisiko bei Frauen abgelöst.“
Wie ein internationales Forscherteam Anfang des Jahres berichtete, ist auch in Deutschland die Lungenkrebs-Sterberate bei Frauen wieder gestiegen.
„Jungen Menschen, aber insbesondere Jungen Frauen, die rauchen, sollte das hohe Risiko, neben anderen gutartigen Erkrankungen SCLC zu bekommen, bewusst sein“, meint Hamilton. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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