Viagra für Frauen“: Flibanserin in den USA zugelassen
Ab Oktober darf in den USA eine Art „Viagra für Frauen“ verkauft werden. Die Arzneimittelbehörde FDA gab grünes Licht für das Medikament Flibanserin, das unter dem Namen „Addyi“ auf den Markt kommen wird. Das Mittel soll die weibliche Lust steigern. Die Wirksamkeit ist jedoch umstritten.
Pille soll sexuelle Lust steigern
Am Dienstag hat die Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) in Washington grünes Licht für das Medikament Flibanserin gegeben. Ab Oktober darf die „Viagra für Frauen“ in den USA verkauft werden. Das Mittel, das aufgrund seiner Farbe auch „Pink Viagra“ genannt wird, kommt unter dem Namen „Addyi“ auf den Markt. Es soll die sexuelle Lust von Frauen steigern. Anders als das Medikament für Männer, das ein körperliches Problem anpackt, soll Flibanserin auf die Psyche wirken. Die Effizienz der Pille ist jedoch umstritten.
Wirkt nicht körperlich stimulierend
Zum ersten Mal hat die FDA ein luststeigerndes Präparat als Medikament zugelassen. Der Genehmigung ging ein jahrelanger Streit voraus, der sich an der Wirksamkeit und Sicherheit der rosa Pille entzündete. Das Mittel soll zwar die sexuelle Lust von Frauen wecken, ist aber keine körperliche Stimulanz. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, sagte die Leiterin des FDA-Zentrums für Medikamentenprüfung, Janet Woodcock: „Die heutige Zulassung gewährt Frauen, die unter sexueller Unlust leiden, eine überprüfte Therapiemöglichkeit.“ Und weiter: „Die FDA ist um den Schutz und die Förderung der Gesundheit von Frauen bemüht, und wir fühlen uns verpflichtet, die Entwicklung sicherer und effektiver Präparate zu unterstützen.“
Medikament muss täglich eingenommen werden
Den Angaben zufolge wird das Medikament speziell zur Behandlung einer allgemeinen Hypoaktiven Sexualtriebsstörung (hypoactive sexual desire disorder, kurz HSDD) bei Frauen vor der Menopause zugelassen. Es wird täglich und nicht nur vor dem Sexualverkehr eingenommen. Laut FDA ist das Mittel ausdrücklich nicht anzuwenden, wenn der verminderte Sexualtrieb auf psychische oder körperliche Beschwerden, Beziehungsprobleme oder den Einfluss von Medikamenten oder anderen Drogen zurückzuführen ist. Auf der Verpackung wird gewarnt, dass das Medikament in Kombination mit Alkohol zu gefährlich niedrigem Blutdruck sowie Ohnmachtsanfällen führen könne. Solche Gesundheitsprobleme sind auch möglich, wenn die rosa Pille beispielsweise mit Mitteln gegen Pilzinfektionen eingenommen werde. „Patienten und Verschreiber sollten die Risiken im Zusammenhang mit der Einnahme von Addyi vollständig verstehen, bevor sie die Behandlung in Betracht ziehen“, warnte Woodcock.
Für nur wenige Frauen geeignet
Flibanserin wirkt über das Gehirn, es soll den Spiegel des lusthemmenden Hormons Serotonin absenken und gleichzeitig die Konzentration des Glückshormons Dopamin und des anregenden Hormons Noraderenalin im Blut anregen. Laut Veröffentlichungen der FDA kam es in Untersuchungen bei Frauen mit dem Wirkstoff zu einem halben bis einem Mal Sex mehr pro Monat als bei Frauen mit Placebo. Dies sei zwar ein geringer Wert, mache für viele Frauen beziehungsweise Paare aber einen großen Unterschied. Medizinern zufolge kommt es bei etwa jeder dritten Frau in Deutschland zu Störungen der Libido. Ursachen dafür können unter anderem Stress, Überlastung, Gewohnheit und körperliche Leiden sein. Gesundheitsexperten meinen, dass das Medikament für weniger als zehn Prozent der Frauen eine Hilfe sein könne.
Kein Antrag auf Zulassung in Europa
Ob es Flibanserin auch in Deutschland geben könnte, ist noch unklar. Wie eine Sprecherin der deutschen Zulassungsbehörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Juni mitteilte, sei bei ihnen noch kein Antrag eingegangen. Auch bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA lag damals laut einer Sprecherin kein Antrag vor. In den USA war das Medikament von der FDA zweimal abgelehnt worden. Dies hatte in den USA heftige Proteste von Frauenrechtsgruppen ausgelöst. Diese warfen der Behörde Sexismus vor, da sie Viagra zugelassen habe, nicht aber Flibanserin. Andere Gruppen hatten behauptet, das Unternehmen missbrauche die Aktivistinnen, um ein noch nicht als sicher bewiesenes Präparat durchzudrücken.
Mittel wurde in Deutschland entwickelt
Flibanserin war ursprünglich vom deutschen Hersteller Boehringer Ingelheim als Mittel gegen Depressionen entwickelt worden. Nach einem negativen FDA-Bericht gab das Unternehmen das Projekt auf und 2010 übernahm Sprout Pharmaceuticals aus Raleigh im Bundesstaat North Carolina die Forschung, die jetzt zum Erfolg führte. Über die geringe Effizienz beziehungsweise unerwünschte Wirkungen wurde schon früh berichtet. Bereits vor Jahren wiesen Studien darauf hin, dass bei Frauen, die das Mittel nahmen, nur ein bescheidener Aufwärtstrend in ihren „sexuell befriedigenden Ereignissen“ verzeichnet werden konnte. Auch über die häufig auftreten Nebenwirkungen wurde berichtet. So zeigte sich in Untersuchungen , dass es bei Frauen zu Beschwerden wie Schwindel, Müdigkeit und Übelkeit sowie gelegentlich zu Schlaflosigkeit, Mundtrockenheit und Verstopfung kam. (ad)
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