Wachsende Lärmbelastung ist ein Risiko für die Gesundheit
25.04.2014
Lärm ist eines der gravierendsten Umweltprobleme unserer Zeit, das zahlreiche gesundheitliche Beschwerden hervorrufen kann, warnen Experten im Vorfeld des Tages gegen Lärm am 30. April. „Besonders der Verkehrslärm wird als starke Belästigung erlebt“, aber auch der Fluglärm und der Lärm des Schienenverkehrs stören viele Menschen erheblich, so die Deutsche Gesellschaft für Akustik (DEGA) in ihrer Informationsbroschüre zum Tag gegen den Lärm.
Ein erheblicher Anteil der Bevölkerung erlebt dauerhaft eine Beschallung durch unterschiedlichste Lärmquellen. Momente der absoluten Ruhe sind für viele kaum noch vorstellbar. Selbst wenn der Lärm nicht als störend empfunden wird, ist laut Aussage der Experten ab einem gewissen Geräuschpegel unweigerlich von gesundheitlichen Beeinträchtigungen auszugehen. „Auch wenn das so mancher meint: An Lärm kann man sich nicht gewöhnen“, erläuterte Professor Stefan Kääb, Leitender Oberarzt am Klinikum der Universität München, gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“.
Flug- und Straßenverkehrslärm besonders störend
Den Angaben der DEGA zufolge fühlt sich „im Alltag mehr als die Hälfte der Deutschen“ durch Verkehrslärm belästigt, rund 30 Prozent empfinden Fluglärm als erhebliche Beeinträchtigung und circa ein Viertel der Bevölkerung fühlt sich durch den Schienenverkehr gestört. Insgesamt werde der Lärm „von den Menschen als starke Beeinträchtigung wahrgenommen.“ Zwar konnten auf technischer Ebene deutliche Verbesserungen erzielt werden, so dass moderne Flugzeuge, Autos, Lastkraftwagen und Bussen sehr viel leiser sind als frühere Modelle. Doch ist das Verkehrsaufkommen kontinuierlich gestiegen, wodurch der Lärm aus diesen Quellen im Alltag am Ende trotzdem weiter zugenommen hat, berichtet die DEGA. Eine Einschätzung, die auch Professor Rainer Guski, Umweltpsychologe der Ruhr-Universität Bochum, gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“ bestätigte. Das wachsende Verkehrsaufkommen an Fahr- und Flugzeugen sei maßgeblich dafür verantwortlich, dass die subjektiv empfundene Lärmbelastung steigt. Zudem seien weniger Pausen zwischen den Spitzen der Lärmbelastungspegel festzustellen.
Lärmbelastung am Arbeitsplatz ist ein Gesundheitsrisiko
Auch am Arbeitsplatz werden die Beschäftigten oftmals dauerhaften Lärmbelastungen ausgesetzt, wobei laut Aussage des Kardiologen Professor Kääb bereits deutlich unterhalb eines Schalldruckpegels von 85 Dezibel (dB)der Lärm krank machen kann. Dies gelte „selbst dann, wenn er gar nicht als störend wahrgenommen wird“, so Kääb weiter. Dem Experten zufolge ist „Lärm ein unabhängiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, da dieser eine Stressreaktion im Organismus auslöst, welche ihrerseits zu einer vermehrt Ausschüttung von Hormonen wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol führt. Hierdurch steige der Blutdruck, die Herzfrequenz werde beschleunigt und die Blutgerinnung aktiviert, was auf Dauer eine erhebliche Belastung des Herz-Kreislauf-Systems darstelle. Expertenschätzungen gehen davon aus, dass jährlich bis zu 4.000 Herzinfarkt in Deutschland auf den Straßenverkehrslärm zurückzuführen sind. Auch bei Lärmbelastungen, die kaum störend empfunden werden, kann laut Aussage des Experten die belastende Stressreaktion im Organismus ausgelöst werden.
Irreversibel Hörschäden drohen
Den Angaben der DEGA zufolge sind „in Deutschland einige Millionen Menschen an ihrem Arbeitsplatz häufig starken Geräuschbelastungen ausgesetzt“. Da mit zunehmender Lautstärke und Dauer die irreparablen, körperlichen Schäden am Gehörsystem zunehmen, seien in den entsprechenden Arbeitsschutzverordnungen Grenzwerte festgelegt, die zum Beispiel besagen, dass der gemittelte Lärmexpositionspegel über die Zeit einer Achtstundenschicht die Marke von 80 dB(A) nicht überschreiten darf. Ansonsten ist die Bereitstellung eines entsprechenden Hörschutzes vorgeschrieben. In den besonders lärmbelasteten Berufen drohe den Beschäftigten ohne den Hörschutz eine Lärmschwerhörigkeit, welche auf das Absterben der Haarzellen im Innenohr zurückgeht, so die Mitteilung der DEGA. Die Zellen werden benötigt um Schallwellen in elektrische Signale umzuwandeln, die an das Gehirn weitergeleitet werden können. Eine Schädigung der Haarzellen erfolge meist „langsam und kaum merklich“ und sie ist irreversibel. „Nach dem Absterben entsteht ein bleibender Hörschaden“, berichtet die DEGA.
Studie zu Auswirkungen des Lärms auf die Gesundheit
Professor Guski und sein Team arbeiten derzeit an der Lärmwirkungsstudie NORAH („Noise-Related Annoyance, Cognition, and Health“), die „eine möglichst repräsentative und wissenschaftlich abgesicherte Beschreibung der Auswirkungen des Lärms vom Flug-, Schienen- und Straßenverkehr auf die Gesundheit und Lebensqualität der betroffenen Wohnbevölkerung“ liefern soll. Zweifel haben die Forscher angesichts ihrer bisherigen Erkenntnisse vor allem an der Lärmbemessung mittels Dauerschallpegeln. Denn die über lange Zeiträume gemittelten Werte werden extrem lauten, aber kurzen Ereignissen nicht gerecht. Beispielweise empfinden viele Menschen, die im Umfeld von Flughäfen wohnen, den Lärm eines Flugzeuges, mit kurzer, sehr hoher Lärmbelastung, als extrem störend, obwohl die Dauerschallpegel sich in einem eher niedrigen Bereich bewegen. Als Beispiel wird hier oftmals der morgendliche Wecker herangezogen, dessen Dauerschallpegel eigentlich niemanden stören dürfte, aber von dem wir dennoch jeden Morgen wach werden.
Maßnahmen zur Lärmreduzierung gefordert
Die Experten der DEGA sehen angesichts der zunehmenden Verlärmung einen enormen Handlungsbedarf und machten deutlich, dass Lärm „sowohl durch administrative (z.B. gesetzliche Festlegung von Grenzwerten), als auch durch technische Maßnahmen (Minderungen an der Quelle, auf dem Ausbreitungsweg oder beim Betroffenen) bekämpft werden“ kann. Zudem seien auch planerische Ansätze (z.B. Verkehrsberuhigung) möglich. Durch Aufklärungsarbeit innerhalb der Bevölkerung werde darüber hinaus jeder Einzelne für das Thema sensibilisiert, denn am Ende sind wir Menschen auch die Erzeuger des Lärms und alle können „durch verantwortungsbewusstes Verhalten zur Minimierung des Lärms beitragen“, so das Fazit der DEGA. (fp)
Bildquelle: Bernd Wachtmeister / pixelio.de
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