Schlaganfallbehandlung: Lysetherapie innerhalb von 4,5 Stunden
14.01.2015
In Deutschland erleiden jedes Jahr über eine Viertelmillion Menschen einen Schlaganfall. Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist, dass Patienten möglichst schnell an einer sogenannten Stroke-Unit behandelt werden. Eine neue Studie bestätigt nun, dass die Lysetherapie in einem Zeitfenster von 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall erfolgen muss.
Auch bei älteren Menschen effektiv
Jedes Jahr erleiden in Deutschland über eine Viertelmillion Menschen einen Schlaganfall. Nach einem Hirninfarkt muss es schnell gehen. Wie Vertreter der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) mitteilten, geht aus einer neuen Studie hervor, dass die Behandlungsergebnisse für die Patienten umso besser sind, je früher die sogenannte Lysetherapie eingeleitet wird. Bei der Lysetherapie werden Blutgerinnsel in der Hirnarterie durch eine Infusion mit dem Enzym Alteplase aufgelöst. Die Ergebnisse der Meta-Analyse von neun größeren Therapiestudien wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht. Die Untersuchung bestätigte, dass die Lysebehandlung in einem Zeitfenster von 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall effektiv ist und zwar auch bei älteren Menschen.
Beste Ergebnisse bei Behandlung innerhalb von drei Stunden
Die Ergebnisse sind demnach dann am besten, wenn die Behandlung innerhalb der ersten drei Stunden beginnt. Außerdem waren die Chancen eines Patienten, den Schlaganfall ohne schwere Behinderungen zu überleben, um 75 Prozent höher als in der Vergleichsgruppe, die keine Lysetherapie erhielt. Wenn die Lyse drei bis 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall begonnen wurde, betrug der Vorteil noch 26 Prozent. „Unsere Ergebnisse bestätigen den Effekt der Lyse im Zeitfenster von 4,5 Stunden“, erklärte Professor Werner Hacke von der Universitätsklinik Heidelberg. Zu einem späteren Zeitpunkt bleibe ihr Einsatz aber immer eine Einzelfallentscheidung. Hacke ist Leiter der „Stroke Thrombolysis Trialists’ Collaborative Group“, die die Meta-Analyse durchgeführt hat. Für die Analyse hat das internationale Forscherteam Daten aller 6.756 Studienteilnehmer einzeln ausgewertet, um ein möglichst unverfälschtes Bild von der Effektivität und den möglichen Risiken zu erhalten.
Ärzte sind bei älteren Patienten mit Lysetherapie vorsichtig
Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) hält die neuen Ergebnisse auch deshalb für wichtig, da viele Ärzte gerade bei älteren Patienten noch zurückhaltend mit der Lysetherapie sind. „Die Angst vor Komplikationen ist weit verbreitet“, erläuterte Professor Joachim Röther, Pressesprecher der DSG und Chefarzt der Neurologischen Klinik an der Asklepios Klinik Altona. Da rund ein Viertel der Probanden älter als 80 Jahre waren, liefere die aktuelle Meta-Analyse hier erstmals zuverlässige Ergebnisse. „Die Erfolgsrate der Lysetherapie war bei Hochbetagten keineswegs schlechter, die Ergebnisse waren tendenziell sogar besser“, so Röther. Der Experte sieht auch hinsichtlich des Blutungsrisikos bei älteren Patienten keine Probleme.
Schlaganfall ist „immer ein Notfall“
Da Blutungen die am meisten gefürchtete Komplikation der Lysetherapie sind, weist die Deutsche Gesellschaft für Neurologie darauf hin, dass der Auflösung des Blutgerinnsels immer eine Computer- oder eine Kernspintomografie vorausgehen sollte, um Hirnblutungen als Ursache des Schlaganfalls auszuschließen. „Die Untersuchung verzögert zwar den Therapiebeginn, doch eine gut organisierte Stroke Unit mit entsprechend qualifiziertem Personal kann dies ausgleichen“, sagte DGN-Pressesprecher Professor Hans-Christoph Diener. Zudem sei die Aufklärung der Bevölkerung wichtig. „Die Angehörigen müssen wissen, dass ein Schlaganfall immer ein Notfall ist, auch wenn Betroffene keine Schmerzen haben.“ Zu den Beschwerden, die Anzeichen eines Schlaganfalls sein können, zählen unter anderem Taubheitsgefühle, Kribbeln, Sprach- und Sehstörungen, Gangunsicherheit oder auch plötzlich auftretende Kopfschmerzen. Hauptrisikofaktor für einen Schlaganfall ist Experten zufolge Bluthochdruck. Daher wird immer wieder dazu geraten, gesünder zu leben, beispielsweise durch mehr Bewegung, Gewichtsreduktion, bessere Ernährung und den Verzicht aufs Rauchen.
Wirksamkeit seit 20 Jahren belegt
„Die Wirksamkeit der Lysetherapie wurde vor beinahe 20 Jahren erstmals in einer klinischen Studie belegt, und mittlerweile ist die Lyse auf allen zertifizierten Stroke Units in Deutschland fest etabliert“, erklärte Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen. Doch trotzdem wird sie in Deutschland nur bei rund zehn Prozent der Schlaganfallpatienten durchgeführt. „Dies liegt vor allem daran, dass nur etwa 30 bis 40 Prozent der Schlaganfallpatienten rechtzeitig die Klinik erreichen“, erklärte der Experte. In einigen europäischen Ländern werde bei leichten oder besonders schweren Schlaganfällen sowie bei Menschen über 80 Jahre von dieser Behandlung abgeraten. Auf Deutschland treffe dies aber nicht zu. (ad)
Bild: Martin Berk / pixelio.de
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