Erlitt eine Seniorin einen Madenbefall durch falsche Pflegemaßnahmen?
Nachdem die Wunde einer 73-jährigen Frau mit Maden befallen war, ermittelt die Staatsanwaltschaft Dortmund wegen des Verdachts der Körperverletzung gegen den Pflegedienst des Seniorenhauses Sophia am Lüttke Holz. Die Tochter hatte Anzeige erstattet.
Das Comunita-Seniorenhaus Sophia am Lüttke Holz in Bergkamen galt bislang eigentlich als überdurchschnittlich und so hatte N. Rudnik im Sommer des Jahres ihre Mutter mit einem guten Gefühl in die Hände der Pfleger übergeben. Die 73-Jährige hatte neben Diabetes, Herzprobleme und verschiedenen weitere Leiden wie auch offene Wunden am Bein, die kontinuierlich versorgt werden mussten. Im Gespräch mit der Zeitung „Westfälischer Anzeiger“ berichtet N. Rudnik, dass sich der Zustand ihrer Mutter nach etwa zwei Wochen in dem Pflegeheim akut verschlechtert habe und sie daher in das St.-Christophorus-Krankenhaus in Werne überwiesen wurde. Dort sei durch das medizinische Personal eine enormer Madenbefall an den offenen Wunden festgestellt worden, erklärte Rudnik. Nach vier Tage im St.-Christophorus-Krankenhaus hat ihre Mutter hohes Fieber bekommen und ist an Herzversagen verstorben.
Nachdem die Tochter von den Maden in der Wunde erfahren hatte, erstattete sie Anzeige gegen das Comunita-Seniorenhaus. N. Rudnik geht es jedoch nicht nur um die Maden in den Wunden, sondern auch um die Frage, ob Missstände in der Pflege zum Tod ihrer Mutter geführt haben könnten. Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat die Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung aufgenommen, die Staatsanwältin Dr. Ina Holznagel betonte allerdings auch, dass es dabei nicht um den Tod der 73-Jährigen gehe, der offenbar in Folge der Vorerkrankung natürlich eingetreten sei. „Natürlich ist es dennoch überhaupt nicht in Ordnung, falls dort Wunden nicht richtig versorgt wurden“, erklärte die Staatsanwältin. Die Staatsanwaltschaft lässt derzeit von Rechtsmedizinern begutachten, „wie lange ein Geschwür nicht versorgt worden sein muss, bis sich darin Maden entwickeln“, erklärte Holznagel. Mit einem Ergebnis rechnet die Dortmunder Staatsanwaltschaft erst in rund zwei Monaten. N. Rudnik versucht außerdem in einem Zivilprozess Schmerzensgeld und die Rückerstattung der Beerdigungskosten zu erwirken.
Bernhard Rössler, Sprecher des Seniorenhauses Sophia erklärte, dass sein Haus selbst großes Interesse an der Aufklärung der Umstände habe und im Rahmen der eigenen Nachforschungen bereits ein Mitarbeiter schriftlich einen Fehler beim Verbandswechsel zugegeben habe. Dieser sei anschließend entlassen worden. Außerdem werde von jedem Bewohner bei Einlieferung eine Bewohnerdokumentation erstellt, die alle medizinische Berichte von Ärzten und Krankenhäusern aus der Zeit vor dem Einzug in das Seniorenhaus und eigene Untersuchungsergebnisse enthalten. Diese Unterlagen haben man der Staatsanwaltschaft vollständig zur Verfügung gestellt, betonte Rössler. Auch sei das Seniorenhaus nach der Anklageerhebung vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen überprüft und mit der Note 1,3 beurteilt worden, was „weit über dem Landesdurchschnitt von 2,4“ liege erklärte Bernhard Rössler.
Der Pflegedienstdirektor des St.-Christophorus-Krankenhaus, Ludger Risse erklärte im Gespräch mit der Zeitung „Westfälischer Anzeiger“, dass „Maden in einer Wunde (…) nicht generell ein Hinweis auf ein Pflegeversäumnis“ sein müssen. Ihm zufolge geschieht es relativ schnell, dass zum Beispiel während des morgendlichen Verbandswechsel eine Fliege unbemerkt ein Ei in der Wunde ablegt, aus welchem sich womöglich bis zum Abend oder nächsten Morgen bereits erste Maden entwickelt haben. Risse betonte, dass es zwar unappetitlich, aber für die Gesundheit nicht bedrohlich sei, wenn sich Maden in der Wunde ansiedeln. Dabei verwies der Experte auch auf Madentherapien – bei denen jedoch sterile Maden zum Einsatz kämen. „Die Maden fressen das abgestorbene Gewebe“, was nützlich sein kann, wenn dieses nur schwer chirurgisch zu entfernen wäre, erklärte der Fachmann. (fp, 16.10.2010)
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