Männer reagieren auf eine Grippe-Impfung anders als Frauen
24.12.2013
Frauen und Männer zeigen oftmals deutliche Unterschiede in der Immunantwort auf Impfungen und Infektionen. Ein Forscherteam aus US-amerikanischen und französischen Wissenschaftlern hat nun in einer aktuellen Untersuchung diese geschlechtsspezifischen Unterschiede anhand der Grippe-Impfung genauer analysiert und dabei Testosteron als wahrscheinliche Ursache der abweichenden Immunreaktionen identifiziert.
Zur Analyse der geschlechtsspezifischen Immunantwort auf eine Grippe-Immunisierung unterzogen die Wissenschaftler um Mark Davis von der Stanford-Universität in Kalifornien und Boris P. Hejblum von der Universität Bordeaux 53 geimpfte Frauen und 34 geimpfte Männer einer gründlichen Untersuchung. Dabei wurde „eine große Anzahl von Komponenten des Immunsystems, einschließlich Serum-Zytokinen und Chemokinen , Blutzellmenge und zellulärer Antworten auf diverse Reize“ erfasst, schreiben die Forscher in dem Fachmagazin „Proceedings of the National Academy od Sciences“ (PNAS). Auch die genetische Veranlagung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer berücksichtigten Davis, Hejblum und Kollegen. Im Rahmen ihrer Untersuchungen identifizierten die Wissenschaftler eine „Gruppe von Genen im Lipidstoffwechsel“ (Fettstoffwechsel), die "offenbar im Zusammenhang mit der verminderten Immunreaktion der Männer steht und deren Aktivität durch Testosteron beeinflusst wird", wie sie in dem Studienbericht beschreiben.
Frauen zeigen eine stärkere Immunreaktion
Laut Angaben der Forscher war "aus verschiedenen früheren Studien bereits bekannt, dass Männer sowohl nach Impfungen als auch nach Infektionen eine schwächere Immunreaktion zeigen als Frauen". Die Mechanismen, die diesen Unterschieden zugrunde liegen blieben bisher jedoch weitgehend ungeklärt, berichten Davis und Hejblum. Anhand der Immunantwort auf einen „trivalenten inaktivierten saisonalen Influenza-Impfstoff“ haben die Forscher hier nun mögliche Ursachen für die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Immunreaktion ermittelt. Sie stellten zunächst fest, dass die Frauen deutlich mehr Antikörper entwickelten als die Männer und dass „die Expression von entzündungsfördernden Zytokinen im Serum von Frauen im Vergleich zu Männern unabhängig vom Alter“ wesentlich höher ausfiel. Auch konnten die Forscher einen Cluster von Genen identifizieren, der am Fettstoffwechsel beteiligt ist und offenbar im Zusammenhang mit der Immunreaktion auf die Grippe-Impfung steht. Seine Aktivität stand laut Davis, Hejblum und Kollegen in enger Korrelation zu dem Testosteron-Spiegel im Blut. „Männer mit erhöhtem Serum-Testosteronspiegel und der entsprechenden Gen-Signaturen zeigten die niedrigsten Antikörper-Antworten“, berichten die Forscher weiter.
Testosteron Ursache für einer verringerte Immunreaktion der Männer
Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung zeigen "einen engen Zusammenhang zwischen der Immunantwort, den Sexualhormonen (Androgene) und den Genen, die am Lipidstoffwechsel beteiligt sind", berichten Davis und Hejblum. Ihrer Ansicht nach "deutet einiges darauf hin, dass Testosteron als maßgebliche Ursache der unterschiedlichen Immunreaktionen bei Männern und Frauen zu bewerten ist". Aus der Evolution lasse sich die abschwächende Wirkung des Testosterons auf die Immunreaktion möglicherweise damit erklären, dass Männer bei der Jagd häufiger Verletzungen erlitten und eine Überreaktionen des Immunsystems hier vermieden werden sollte. In Bezug auf die in Deutschland vom Robert-Koch-Institut (RKI) ausgesprochenen Empfehlungen zur Grippe-Impfung haben die aktuellen Erkenntnisse kaum Aussagekraft, allerdings stellt sich die Frage, ob künftig bei den Impfungen nicht zwischen Männern und Frauen differenziert werden müsste.
Leiden Männer tatsächlich mehr?
Die Studienergebnisse liefern am Rande auch eine Hinweis darauf, warum Männer an harmlosen Infektionen gefühlt oftmals deutlich stärker und länger leiden als Frauen. Denn ihr Immunsystem kann sich hier aufgrund des hohen Testosteronspiegels offenbar nur unzureichenden zur Wehr setzen. Auch Schwankungen im Hormonspiegel könnten den aktuellen Erkenntnissen zufolge einen nachhaltigen Effekt auf die Immunabwehr haben, doch sind hier weitere Studien erforderlich, um die Zusammenhänge eindeutig zu klären. (fp)
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