Käfer, Mäusekot, Schimmel: Ekelerregende Zustände in Bäckereien
Vor wenigen Jahren sorgte der Lebensmittelskandal um die bayerische Großbäckerei Müller-Brot für wochenlange Schlagzeilen. In den Produktionsstätten war damals Ekliges wie Mäusedreck und Kakerlaken gefunden worden. Der Skandal hat offenbar nicht für eine wesentliche Verbesserung gesorgt. Noch immer herrschen in manchen Bäckereien gravierende Hygienemängel, wie ein aktueller Bericht zeigt. Von den Behörden werden die Zustände verschwiegen.
Behörden hatten Kunden nicht informiert
Anfang 2012 kamen nach und nach Berichte über katastrophale hygienische Bedingungen an die Öffentlichkeit, die seit Jahren in der bayerischen Großbäckerei Müller-Brot herrschten. „Die Behörden hatten schon früh davon gewusst, die Kundinnen und Kunden der Bäckerei jedoch nicht informiert. Die mediale Empörung über den Mäusekot, die Kakerlaken, die Würmer, vor allem aber über die späte Information der Öffentlichkeit war groß“, heißt es im Report „Bayerisches Brot“ der Verbraucherorganisation Foodwatch. Fünf Jahre nach dem Skandal stellt sich die Frage, ob Verbraucherinnen und Verbraucher mittlerweile besser über Hygienemängel in Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben informiert werden. Die Verbraucherorganisation meint: „Nein“.
Mäusekot, Käferbefall, Schimmel, Dreck
Im Report „Bayerisches Brot“ hat Foodwatch Kontrollberichte der bayerischen Lebensmittelbehörden öffentlich gemacht, die zeigen, dass in mehreren Großbäckereien in Bayern über Jahre hinweg immer wieder teils ekelerregende Verhältnisse herrschten.
Ob eingebackene Schaben oder Käferbefall: Wie die Experten in einer Mitteilung schreiben, erfuhren Verbraucherinnen und Verbraucher bis heute nichts von den zum Teil katastrophalen hygienischen Zuständen.
Bei manchen Kontrollen war zwar alles in Ordnung, in anderen Fällen zeigten sich laut dem Kontrollbericht aber zum Beispiel „deutlich sichtbarer Schädlingsbefall“, „massive“ Verunreinigungen oder „schwärzliche Flecken, vermutlich Schimmel“.
Den Angaben zufolge waren immer wieder auch Beschwerden von Kunden Auslöser für Kontrollen.
So fand ein Kunde einen Fremdkörper in einem Brötchen, der vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) als „Kotpille eines Kleinsäugers“ identifiziert wurde. Ein anderes Mal wurde ein Fremdkörper als eine eingebackene „Deutsche Schabe“ identifiziert.
Noch mehr Hygieneskandale?
Die Verbraucherinnen und Verbraucher erfuhren von den Zuständen nichts, denn die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen werden in aller Regel nicht veröffentlicht.
Foodwatch hat jedoch über das sogenannte Verbraucherinformationsgesetz (VIG) bei den zuständigen Behörden die Herausgabe von Kontrollergebnissen zu acht der größten bayerischen Bäckerei-Unternehmen beantragt.
So erhielt die Organisation Informationen zu 69 Kontrollen aus den Jahren 2013 bis 2016 bei den Unternehmen Bachmeier, Der Beck, Heinz, Hiestand, Höflinger, Hofpfisterei, Ihle und LSG. Die Ergebnisse dokumentiert der Report „Bayerisches Brot“.
Doch auch wenn nun einzelne Ergebnisse vorliegen, bleibt vieles für die Bevölkerung unklar: „Solange nicht alle Kontrollergebnisse öffentlich sind, muss die Frage gestellt werden: Von welchen Hygieneskandalen wissen die Behörden noch, ohne darüber zu informieren?“, so Johannes Heeg von Foodwatch.
Keine Gesundheitsgefahren
„Besonders unhygienische Zustände haben die Kontrolleurinnen und Kontrolleure in den Produktionsbetrieben der Firmen Bäcker Bachmeier, Der Beck und Landbäckerei Ihle festgestellt“, heißt es im Foodwatch-Report.
„Selbst wenn von den dort produzierten Lebensmitteln keine Gesundheitsgefahren ausgingen“, ist es aus Sicht von Foodwatch nicht hinnehmbar, dass die Kunden nichts erfahren haben und so weiterhin Brötchen und Brote aus Backstuben verzehrten, in denen teilweise ekelerregende Zustände herrschten.
Die Recherchen zeigen, dass wir eine Neuausrichtung der Lebensmittelüberwachung in Deutschland brauchen, so Foodwatch. Die Behörden müssen dazu verpflichtet werden, künftig ausnahmslos alle Ergebnisse der amtlichen Kontrollen zu veröffentlichen.
Erst das schafft für Lebensmittelbetriebe einen Anreiz, sich jeden Tag an die Hygieneregeln zu halten, und sorgt für einen fairen Wettbewerb, in dem die sauberen Betrieben nicht länger die Dummen sind.
Bisher fehlt dazu die rechtliche Grundlage – wollen Beamte Informationen veröffentlichen, drohen daher Klagen der betroffenen Unternehmen.
Bundesweit jeder vierte Betrieb beanstandet
Zustände wie in Bayern sind laut Foodwatch nicht die Ausnahme, sondern die Regel: Jedes Jahr wird in Deutschland jeder vierte kontrollierte Lebensmittelbetrieb beanstandet, vor allem wegen Hygieneverstößen.
Zwar hatten Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag bereits 2013 versprochen, auf Bundesebene rechtliche Klarheit für eine bessere Verbraucherinformation zu schaffen. Dieses Versprechen wurde aber nicht eingelöst.
Solange der Bund nicht für Rechtssicherheit sorgt, könnte aber auch jedes Bundesland mit einem eigenen Landesgesetz Transparenz vorschreiben – und damit Fälle wie in Bayern in Zukunft verhindern.
Dänemark als Vorbild
Aus Sicht der Verbraucherorganisation sollte Dänemark als Vorbild für eine Reform der Lebensmittelüberwachung dienen. Dort sind Lebensmittelbetriebe seit 15 Jahren verpflichtet, die Kontrollergebnisse an der Eingangstür auszuhängen. Die Prüfberichte sind zudem im Internet abrufbar.
Zusammengefasst und bewertet wird das Ergebnis mithilfe eines Smileys. Seit Einführung des „Smiley-Systems“ hat sich die Quote der beanstandeten Betriebe halbiert, von 30 auf 15 Prozent (Deutschland rund 25 Prozent). Inzwischen haben weitere Länder, unter anderem Frankreich und Großbritannien, ähnliche Systeme eingeführt.
Foodwatch hat schon vor Jahren eine Mitmach-Aktion gestartet, die das Smiley-System für Deutschland fordert. „Mit der Geheimniskrämerei muss Schluss sein!“, heißt es dort. (ad)
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