Kampf gegen Malaria: Mücken via Satellit jagen
13.09.2014
Jedes Jahr fordert Malaria hunderttausende Menschenleben, vor allem in Afrika. Forscher in Heidelberg wollen im Kampf gegen die Tropenkrankheit nun mit einer neuen Methode punkten. Dazu gehören Satellitenbildkarten sowie eine Technologie, mit der bereits am Rhein Mücken erfolgreich bekämpft werden.
Gefährliche Krankheiten in Afrika
Täglich wird in den Nachrichten über die dramatische Entwicklung der in Westafrika grassierenden Ebola-Epidemie berichtet. Die tödliche Seuche lässt fast vergessen, dass es in Afrika auch noch andere gefährliche Infektionskrankheiten gibt, wie beispielsweise Malaria. Diese gehört zu den gefährlichsten Tropenkrankheiten. „Jedes Jahr sterben 600.000 Menschen an dieser vermeidbaren und behandelbaren Krankheit“, erklärte die Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung, Renate Bähr, im April in Hannover. Forscher in den USA hatten jedoch vor einigen Jahren mit Computermodellen wesentlich höhere Todesfälle aufgrund einer Malariainfektion errechnet. Sie kamen auf rund 1,2 Millionen Tote, fast doppelt so viele, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Vergangenheit angegeben hatte.
„Killer Nummer eins“
Auch wenn die Zahlen nicht eindeutig sind, fest steht: „Malaria ist der Killer Nummer eins in Afrika.“ Dies sagte der Biologe Norbert Becker aus Speyer einer dpa-Meldung zufolge über die Krankheit, die von Stechmücken übertragen wird. Mehr als 90 Prozent der Toten seien laut Experten in Afrika zu verzeichnen, "der Großteil von ihnen Kinder unter fünf Jahren". Becker gehört zu einem Heidelberger Wissenschaftlerteam, das den Mücken und der Malaria mit einer neuen Strategie zu Leibe rücken will, bei der auch Satellitenbilder zum Einsatz kommen.
Mückenlarven-Reduktion um bis zu 98 Prozent
Derzeit läuft dazu ein Praxistest in Burkina Faso. „Das Endziel, das wir erreichen wollen, ist, die malariabedingten Todesfälle zu senken“, erklärte Projektleiter Peter Dambach. Das Vorhaben ist seinen Angaben zufolge in dieser Form einmalig. Becker ist wissenschaftlicher Direktor der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs), welcher 99 Kommunen am Oberrhein angehören. In deren Auftrag bekämpfen der 65-Jährige und sein Team seit fast vier Jahrzehnten Mückenlarven, die nach Hochwasserwellen am Rhein schlüpfen. Dafür verwenden sie ein Bakterium (Bacillus thuringiensis israelensis, kurz: Bti), welches Beckers Angaben zufolge nur die Larven von Stechmücken abtötet, auf andere Lebewesen jedoch keine Wirkung hat. Er erläuterte: „Wir haben eine Reduktion bis zu 98 Prozent.“
„Unbedenklich für Mensch und Umwelt“
Treibende Kraft hinter dem Bti-Einsatz in Afrika ist der Heidelberger Mediziner Rainer Sauerborn, der mit der Lage in Burkina Faso seit langem vertraut ist. Bereits im vergangenen Jahr erklärte er dass das Projekt ist der gelungene Transfer einer Technik sei, die entlang des Rheins seit vielen Jahren großflächig und routinemäßig eingesetzt wird. Die Methode sei sehr effektiv, sicher und unbedenklich für Mensch und Umwelt. Das bestehende Malaria-Bekämpfungsprogramm hatte nur bedingt Erfolg gebracht. Unter anderem setzt man dabei auf "imprägnierte Netze über den Betten, die aber nicht flächendeckend verwendet werden und auch nur während der Nacht Schutz bieten".
Mittel effektiv einsetzen
„Deswegen habe wir gesagt: Die Bekämpfung der Larven kann kostengünstiger und effektiver sein“, so Becker. Die Stiftung des Unternehmers Manfred Lautenschläger fördert das Projekt mit 400.000 Euro. Insgesamt haben die Wissenschaftler in Burkina Faso 127 Kommunen mit rund 150.000 Einwohnern im Blick. Davon kommen in einem Drittel wie bisher nur Bettnetze als Mückenschutz zum Einsatz, in einem weiteren werden zusätzlich alle Brutgewässer mit Bti behandelt und im dritten Sektor wird die neue Strategie erprobt: Bti wird gezielt nur dort eingesetzt, wo sich gehäuft Larven im Wasser finden. Dies deshalb, weil viele afrikanische Länder arm sind und daher gehe es darum, die Mittel effektiv einzusetzen, wie Geograf Dambach, der bei Sauerborn zum Thema Öffentliches Gesundheitswesen promoviert hat, erklärte.
Methode wie am Rhein
Mit Hilfe von Satellitenbildkarten finden die Bekämpfer der Mücken die relevanten Stellen. Diese bilden die verschiedenen Wassertypen ab und helfen so, die bevorzugten Brutplätze zu finden. „Larven haben bestimmte Präferenzen, was das Wasser angeht“, so Dambach. Die Larven der Malaria übertragenden Mücke mögen nur sauberes Wasser, in dem es Pflanzen gibt. Trübung, Färbung und Nährstoffverfügbarkeit des Wassers entscheiden, wie geeignet es für Mücken ist. Dambach erklärte, dass man auf den Satellitenbildern der Region alle Tümpel finde, die dieselben Wasserparameter aufwiesen. Man könne anhand dieser Parameter folgern, dass die Dichte dort hoch sei – und das Bti einsetzen. Wie am Rhein wird es von Teams mit tragbaren Spritzen alle zehn Tage ausgebracht. Er erklärte weiter, dass Bti auch bei Projekten in Äthiopien und Kenia eingesetzt werde, allerdings werde dort nicht mit Satellitenbildern gearbeitet. Das Verfahren zur Risikokartenerstellung wurde bei einem Vorläuferprojekt entwickelt, bei dem die Uni Heidelberg mit federführend war.
Mücken- und Stichzahlen deutlich gesunken
In den Dörfern wird eifrig gemessen und verglichen, um so herauszufinden, "welche Methode am erfolgreichsten ist". So werde geprüft, "wie hoch die Mückenbelastung und damit das Übertragungsrisiko ist und wie es um Malaria bei Kindern steht". Dambach zufolge steht am Ende eine Frage: „Haben wir einen Effekt auf Krankheits- und Todeszahlen?“ Es nutze nämlich nichts, wenn nur die Larvenzahl sinke. Endgültige Ergebnisse gibt es noch keine. Bis 2015 läuft die Untersuchung, die der ersten Erhebungsphase ohne Bti von 2013 folgt. Wie Dambach mitteilte, werde aus vielen Dörfern berichtet, dass die Mücken- und Stichzahlen bereits deutlich gesunken seien. „Die Leute sind begeistert.“ Auch der Experte Egbert Tannich vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg spricht von einem interessanten Ansatz. Mit Blick auf den Einsatz von Satellitenbildkarten und Bti, sagte er: „Ich kenne keine Untersuchung, bei der das schon einmal gemacht wurde.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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