Brustkrebs: Mammografie-Screenings retten keine Leben
25.02.2014
Mammografie-Screenings sind weniger wirkungsvoll, als bislang gedacht. Durch die Untersuchung werden zwar viele Karzinome entdeckt, aber das Screening könne keine Leben retten. Es verhindert auch keinen Krebs. Verantwortliche des Mammografie-Screening-Programms ziehen hingegen eine positive Bilanz.
Große Erwartungen in den 1980er Jahren
Die viel gepriesenen Mammografie-Screenings sind laut neuer Untersuchungen scheinbar wesentlich weniger wirkungsvoll, als bislang angenommen. So kommen Wissenschaftler der Universität Toronto und des Swiss Medical Boards in zwei unabhängigen Studien zu einem vernichtenden Urteil bezüglich des Nutzens des Mammografie-Screenings. Die Röntgenuntersuchung der Brust (Mammografie) wurde als großer Fortschritt im Kampf gegen den Brustkrebs gefeiert und noch in den 1980er Jahren war aufgrund erster Stichproben erwartet worden, dass sich die Sterblichkeit bei Brustkrebs mittels Mammografie zwischen 15 und 25 Prozent verringern wird.
Mammografie senkt Sterblichkeit nicht
Forscher der Universität Toronto (Kanada) haben über 90.000 Frauen 25 Jahre lang im Rahmen einer Studie begleitet. Die Frauen wurden zu Beginn per Losverfahren in zwei Gruppen mit jeweils 45.000 Personen eingeteilt. In der einen Gruppe gab es Voruntersuchungen zu Brustkrebs mittels herkömmlichen Abtasten der Brust und bei den anderen Frauen kam zusätzlich eine jährliche Mammografie hinzu. Von denen, die nur abgetastet wurden, waren nach 25 Jahren 505 Frauen gestorben. Aus der Gruppe derjenigen, die auch das jährliche Mammografie-Screening hatten, waren 500 Frauen gestorben. Wie die Wissenschaftler im „Britisch Medical Journal“ schrieben, wurde bei der Brustkrebs-Sterblichkeit zwischen Mammografie-Kontrollen und den Abtast-Kontrollen „keine Unterschiede beobachtet.“ Allerdings kam es bei den Screenings zu einer Überdiagnose von 22 Prozent. Bei diesen Frauen seien Behandlungen wie Bestrahlung, Chemotherapie oder Operationen unnötig gewesen.
Fehlbefunde führen zu unnötigen Behandlungen
Diese Studie ist für die Brustkrebs-Industrie alles andere als positiv, denn dadurch werden indirekt die regelmäßigen Screenings in Frage gestellt. Zumal eine Studie aus der Schweiz zu einem ähnlich ernüchternden Ergebnis gekommen ist. Das Fachgremium Swiss Medical Board veröffentlichte vor wenigen Monaten eine Bericht zum Thema „Systematisches Mammografie-Screening“. Für diesen Bericht waren bereits erhobene Daten neu geprüft worden. „Gemäss Studiendaten aus den Jahren 1963 bis 1991 sterben von 1.000 Frauen mit regelmässigem Screening 1 bis 2 Frauen weniger an Brustkrebs als bei 1.000 Frauen ohne regelmässiges Screening“, so die Autoren. Und ähnlich wie die kanadische Studie kommt der Schweizer Bericht zu dem Ergebnis, dass es zu viele Überdiagnosen gibt. So kommt es bei rund 100 von 1.000 Frauen mit Screening „zu Fehlbefunden, die zu weiteren Abklärungen und zum Teil unnötigen Behandlungen führen.“ Zudem ergebe sich dem Bericht zufolge ein „sehr ungünstiges Kosten-Wirksamkeits-Verhältnis.“
Positive Bilanz der Ärzte
Am Rande des Krebskongresses in Berlin vor wenigen Tagen zogen die Verantwortlichen gut acht Jahre nach dem Start des Mammografie-Screening-Programms hingegen ein positives Zwischenfazit. So würden in Deutschland immer mehr Brusttumore in einem prognostisch günstigen frühen Stadium entdeckt. Insgesamt entdeckten Ärzte im Jahr 2010, als 2,7 Millionen Frauen der Einladung zur Mammografie gefolgt waren, 17.501 Mammakarzinome. Eine Schwachstelle des Programms, für das alle in Deutschland lebenden Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre zur Mammografie eingeladen werden, ist jedoch noch immer die Teilnahmerate. So nehmen hierzulande nur etwas mehr als die Hälfte der eingeladenen Frauen (54 Prozent) das Angebot der Vorsorgeuntersuchung wahr. Erst kürzlich wurde berichtet, dass rund jede zweite Frau falsch oder nur unzureichend informiert ist, wenn es um Früherkennung oder Mammografie-Screening geht. So hatte der Gesundheitsmonitor der Barmer GEK und der Bertelsmann Stiftung gezeigt, dass 30 Prozent der Frauen glaubten, dass schon die Teilnahme am Mammografie-Screening verhindere, dass sie an Brustkrebs erkranken.
Etwa 80 Prozent der Frauen können therapiert werden
Den Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge wird jedes Jahr bei mehr als 70.000 Frauen hierzulande ein Brusttumor festgestellt. Etwa 17.000 Frauen sterben jährlich daran. Für dieses Jahr rechne das RKI mit mehr als 75.000 Neuerkrankungen. Etwa 80 Prozent der erkrankten Frauen können heute erfolgreich therapiert werden, so die Deutsche Gesellschaft für Senologie (DGS). Brustkrebs sei nicht mehr gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Dabei hänge sehr viel von einer frühen Diagnose ab. (sb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.