Darmflora wird durch Mangelernährung dauerhaft gestört
05.06.2014
Mangelernährung wirkt sich ein Leben lang auf die Darmflora aus. Zu diesem Ergebnis kamen US-amerikanische Wissenschaftler, die ihre Studie im Fachmagazin „Nature“ veröffentlichten. Demnach führen bestimmte Diäten nach der Mangelernährung zwar dazu, dass Kinder an Gewicht zunehmen, langfristig bleiben sie jedoch kleiner und leichter als ihre gesunden Altersgenossen.
40 Prozent der unter fünfjährigen Kinder in Bangladesch sind von Mangelernährung betroffen
Weltweit sind etwa zwei Milliarden Menschen von einer verdeckten Form der Mangelernährung, einem Vitamin- und Mineralstoffmangel, betroffen. Der gesundheitliche Schaden, der infolge des Fehlens bestimmter Stoffe verursacht wird, bleibt jedoch lebenslänglich bestehen. Das fanden Wissenschaftler um Jeffrey Gordon von der Washington University in St. Louis heraus. Demnach wird die Darmflora durch Mangelernährung so stark nachhaltig geschädigt, dass auch eine Ernährungsumstellung auf ausgewogene Kost keine langfristige Besserung im Darm bewirkt.
Den Forschern zufolge leiden rund vier Prozent der Kinder in Entwicklungsländern an schwerer Mangelernährung. Eine leichtere Form betrifft sogar 19 Prozent der Kinder. Im Rahmen ihrer Studie untersuchten die Forscher Kinder in Bangladesch, wo etwa 40 Prozent der unter Fünfjährigen mangelernährt sind. Da bereits bekannt war, dass sich Mangelernährung auf die im Darm lebenden Bakteriengemeinschaften auswirkt, konzentrierten sich die Wissenschaftler auf die Analyse der Darmflora, um etwas über die Langzeitfolgen von Nährstoffmangel zu erfahren. Einerseits beeinflusst die Ernährung die Zusammensetzung der Darmbakterien, andererseits beeinflussen die Mikroben den Abbau der Nährstoffe.
Umstellung auf gesunde Kost bewirkt nach Mangelernährung nur kurzzeitige Erholung der Darmflora
Zunächst wurden 50 gesunde Kinder jeden Monat während der ersten beiden Lebensjahre untersucht. Die Forscher erstellten dabei eine Rangliste mit 24 Bakteriengruppen, die in einer gesunden Darmflora von Kleinkindern zu finden sind. Hauptvertreter sind Bakterien der Arten Faecalibacterium prausnitzii und Lactobacillus ruminis sowie der Gattung Ruminococcus. Zudem wurden Untersuchungen der Darmflora bei 64 mangelernährten Kindern im Alter von sechs bis 20 Monaten durchgeführt. Die kleinen Patienten wurden in einem Krankenhaus in Dhaka mit Medikamenten, Nährstoffpräparaten wie Eisen und unterschiedlichen Diäten behandelt.
Um die Ernährungssituation zu beurteilen, verwendeten die Forscher den sogenannten WHZ-Wert (weight-to-height Z-score), der das von Gewicht und Größe angibt. Bei den Kindern mit Mangelernährung zeigte sich zwar, dass sie durch die Therapie rasch an Gewicht zunahmen, der WHZ-Wert blieb jedoch in den Folgemonaten unter dem gesunder Kinder. Sie waren leichter und kleiner als ihre Altersgenossen. Die Analyse der Darmflora offenbarte zudem, dass die Bakteriengesellschaften zunächst etwas vielfältiger wurde. Nach dem Behandlungsende nach vier Monaten kehrte sich dieser Effekt aber wieder um. Der Einfluss der Bakterien wurde auch durch Untersuchungen von 47 Kindern in Malawi bestätigt.
Wie die Forscher schreiben, müsse im nächsten Schritt geprüft werden, ob eine längerfristige Therapie die gesundheitliche Verfassung der Kleinkinder verbessere. Möglicherweise sei eine Diätform, die auf traditionellen Lebensmitteln beruhe, erfolgversprechender. Eine weiter Aufgabe bestehe darin, der Rolle der einzelnen Bakteriengesellschaften auf die Spur zu kommen.
Mangelernährung führt zu lebenslanger verstärkter Krankheitsanfälligkeit
Eine andere Studie von Forschern um Adam Hayward von der Universität Sheffield belegte im vergangenen Jahr, dass Mangelernährung in der Kindheit den Körper der Betroffenen ein Leben lang schwächt. Anhand von finnischen Kirchenregisterdaten aus den Jahren 1867 und 1868 – zu dieser Zeit grassierte in Finnland eine starke Hungersnot, der acht Prozent der Bevölkerung zum Opfer fielen – ermittelten die Forscher, dass diejenigen, die in ihrer Kindheit Hunger litten, als Erwachsene unter Überflussbedingungen häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus litten als Menschen, die niemals mangelernährt waren. (ag)
Bild: Sigrid Rossmann / pixelio.de
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