Mangelernährung bei Pflegebedürftigen könnte durch eine Diättherapie verhindert werden. Sie ist laut Bundessozialgericht zwar als Heilmittel eingestuft, wird aber nicht von den Krankenkassen bezahlt.
26.02.2013
Mit einem fundierten Artikel hat die Rheinische Post Mitte Februar auf eine aktuelle Studie der Bundesregierung verwiesen und die Mangelernährung bei Patienten in Deutschland angeprangert. In dieser Studie (ErnSiPP-Studie), die im Zusammenhang mit dem 12. Ernährungsbericht der Bundesregierung erstellt und vor Kurzem veröffentlicht wurde, ist erstmals die Situation von pflegbedürftigen Senioren in Privathaushalten genauer ins Visier genommen worden. Erschreckendes Ergebnis: Zwei von drei zu Hause versorgten Pflegebedürftigen sind offenbar mangelernährt. Ihr Anteil ist mit 13 Prozent doppelt so hoch wie im Rest der Bevölkerung. Darüber hinaus weisen weitere 57 Prozent ein hohes Risiko für Mangelernährung auf.
Sehr viele dieser Pflegebedürftigen leiden neben anderen Krankheiten unter Appetitlosigkeit, verringertem Hunger- und Durstgefühl sowie Kau- und Schluckbeschwerden. Sie meiden bestimmte Lebensmittel und ernähren sich dann immer einseitiger, bis sie schließlich unter deutlicher Mangelernährung leiden. Vor allem zu Hause Gepflegte weisen demnach ein problematisches Ernährungsverhalten auf.
Der Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband e. V. (VDD) kritisiert die Zahlen als skandalös und bewertet die Situation als dramatisch. Das werde zwar auch von politischer Seite erkannt, so VDD-Präsidentin Doris Steinkamp in einer Stellungnahme. Allerdings fehle nach wie vor der wirkliche Wille, an den Zuständen etwas zu ändern. Bislang werde nur an den Symptomen herumgedoktert, statt das Problem grundlegend anzugehen.
Möglichkeiten gäbe es, denn bereits im Jahre 2000 hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass die Diättherapie als Heilmittel einzustufen sei. Daraus müsste eigentlich resultieren, dass mangelernährte Patienten einen Anspruch auf eine fachgerechte Beratung und Begleitung haben, die auch von den Krankenkassen zu finanzieren wäre. Leider wird die Diättherapie den Patienten aber nach wie vor vorenthalten und nicht als Kassenleistung verordnet.
Ein weiteres Beispiel: Wenn das Schlucken ständig schmerzt, können zwar Logopäden mit Patienten arbeiten. Ein Diätassistent kann aber nicht als Ernährungsspezialist einbezogen werden, da die Diättherapie nicht verordnungsfähig ist. Der VDD fordert, Patienten müssten in die Lage versetzt werden, so lange wie möglich selbstständig essen zu können und ausreichend und ausgewogen versorgt zu werden.
„Die Expertise ist vorhanden, Diätassistenten sind eigens dafür ausgebildet und stehen als Experten bereit. Dennoch kommt es in unserem Land zu diesen unhaltbaren Zuständen der Mangelernährung, weil allein die Finanzierung nicht gesichert ist“, kritisiert Doris Steinkamp. Pflegedienste und Logopäden würden Diätassistenten gerne in die Behandlung der oft älteren und multimorbiden Patienten einbeziehen, scheiterten aber auch an der Finanzierung. Die VDD-Präsidentin fordert die Verantwortlichen endlich zu Veränderungen auf. (pm)
Bild: Gerd Altmann, Pixelio.de
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