Wie wirkt sich eine verminderte sexuelle Aktivität im Alter aus?
Ein Mangel an sexueller Aktivität bei älteren Erwachsenen ist mit einer schlechteren Gesundheit verbunden, einschließlich einem erhöhten Risiko für Krebs und die koronare Herzkrankheit.
Bei der aktuellen Untersuchung des University College London wurde festgestellt, dass fehlende sexuelle Aktivität bei älteren Menschen zu verschiedenen gesundheitliche Problemen und Krankheiten beiträgt. Die Ergebnisse der Studie wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Archives of Sexuel Behavior“ publiziert.
Mehr Krankheiten im erhöhten Alter
In den letzten Jahrzehnten hat die Lebenserwartung in Ländern mit hohem Einkommen erheblich zugenommen. Mit der steigenden Lebenserwartung wächst jedoch auch die Anzahl der Jahre, in denen gesundheitliche Probleme und Behinderungen auftreten. Die Forschenden wollten bei ihrer Untersuchung herausfinden, ob die sexuelle Aktivität ein Schlüsselverhalten darstellt, welches im gehobenen Alter die Gesundheit beeinflusst. Im Allgemeinen wird angenommen, dass Menschen mit zunehmendem Alter asexuell werden und das Interesse an Sex und die Fähigkeit zu sexuellem Verhalten abbauen. Daher ist es unerlässlich, festzustellen, ob sexuelle Aktivität einen allgemeinen Einfluss auf die Gesundheit hat, betonen die Forschenden.
Daten von mehr als 5.700 Menschen wurden ausgewertet
Um zu den Ergebnissen zu gelangen, nutzte das Forschungsteam die Daten aus einer englischen Längsschnittstudie zum Altern (ELSA) über einen Zeitraum von vier Jahren zwischen 2013 und 2017. Die Teilnehmenden waren dabei Männer und Frauen im Alter von 50 Jahren und älter, welche in England lebten. Die Forschenden wollten bei ihrer Arbeit die Gesundheit, den Lebensstil und die finanzielle Situation von Menschen mit zunehmendem Alter untersuchen. Insgesamt analysierten sie die Informationen von mehr als 5.700 Personen und stellten so fest, dass Männer im Alter ab 50 Jahren mit weniger Geschlechtsverkehr und sexueller Aktivität ein um zwei Drittel erhöhtes Risiko haben, an einer schweren Krankheit zu erkranken. Frauen, welche sexuell nicht sehr aktiv waren, hatten ein um 64 Prozent höheres Risiko für verschiedene Krankheiten. Es war jedoch kein deutlicher Anstieg des Risikos schwerer Erkrankung erkennbar, berichtet die Forschungsgruppe.
Bei Männern mit wenig sexueller Aktivität wurde dagegen ein um 63 Prozent höheres Risiko für Krebs und ein um 41 Prozent höheres Risiko für chronische Erkrankungen festgestellt. In Bezug auf die koronare Herzkrankheit hatten Männer, die von einer Abnahme des sexuellen Verlangens berichteten, eine um 33 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, verglichen mit Männern, die von einem stabilen oder erhöhten sexuellen Verlangen berichteten. Männer mit einer geringeren sexuellen Aktivität hatten ein um 47 Prozent erhöhtes Risiko für eine Verschlechterung ihrer Gesundheit. Litten die Männer unter Beeinträchtigungen ihrer Erektionsfähigkeit, hatten sie ein um 66 Prozent erhöhtes Risiko, erläutern die Forschenden weiter.
Welche Rolle spielen unsere Endorphine?
Ein Rückgang der Sexualität, einschließlich des Verlangens, der Aktivität und der Fähigkeit, eine Erektion zu haben, war mit Problemen in einem breiten Spektrum von Gesundheitsfaktoren verbunden. Die Häufigkeit von Geschlechtsverkehr und sexuellen Aktivitäten war sowohl für Männer als auch für Frauen mit einem Rückgang der selbst bewerteten Gesundheit verbunden, erläutern die Forschenden. Es gebe Mechanismen, welche das Phänomen erklären können. Der Körper setze beim Geschlechtsverkehr beispielsweise Endorphine frei, Opioide, welche als Neurotransmitter fungieren. Endorphine werden häufig auch als Glückshormone bezeichnet, weil sie in uns ein Glücksgefühl hervorrufen. Wenn der Endorphinspiegel im Körper erhöht ist, können dadurch zum Beispiel auch Krebszellen leichter abgetötet werden. Erhöhte Endorphinspiegel können mit einem geringeren Risiko für Krebs und andere Krankheitserreger wie Viren und Bakterien verbunden sein, erklärt das Team. Außerdem stelle sexuelle Betätigung eine körperliche Aktivität dar und könne deswegen durchaus als eine Art sportliche Übung angesehen werden.
Stärken der Untersuchung?
Dies ist die erste Studie, welche die Querschnitts- und Längsschnittassoziationen zwischen einer Abnahme der Sexualität (sexuelles Verlangen, Häufigkeit sexueller Aktivität und sexueller Funktion) und Gesundheitsproblemen in einer großen repräsentativen Stichprobe älterer Erwachsener untersuchte. Zu den Stärken der Studie zählen die Größe der repräsentativen Stichprobe von älteren Erwachsenen in England und die Anpassung an eine Reihe von soziodemografischen und gesundheitsbezogenen Störfaktoren, erklären die Forschenden. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Sarah E. Jackson, Lin Yang, Ai Koyanagi, Brendon Stubbs, Nicola Veronese, Lee Smith: Declines in Sexual Activity and Function Predict Incident Health Problems in Older Adults: Prospective Findings from the English Longitudinal Study of Ageing, in Archives of Sexuel Behavior (Abfrage: 02.09.2019), Archives of Sexuel Behavior
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.