Erhöht das Rauchen von Marihuana die Fruchtbarkeit bei Männern?
Mediziner fanden jetzt heraus, dass das Rauchen von Cannabis mit einer verbesserten Fruchtbarkeit bei Männern in Verbindung gebracht werden kann. Diese Wirkung scheint auch weiterzubestehen, wenn Betroffene den Konsum bereits längere Zeit eingestellt haben.
Die Wissenschaftler der international anerkannten Harvard University stellten bei ihrer aktuellen Untersuchung fest, dass das Rauchen von Cannabis in Verbindung mit einer verbesserten Fruchtbarkeit bei Männern zu stehen scheint. Die Forschenden veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in dem englischsprachigen Fachblatt „Human Reproduction“.
Was haben die festgestellten Ergebnisse mit Testosteron zu tun?
Die Mediziner untersuchten für ihre Studie die Spermienzahl von mehr als 600 Männern, welche eine Fruchtbarkeitsklinik besucht haben. Die Experten erwarteten eigentlich, dass Cannabis die Spermienzahl und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen würde. Stattdessen hatten die Teilnehmenden, die zugaben, jemals die Droge zu sich genommen zu haben, höhere Spermienzahlen als Nichtkonsumenten. Diese Feststellung bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Rauchen von Cannabis die Vaterschaftschancen erhöht, sagen die Forschenden. Die Wissenschaftler weisen allerdings darauf hin, dass die Assoziation möglicherweise keine Ursache-Wirkungs-Beziehung aufweist, sondern den Einfluss des männlichen Hormons Testosteron sowohl auf die Spermienzahl als auch auf das Risikoverhalten, wie beispielsweise das Rauchen von Cannabis widerspiegelt.
Weitere Forschung ist nötig
Diese unerwarteten Ergebnisse unterstreichen, wie wenig über die Folgen der reproduktiven Auswirkungen von Marihuana und tatsächlich über die gesundheitlichen Auswirkungen von Marihuana im Allgemeinen bekannt ist, erklärt der Studienautor Dr. Jorge Chavarro von der Harvard TH Chan School of Public Health in Boston in einer Pressemitteilung. Die Ergebnisse sollten allerdings mit Vorsicht interpretiert werden. Sie unterstreichen die Notwendigkeit, die gesundheitlichen Auswirkungen des Marihuana-Konsums weiter zu untersuchen.
Proben von 662 Probanden wurden untersucht
Für ihre neue Studie untersuchten die Mediziner zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2017 insgesamt 1.143 Samenproben von 662 Männern. Im Durchschnitt waren die Probanden 36 Jahre alt, überwiegend weiß und hatten einen College-Abschluss. Alle Männer lebten in einer Partnerschaft und suchten die Hilfe einer Fruchtbarkeitsklinik zur Verbesserung der Empfängnis oder Fruchtbarkeit. Die Teilnehmenden wurden gebeten verschiedene Fragebögen auszufüllen, in denen auch nach ihrer Vorgeschichte des Konsums von Cannabis gefragt wurde, sagen die Wissenschaftler.
Über die Hälfte der Probanden hatte schon einmal Cannabis geraucht
Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Männer gab an, irgendwann im Laufe des Lebens Cannabis geraucht zu haben. 44 Prozent der Befragten erklärten, dass sie in der Vergangenheit Cannabis genommen hatten, elf Prozent waren aktuelle Konsumenten. Die Analyse der Samenproben ergab, dass Männer, welche Marihuana geraucht hatten, durchschnittliche Spermienkonzentrationen von 62,7 Millionen Spermien pro Milliliter (Millionen/ml) aufwiesen. Wenn die Probanden noch nie Cannabis geraucht hatten, lag die durchschnittliche Konzentrationen dagegen bei nur 45,4 Millionen/mL, erklären die Autoren der Studie. Nur fünf Prozent der Cannabiskonsumenten hatten Werte von unter 15 Millionen Spermien pro Milliliter, dem Wert, den die WHO als normal betrachtet. Wenn Männer noch nie Cannabis geraucht hatten, lagen niedrige Werte hier bei zwölf Prozent. Darüber hinaus war ein stärkerer Cannabiskonsum mit einem erhöhten Wert des männlichen Hormons Testosteron bei Rauchern von Cannabis verbunden.
Mögliche Erklärungen für die festgestellte Verbindung?
Es ist möglich, dass eine niedrige Cannabis-Exposition die Spermienproduktion in gewisser Weise fördert, mutmaßen die Experten. Es ist bekannt, dass das chemische Botenstoffsystem Endocannabinoid im Gehirn, auf das Cannabis abzielt, eine Rolle bei der Regulierung der Fruchtbarkeit spielt, fügen die Mediziner hinzu. Eine ebenso plausible Interpretation ist, dass die Ergebnisse die Tatsache widerspiegeln könnten, dass Männer mit einem erhöhten Testosteronspiegel eher risikofreudig sind, dies könnte auch den Konsum von Marihuana umfassen, sagt Studienautorin Dr. Feiby Nassan. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.