Masern: Vierjährige Aliana kämpft um ihr Leben
02.11.2014
Ärzte weisen darauf hin, dass Frauen unbedingt prüfen sollten, ob sie ausreichend gegen Masern geimpft sind, bevor sie schwanger werden. Andernfalls drohen gesundheitliche Gefahren für das Kind. Manche Menschen in Deutschland haben jedoch Vorbehalte gegen die Masernimpfung. Eine Vierjährige kämpft derzeit möglicherweise aufgrund einer fehlenden Impfung um ihr Leben.
Frauen sollen sich vor einer Schwangerschaft impfen lassen
Anfang des Jahres war bekannt gegeben worden, dass nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zahl der Masern-Todesfälle weltweit stark gesunken ist, die gefährliche Infektionskrankheit aber eine Bedrohung bleibe. Nun weist der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa darauf hin, dass Frauen unbedingt überprüfen sollten, ob sie ausreichend gegen Masern geimpft sind, bevor sie schwanger werden.
Neugeborenes durch Impfschutz der Mutter geschützt
Den Angaben zufolge sei insbesondere bei in den 1970er und 1980er Jahren geborenen Frauen zum Teil nur unzureichend geimpft worden. „Wer nicht zweimal gegen Masern geimpft wurde, sollte dies dringend nachholen“, erklärte Verbandssprecher Ulrich Fegeler. Dabei seien auch Frauenärzte gefordert, die ihre Patientinnen frühzeitig aufklären und den Impfstatus klären sollten. Ein Neugeborenes ist nur durch eine Mutter mit Impfschutz in den ersten Monaten gegen die hochansteckende Krankheit geschützt. Da es sich um einen Lebendimpfstoff handelt, sei eine Impfung während der Schwangerschaft nicht mehr möglich.
Gehirnentzündung nach Maserninfektion verläuft immer tödlich
Bei einer Masernerkrankung kommt es neben den typischen roten Hautflecken anfangs meist zu Fieber, einer Bindehautentzündung sowie zu Schnupfen und Husten. Das Immunsystem ist meist wochenlang geschwächt und dadurch kann die Erkrankung auch zu einer Lungenentzündung, Mittelohrentzündung und Durchfall führen, manchmal auch zu einer Gehirnentzündung. So wie im Fall der vierjährigen Aliana. Das Mädchen hat die chronische Maserngehirnentzündung SSPE, die eine Spätfolge einer Maserninfektion ist und immer tödlich verläuft.
Die vierjährige Aliana wird sterben
Die Vierjährige wird sterben. Der Bad Hersfelder Kinderarzt Georg J. Witte, der das kleine Mädchen betreut, sagte: „Der Verfall ist erschreckend rasant. Das Kind wird das Jahresende möglicherweise nicht mehr erleben.“ Ihrer Mutter Mirella Kunzmann zufolge war Aliana „ein fröhliches Kind“, das viel herum sprang und lachte. Doch mit vier Jahren nickt die Kleine plötzlich öfter beim Essen mit dem Kopf weg, Sekundenschlaf nennt es ihre Mutter. Dann wird Aliana vergesslich und fällt immer häufiger hin, bevor schließlich die Diagnose gestellt wird.
Dunkelziffer der Infektionen könnte höher liegen
Den Angaben des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte zufolge besteht in einem von 150 bis 300 Fällen bei Säuglingen das Risiko, dass nach Masern später diese tödliche Spätkomplikation auftritt. 2013 haben sich laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) bundesweit 86 Säuglinge mit Masern angesteckt, 19 bislang in diesem Jahr. Die Dunkelziffer könnte jedoch höher sein, da die Krankheit nicht immer erkannt wird. Aliana kann mittlerweile weder stehen noch sitzen, spricht nicht mehr und wird über eine Sonde ernährt. „Wir wussten nicht, dass Masern so gefährlich sein können“, so Kunzmann.
Möglicherweise wäre dem Mädchen durch mütterlichen Impfschutz nichts passiert
Möglicherweise wäre der Tochter nichts passiert, wenn die nun 27-jährige Mutter selbst Masern gehabt hätte oder geimpft gewesen wäre. In ihrer Altersklasse fielen viele durchs Raster, da in den 70ern und 80ern teilweise nur unzureichend oder gar nicht geimpft wurde, da die Masern-Infektionen deutlich zurückgegangen waren. Den sogenannten Nestschutz, der das Neugeborene in den ersten Lebensmonaten schützt, können Kinder nur von Müttern mit Antikörpern erhalten. Kinder werden normalerweise ab dem elften Lebensmonat geimpft. Offenbar hatte Aliana unbemerkt mit drei Monaten die Masern bekommen. Um aufzuklären und anderen Betroffenen zu helfen, haben ihre Eltern nun die Facebook-Seite „SSPE-ALIANA kämpft um ihr Leben“ eröffnet.
Kinderarzt widerspricht Impfkritikern
Doch es gibt auch Vorbehalte gegen die Masernimpfung. „Ich bin von der Masern-Impfung nicht überzeugt“, so der umstrittene Impfgegner Hans Tolzin. Er meint, dass die Zahl der Masern-Infektionen bereits vor Beginn der Impfungen deutlich zurückgegangen sei und es Alternativen gebe. Andere Kritiker verweisen oft auf die möglichen Nebenwirkungen, die nach einer Impfung auftreten können, wie etwa Fieber, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Rötungen, Schmerzen und Schwellungen bei der Einstichstelle. Außerdem sei das Risiko einer Impfung nicht kalkulierbar. Der Kinderarzt Witte widerspricht dem: „Ich betreibe die Praxis seit 1983. Nebenwirkungen bei Impfungen kennen wir eigentlich nicht. Man sollte keine Angst haben, die Impfung zu machen.“
Dringend zur Impfung geraten
Auch Alianas Mutter fordert alle auf, sich und die Kinder impfen zu lassen. „Ich kann nicht verstehen, dass es Frauen gibt, die sich gegen eine Impfung entscheiden, denn sie gefährden nicht nur ihre, sondern auch unsere Kinder“, so Frau Kunzmann. Dringend zur Impfung rät auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Dadurch werden nicht nur die Einzelnen wie Familienangehörige, sondern indirekt auch Säuglinge, die noch nicht geimpft werden können, geschützt. Ungeimpfte Mütter, die wissen, dass sie ihren Kindern keinen Nestschutz mitgegeben haben, sollen nach Wittes Rat nur geimpfte Familienmitglieder an das Kind lassen und unbedingt größere Menschenansammlungen meiden. Dadurch könnten Leben gerettet werden – das von Aliana allerdings nicht mehr. (ad)
Bild: Martin Jäger / pixelio.de
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