Länger wirksames Präparat erleichtert Therapie von Multipler Sklerose
05.05.2014
Zehntausende Menschen in Deutschland leiden an Multipler Sklerose (MS). Die unheilbare neurologische Erkrankung wird vor allem mit dem Wirkstoff Beta-Interferon behandelt. Eine verbesserte Version des Medikaments könnte künftig die Therapie erleichtern.
Neue Version eines alten Medikaments
In Zukunft könnte eine neue Version eines alten Medikaments gegen Multiple Sklerose (MS) Patienten die Therapie deutlich erleichtern. Statt wie bislang durchschnittlich alle zwei Tage, müssten sie sich das veränderte Interferon nur noch alle zwei Wochen spritzen. Wie ein internationales Team um Peter Calabresi von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore (US-Bundesstaat Maryland) laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa im Fachblatt „The Lancet Neurology“ schreibt, bewährte sich der Arzneistoff Peginterferon in einer Zulassungsstudie.
Mehr als 180.000 Menschen von MS betroffen
Bei der unheilbaren neurologischen Erkrankung MS greift das Immunsystem die Myelinhüllen an, welche die Nervenfasern des Zentralen Nervensystems umhüllen. Dies kann beispielsweise Bewegungs- oder Sehstörungen verursachen. In Deutschland seien mehr als 180.000 Menschen betroffen. Bis heute ist das in den 1990er-Jahren eingeführte Beta-Interferon das führende Mittel in der MS-Therapie. Es soll das Immunsystem hemmen. Viele Patienten leiden jedoch nach den Injektionen unter grippeartigen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Muskelschmerzen oder Fieber. Zahlreiche Menschen würden dadurch von der Therapie abgehalten werden.
Patienten das Leben erleichtern
Der Zusatz Polyethylenglycol (PEG) verlängert nun bei dem neuen Präparat die Wirkdauer im Körper. Je ein Drittel der Teilnehmenden erhielt das Mittel im Abstand von zwei beziehungsweise vier Wochen und die übrigen bekamen ein Scheinpräparat. Bei zweiwöchiger Gabe senkte Peginterferon die Zahl der Krankheitsschübe im Vergleich zum Placebo um rund 36 Prozent. Zudem lag die Zahl neuer Nervenschädigungen um 67 Prozent niedriger und das Fortschreiten von Behinderungen um 38 Prozent. Außerdem entwickelten weniger als ein Prozent der Patienten Antikörper, welche die Arzneiwirkung schwächen. Bei konventionellem Beta-Interferon sind es hingegen etwa 20 Prozent. Knapp die Hälfte der Probanden berichtete von grippeartigen Nebenwirkungen. Zum großen Teil deckten sich diese Ergebnisse mit Studienresultaten zu herkömmlichem Beta-Interferon. „Die Daten sind sehr, sehr deutlich“, meinte Calabresi. „Wir können unseren Patienten das Leben erleichtern ohne gefährliche Nebenwirkungen, einfach indem wir ein 20 Jahre altes Medikament optimieren.“
Experte rechnet mit Zulassung des Medikaments bis zum Jahreswechsel
Wie Professor Ralf Gold von der Neurologischen Klinik der Universität Bochum glaubt, komme Peginterferon für jene bundesweit rund 30.000 Patienten infrage, die bislang Beta-Interferon bekommen. Dem Neurologen zufolge könnte sich für sie die Einnahme deutlich vereinfachen. „Aber wer bisher Nebenwirkungen hatte, der wird sie auch weiterhin behalten.“ Professor Gold rechne damit, dass Peginterferon in Europa bis zum Jahreswechsel zugelassen werde. Ungeklärt sind noch immer die genauen Ursachen, die zu MS führen können. Auch wenn eindeutige wissenschaftliche Belege noch fehlen, deuten jedoch vorliegende Befunde auf eine multifaktorielle Krankheitsentstehung mit Beteiligung von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen hin. (sb)
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