Skandal um Diabetes-Mittel Mediator – Mehrere französische Gesundheitsbehörden durchsucht
19.10.2012
Im Zuges des Skandals um das Diabetes-Medikament Mediator, das für den Tod von bis zu 2.000 Patienten verantwortlich sein soll, wurden am Donnerstagvormittag mehrere französische Gesundheitsbehörden durchsucht. Bereits lange vor dem Verbot sollen hier Informationen über die Nebenwirkungen des Präparats vorgelegen haben.
Der zweitgrößte französische Pharmakonzern Servier hat von 1976 bis 2009 das Diabetes-Mittel Mediator verkauft. Aufgrund der Einnahme mussten den offiziellen Angaben zufolge in den vergangenen 30 Jahren rund 3.500 Menschen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Zwischen 500 und 2.000 Patienten sollen in Folge der Anwendung von Mediator verstorben sein. Die französischen Gesundheitsbehörden hatten das Medikament, das in Deutschland nie eine Zulassung erhielt, wegen offensichtlicher Gesundheitsrisiken im Jahr 2009 vom Markt genommen. Schnell kamen Vorwürfe auf, dass den Behörden die Probleme eigentlich schon seit den 1990er Jahren bekannt gewesen seien. Diesem Vorwurf geht auch die französische Justiz nach und hat daher eine Durchsuchung mehrerer Gesundheitsbehörden angeordnet.
Wurden schwere Gesundheitsschäden bei den Patienten in Kauf genommen?
Circa fünf Millionen Patienten sollen in den vergangenen Jahrzehnten Mediator eingenommen haben. Dabei wurde das Diabetes-Medikament auch vermehrt gegen Übergewicht eingesetzt, da der enthaltene Wirkstoff Benfluorex den Appetit zügelt. Allerdings verursacht der Wirkstoff auch erhebliche Nebenwirkungen, wobei besonders häufig eine potenziell lebensbedrohliche Verdickung der Herzklappen zu verzeichnen war. Im vergangenen Jahr reichten zahlreiche Betroffene Klage gegen den Pharmakonzern Servier ein, da dieser die schwerwiegende gesundheitliche Schädigung der Kunden in Kauf genommen habe, so der Vorwurf der Anklage. Die Opfer sind der Überzeugung, dass Servier die gefährlichen Nebenwirkungen des Diabetes-Medikamentes kannte. Im Mai 2012 wurde vor dem Strafgericht in Nanterre bei Paris der Prozess gegen den Chef des Pharmakonzerns, den 90-jährigen Jacques Servier, und vier frühere Führungskräfte eröffnet.
Französische Gesundheitsbehörden im Visier der Justiz
Nun geraten jedoch auch die französischen Gesundheitsbehörden zunehmend ins Visier der Ermittler. Bei verschiedenen staatlichen Stellen sollen die Gesundheitsrisiken durch Mediator bereits seit den 1990er Jahren bekannt gewesen sein. Trotzdem folgte das Verbot erst im Jahr 2009. Der Leiter der französischen Agentur für die Sicherheit von Gesundheitsprodukten (Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé; Afssaps) musste aus diesem Grund bereits seinen Posten räumen. Bestätigen die aktuellen Durchsuchungen bei den französischen Behörden den Verdacht, so haben auch die staatlichen Stellen grob fahrlässig das Leben der Patienten riskiert. Kritiker vermuten, dass hier allein die Interessen des französischen Labors Servier geschützt werden sollten. (fp)
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Anklage: 50016351a2cc0b08c03h Diabetes-Medikament
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