KI-Antworten hochwertiger und einfühlsamer als ärztliche Beratung
ChatGTP ist auch für medizinische Beratungen nutzbar und kann hier sogar bessere Antworten liefern als Ärztinnen und Ärzte. Eine Anwendung im medizinischen Alltag scheint demnach durchaus vielversprechend.
In einer aktuellen Studie unter der Leitung von Dr. John W. Ayers von der University of California, San Diego wurde untersucht, ob ChatGTP sinnvoll zur medizinischen Beratung eingesetzt werden kann und wie der Chatbot im Vergleich zu Ärztinnen und Ärzten abschneidet. Die Studienergebnisse sind in der Fachzeitschrift „JAMA Internal Medicine“ veröffentlicht.
Wie hilfreich ist ChatGTP in der Medizin?
Wie künstliche Intelligenz die Welt in allen Lebensbereichen verändern kann, wird aktuell vor allem anhand des Beispiels von ChatGTP diskutiert, einem Chatbot, der auf Basis von maschinellem Lernen umfängliche Antworten zu fast jedem Thema liefert – bisher allerdings nicht selten fehlerhaft.
Bei medizinischen Fragen könnten fehlerhafte Antworten der KI – ebenso wie falsche Antworten von Ärztinnen und Ärzten – dramatische Folgen haben. Daher hat das Forschungsteam nun die Qualität der Antworten von ChatGPT im Vergleich zu den Antworten von Ärztinnen und Ärzten bewertet.
Die Fragestellungen kamen aus dem öffentlichen Social-Media-Forum „AskDocs“ von Reddit, in dem ca. 452.000 Mitglieder medizinische Fragen stellen können, auf die sie verifizierte Antworten erhalten.
Zwar kann jeder auf eine Frage beantworten, die Moderatoren überprüfen jedoch die Referenzen der medizinischen Fachkräfte, und die Antworten zeigen das Niveau der Referenzen des Befragten an, erläutert das Forschungsteam.
KI-Antworten und ärztliche Antworten verglichen
So liefert das Forum vielfältige medizinische Fragen und die dazugehörigen Antworten von zugelassenen medizinischen Fachleuten. Nach dem Zufallsprinzip haben die Forschenden 195 solcher Austauschvorgänge ausgewählt, bei denen verifizierte Ärztinnen und Ärzte auf eine öffentliche Frage antworteten. Die gleiche ursprüngliche Frage wurde dann an ChatGPT gerichtet.
Die KI-Antworten und die ärztlichen Antworten hat einem Gremium aus drei zugelassenen Fachleuten des Gesundheitswesens analysiert, wobei sie nicht wussten, ob die Antwort von ChatGPT oder Ärztinnen und Ärzten stammte. Anhand der Informationsqualität und des Einfühlungsvermögens wurden die Antworten bewertet und die Fachleute sollten angeben, welche Antwort sie bevorzugen.
ChatGPT mit dem besseren Ergebnis
Das überraschende Ergebnis: In 79 Prozent der Fälle bevorzugte das Gremium der medizinischen Fachleute die ChatGPT-Antworten gegenüber den Antworten der Ärztinnen und Ärzte aus dem Forum. Denn die Qualität und Einfühlsamkeit der ChatGPT-Antworten war laut dem Forschungsteam deutlich höher als bei den ärztlichen Antworten.
Das Gremium habe den Informationsgehalt bei ChatGPT 3,6 Mal höher bewertet und die Antworten auch als wesentlich einfühlsamer eingestuft (9,8 Mal höher als bei Ärztinnen und Ärzten), berichten die Forschenden.
„ChatGPT-Nachrichten enthielten nuancierte und genaue Informationen, die oft mehr Aspekte der Patientenfragen ansprachen als die Antworten von Ärzten“, so die Studienautorin Jessica Kelley in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen.
Dass ChatGPT durchaus eine medizinische Zulassungsprüfung bestehen könnte, war schon vorher bekannt, „aber die direkte Beantwortung von Patientenfragen mit Genauigkeit und Einfühlungsvermögen ist etwas ganz anderes“, ergänzt Studienautor Professor Dr. Davey Smith.
„Unsere Studie ist eine der ersten, die zeigt, wie KI-Assistenten potenziell reale Probleme in der Gesundheitsversorgung lösen können“, so Dr. Christopher Longhurst, Chief Medical Officer und Chief Digital Officer bei UC San Diego Health weiter.
KI zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung
Es sei deutlich geworden, dass Instrumente wie ChatGPT effizient hochwertige, personalisierte medizinische Ratschläge zur Überprüfung durch Kliniker erstellen können. „Die Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung durch KI sind enorm“, betont Dr. Ayers.
Die KI werde Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen, aber die Nutzung von ChatGPT könne zu einer besseren und einfühlsameren Versorgung beitragen. KI-unterstützte Versorgung sei die Zukunft der Medizin.
Die steigende Akzeptanz der virtuellen Gesundheitsversorgung habe auch dazu geführt, dass Ärztinnen und Ärzte heute eine Flut von elektronischen Patientennachrichten erhalten, in denen sie um medizinischen Rat gebeten werden. Die Beantwortung bindet bisher erhebliche Kapazitäten, könnte allerdings in Zukunft möglicherweise KI-gestützt erfolgen.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich das sagen würde, aber ChatGPT ist ein Werkzeug, das ich meinem (elektronischen) Posteingang haben möchte. Das Tool wird die Art und Weise, wie ich meine Patienten unterstütze, verändern“, resümiert Studienautor Professor Dr. Aaron Goodman von der UC San Diego School of Medicine. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- John W. Ayers, Adam Poliak, Mark Dredze, Eric C. Leas, Zechariah Zhu, Jessica B. Kelley, Dennis J. Faix, Aaron M. Goodman, Christopher A. Longhurst, Michael Hogarth, Davey M. Smith: Comparing Physician and Artificial Intelligence Chatbot Responses to Patient Questions Posted to a Public Social Media Forum; in: JAMA Internal Medicine (veröffentlicht 28.04.2023), jamanetwork.com
- University of California: Study Finds ChatGPT Outperforms Physicians in High-Quality, Empathetic Answers to Patient Questions (veröffentlicht 28.04.2023), ucsd.edu
Wichtiger Hinweis:
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