Mehr Kinder und Jugendliche wegen Depressionen in Klinik
04.03.2014
Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland müssen wegen Depressionen in einer Klinik behandelt werden. In Hamburg ist deswegen die Zahl der stationären Behandlung bei den 10- bis 19-Jährigen innerhalb von zwölf Jahren fast um das Achtfache gestiegen. Dies teilte die Krankenkasse DAK-Gesundheit mit.
Zahl um das Achtfache gestiegen
In Deutschland müssen immer mehr Kinder und Jugendliche wegen einer Depression in einer Klinik behandelt werden. Typische Symptome, die bei ihnen auftreten, sind Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwächen, mangelndes Selbstvertrauen oder psychosomatische Probleme, wie etwa Schlafstörungen. In Hamburg ist die Erkrankung für immer mehr junge Menschen so gravierend, dass eine ambulante Behandlung nicht mehr ausreicht und sie in Kliniken stationär behandelt werden müssen. So stieg die Zahl der stationären Behandlungen in der Hansestadt bei den 10- bis 19-Jährigen innerhalb von zwölf Jahren fast um das Achtfache. Dies teilte die Krankenkasse DAK-Gesundheit am Montag unter Hinweis auf Zahlen des Statistischen Bundesamts für die Jahre 2000 bis 2012 mit. Demnach stieg die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die von Hamburgs Krankenhäusern aufgenommen wurden, von 61 im Jahr 2000 auf 474 im Jahr 2012.
Zwei Drittel der Betroffenen sind Mädchen und junge Frauen
Diese Steigerung fiel deutlich höher aus, als im bundesweiten Durchschnitt, bei dem sich die Zahlen im gleichen Zeitraum von 2.145 auf 12.567 fast versechsfacht hatten. Die Statistik zeige zudem, dass auch der Anteil der stationären Behandlungen in Hamburg im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt zugenommen hat, von 1,8 Prozent im Jahr 2000 auf 3,8 Prozent 2012. Insbesondere seit 2009 ist sowohl in der Hansestadt als auch im bundesdeutschen Durchschnitt die Zahl der behandelten Fälle deutlich angestiegen. In Hamburg als auch im gesamten Bundesgebiet sind Mädchen viel häufiger von dieser Erkrankung betroffen als Jungen. Etwa zwei Drittel der Patienten sind Mädchen und junge Frauen.
Leistungsdruck und Unsicherheit über Zukunftsperspektiven
Laut dem „Hamburger Abendblatt“ sieht der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Eppendorf, Prof. Michael Schulte-Markwort, einen der Gründe für die Steigerung in der Zunahme der Erschöpfungsdepression aufgrund eines Burnouts. Diese Situation entstehe durch Leistungsdruck bei gleichzeitig zunehmender Unsicherheit über die Zukunftsperspektiven. Auch wenn mehr Mädchen als Jungen betroffen sein, vermutet der Kinderpsychiater bei den Jungen einen künftig wahrscheinlich zunehmenden Anteil. Seiner Meinung nach liege es vor allem an dem zunehmenden Schweregrad der Erkrankung, dass immer mehr Jugendliche mit einer Depression in die Klinik müssen.
Höhere Sensibilität in der Bevölkerung
Die steigenden Zahlen werden von der DAK-Gesundheit jedoch auch als ein Zeichen einer Enttabuisierung gewertet, die es Betroffenen leichter mache, über die Erkrankung zu sprechen. So sagte die Hamburger DAK-Chefin Regina Schulz: „Heute ist es kein Makel mehr, wenn jemand an einer Depression erkrankt.“ Zudem würden Anzeichen für eine depressive Störung viel eher erkannt. Mittlerweile gebe es außerdem für psychische Erkrankungen eine höhere Sensibilität in der Bevölkerung. Allerdings meinen Experten, dass Depressionen im Kindes- und Jugendalter immer noch übersehen werden. Das sieht auch die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie ähnlich, die zu dem Schluss kommt, dass die meisten depressiven Kinder und Jugendlichen gar nicht oder ambulant behandelt werden. Die Fachgesellschaft schätzt auch die zunehmende Zahl der Klinikaufenthalte im Vergleich zur Häufigkeit der Erkrankung eher noch als gering ein und betrachtet sie vor allem als Ausdruck einer verbesserten Diagnostik.
Depressionen sind heute gut behandelbar
In diesem Bereich sieht laut „Hamburger Abendblatt“ auch Kinderpsychiater Schulte-Markwort eine Verbesserung: „Wir diagnostizieren die schwere Form der Depression heute zu einem früheren Zeitpunkt.“ In der Vergangenheit sei die Diagnose bei Betroffenen oft erst Jahre später im Erwachsenenalter gestellt worden. Falls Kinder Symptome einer Depression zeigen, sollte sich niemand scheuen, einen Spezialisten aufzusuchen. Depressionen sind heute gut behandelbar und grundsätzlich sinke bei einer frühen Behandlung die Gefahr, dass die Erkrankung einen chronischen Verlauf nimmt. Zudem sei die Prognose umso besser, je eher die Therapie beginnt. „Je nach Schweregrad werden zur Behandlung eine Psychotherapie und Medikamente, sogenannte Antidepressiva, eingesetzt“, so Schulte-Markwort. Den Angaben der DAK zufolge könnten Depressionen üblicherweise ambulant behandelt werden. Bei gravierenden Anzeichen wie Suizidgefahr sei jedoch eine stationäre Behandlung notwendig. (sb)
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