Neue Analyse zeigt starkes Ost-West-Gefälle bei Diabetes-Erkrankungen
Immer mehr Menschen sind hierzulande von Diabetes betroffen. Das zeigt eine neue Analyse für den Versorgungsatlas des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI). Demnach haben mittlerweile fast 10 Prozent der Bürger die so genannte Zuckerkrankheit – bisherige Schätzungen waren von etwa sieben bis neun Prozent Diabetikern ausgegangen. Männer und Menschen in den neuen Bundesländern sind dabei besonders häufig betroffen.
Werte übertreffen bisherige Schätzungen
Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, bei der das Hormon für die Regulierung des Blutzuckers (Insulin) nicht mehr produziert oder nicht mehr richtig vom Körper verarbeitet werden kann. Die auch als „Zuckerkrankheit“ bezeichnete Erkrankung betrifft immer mehr Menschen – sowohl in Deutschland als auch weltweit. Wie eine aktuelle Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) zeigt, leidet hierzulande mittlerweile fast jeder Zehnte an der Krankheit. Bislang bestand die Annahme, dass der Anteil an Diabetikern bei ca. 7 bis 9 Prozent liege, so die Mitteilung des ZI.
Anteil knapp ein Prozent höher als vor sechs Jahren
In der neuen Studie für den Versorgungsatlas des ZI wurden demnach auf Basis der bundesweiten Abrechnungsdaten der Vertragsärzte die Häufigkeit der Neuerkrankungen für die Jahre 2009 bis 2015 sowie die regionalen Unterschiede in der Prävalenz ausgewertet. Insgesamt flossen somit die anonymisierten Daten von 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherten in die Analyse ein.
Es zeigte sich, dass der Anteil an Diabetikern insgesamt von 8,9 Prozent im Jahr 2009 auf 9,8 Prozent in 2015 gestiegen ist und damit immer höher wird. Diese Entwicklung gehe dem Institut zufolge in erster Linie auf einen Anstieg des Diabetes Typ 2 von 8,5 Prozent auf 9,5 Prozent zurück. Die Häufigkeit des Typ 1 sei hingegen zwischen 2009 und 2015 von 0,33 Prozent auf 0,28 Prozent leicht gesunken.
Für den Anstieg beim Typ 2 sei den Wissenschaftlern nach neben dem steigenden Anteil älterer Menschen vermutlich die eher ungünstige Lebensweise vieler Menschen verantwortlich. Denn dieser entwickelt sich meist im höheren Alter und wird durch ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht und Rauchen begünstigt.
Männer erkranken öfter als Frauen
Auffällig sei zum einen, dass die Häufigkeit von Neuerkrankungen (Inzidenz) bei den Männern in fast allen Altersgruppen deutlich höher ist als bei den Frauen, teilt das ZI mit. Noch deutlicher waren die Unterschiede im Hinblick auf die regionale Verteilung: Während der Anteil an Diabetikern in den östlichen Bundesländern insgesamt bei 11,8 Prozent liegt, sind im Westen „nur“ 9,2 Prozent der Bürger betroffen.
Auf Kreisebene wurden diese Unterschiede besonders klar erkennbar: So leben im Kreis Starnberg bei München, die zu den wohlhabendsten bundesweit zählt, mit 6,5 Prozent die wenigsten Diabetiker. Die strukturschwache Prignitzer Region im Nordwesten Brandenburg kommt hingegen mit einem mehr als doppelt so hohen Anteil von 14,2 Prozent auf die meisten Patienten mit Diabetes. Überdurchschnittlich viele Betroffene leben den Experten zufolge aber auch im Saarland (10,8 Prozent) und in Berlin (10,4 Prozent). Die niedrigsten Anteile wurden in Schleswig-Holstein (8,3 Prozent), Baden-Württemberg (8,53 Prozent) und Hamburg (8,54 Prozent) gemessen.
Politik sollte regionale Unterschiede berücksichtigen
Gründe, warum im Osten mehr Menschen an Diabetes erkranken, könnten die im Mittel geringeren Einkommen und die höheren Arbeitslosenzahlen sein, erklärte Goffrier im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“. Denn ein niedriger sozialer Status gehe häufig mit einer weniger ausgeprägten Gesundheitsbildung einher. Eine weitere mögliche Erklärung könnten demnach bestimmte regionale Ernährungsgewohnheiten sein.
„Aufgrund der prognostizierten demografischen Entwicklung müssen wir davon ausgehen, dass in Zukunft die Krankheitslast durch Diabetes mellitus weiter zunehmen wird“, so der Erstautor der Studie, Benjamin Goffrier, laut der Mitteilung. Auf Empfehlung des Leiters des Versorgungsatlas, Dr. Jörg Bätzing-Feigenbaum, sollten die Verantwortlichen in der Gesundheitspolitik die Ost-West-Differenzen nicht vernachlässigen: „Bei der Entwicklung von Präventionsprogrammen und Versorgungsstrukturen sollten die regionalen Unterschiede berücksichtigt werden.“ (nr)
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