BSG: Auch neu beginnende Elternzeit steht Anspruch nicht entgegen
(jur). Das Krankengeld zur Betreuung sterbenskranker Kinder ist „grundsätzlich unbefristet“. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) am Donnerstag, 18. Februar 2016, in Kassel betont (Az.: B 3 KR 10/15 R). Danach steht es der Weiterzahlung nicht entgegen, wenn ein Elternteil mit bereits bestehendem Anspruch auf „Kinderkrankengeld“ zusätzlich in Elternzeit geht und Elterngeld bekommt.
Laut Gesetz bekommen Eltern jeweils zehn Tage pro Jahr Krankengeld um ihre kranken Kinder unter zwölf Jahren zu versorgen; bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage im Jahr. Darüber hinaus besteht ein Anspruch, wenn das Kind eine schwere und unheilbare Krankheit hat, die „lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt“.
Im konkreten Fall hatte der Sohn die seltene, genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung Adrenoleukodystrophie (ALD). Sie wird nur von Müttern fast ausschließlich auf ihre Söhne vererbt. ALD wurde 1992 durch den US-amerikanischen Film „Lorenzos Öl“ bekannt. Die Krankheit führt zu einem nervlichen Verfall und dadurch zum Verlust lebenswichtiger Körperfunktionen.
Der Sohn starb elfjährig im August 2012. Die Mutter, eine Arzthelferin, hatte das Kind zuvor über drei Jahre lang Zuhause versorgt. Zunächst hatte sie für etwa 700 Tage Kinderkrankengeld bekommen. Wegen der Geburt eines zweiten Kindes war sie danach im Mutterschutz, so dass der Krankengeldanspruch ruhte.
Danach wollte die Krankenkasse ihre Krankengeldzahlungen nicht wieder aufnehmen. Schließlich bekomme sie nun ja Elterngeld. Daneben könne sie laut Gesetz Krankengeld nur beanspruchen, wenn zuvor eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Das sei bei der Arzthelferin nicht der Fall.
Doch nach Überzeugung des BSG habe der Gesetzgeber damit sicherstellen wollen, dass ein bereits bestehender Anspruch auf Krankengeld durch die Elternzeit nicht unterbrochen wird. Dass die gewählte Formulierung von ihrem Wortlaut her beim Kinderkrankengeld nicht zutrifft, sei ein „Redaktionsversehen“.
Weiter betonten die Kasseler Richter, dass die gesetzliche Voraussetzung einer nur noch kurzen Lebenserwartung lediglich die ärztlichen Prognosen betrifft. Wenn diese wie hier nicht eintreten, sei der Anspruch auf Kinderkrankengeld „grundsätzlich unbefristet“.
Der Anwalt der Mutter sagte am Rande der Verhandlung in Kassel, dass der zweite Sohn ALD nicht geerbt hat und gesund ist. Der frühere Arbeitgeber, ein Arzt, habe die Stelle der Mutter frei gehalten, so dass sie nun wieder als Arzthelferin in der Praxis tätig sei. (mwo/fle)
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