Immer mehr Menschen erkranken an Masern
27.02.2015
Umfragen zufolge befürworten rund zwei Drittel der Deutschen eine Impfpflicht für schwere Erkrankungen wie Masern. Angesichts der Masernwelle in Berlin, die bereits ein Todesopfer gefordert hat, ist die Debatte um eine gesetzliche festgelegte Impfpflicht neu entbrannt.
Masern verbreiten sich in Berlin
Bundesweit sei die Impfstoffnachfrage unmittelbar nach dem Tod des Kleinkindes in der vergangenen Woche abhängig von der Region zum Teil um das Fünffache gestiegen, berichtete ein Sprecher des Pharmagroßhändlers Sanacorp. Vor allem in Berlin und Baden-Württemberg sei eine erhöhte Nachfrage zu verzeichnen gewesen. Der Konkurrent Alliance Healthcare verkündete zuletzt sogar eine deutschlandweit um 10 Prozent und in Berlin sogar um bis zu 250 Prozent gestiegene Impfstoffnachfrage.
Allein seit Wochenbeginn wurden in Berlin 70 neue Masernfälle registriert. Auch viele Erwachsene gehören derzeit zu den Betroffenen. Die Zahl stieg innerhalb eines Tages um 28 neue Masern-Kranke bis Donnerstag auf insgesamt 637 Fälle. Etwa ein Viertel der Patienten mussten im Krankenhaus behandelt werden. Für das Kleinkind kam jedoch alle Hilfe zu spät. Es war nicht gegen Masern geimpft.
Das Wald-Gymnasium in Berlin-Charlottenburg hatte seine Schüler wegen eines Masernfalls am Mittwoch nach Hause geschickt. Der Unterricht wurde erst am Donnerstag fortgesetzt. „Wir haben die Impfnachweise aller Schüler zu Unterrichtsbeginn kontrolliert. Wer einen unklaren Impfstatus hat, muss zunächst zu Hause bleiben”, berichtete Schulleiter Wolfgang Ismer gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Mindestens acht Schüler und drei Lehrer dürfen als Vorsichtsmaßnahme bis zum 3. März nicht am Unterricht teilnehmen. Am Montag war bereits eine Oberschule in Berlin-Lichtenrade ebenfalls wegen eines an Masern erkrankten Schülers für einen Tag geschlossen worden.
Impfpflicht gegen Masern gefordert
Angesichts der steigenden Patientenzahlen wird der Ruf nach einer gesetzlichen Impfpflicht gegen Masern immer lauter. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge sprechen sich 40 Prozent der Deutschen „sehr für eine Impfpflicht” bei Krankheiten wie Masern aus, 34 Prozent waren „eher für eine Impfpflicht”. Lediglich 21 Prozent waren bei der Umfrage „eher oder sehr gegen eine Impfpflicht” und fünf Prozent konnten sich weder für noch gegen die Impfpflicht aussprechen. Besonders in der Altersgruppe ab 55 Jahre befürworteten viele Umfrageteilnehmer die Maßnahme.
In einer Emnid-Meinungsumfrage für das Nachrichtenmagazin „Focus” unterstützen sogar 76 Prozent die Forderung nach einer gesetzlichen Impfpflicht gegen Masern. 17 Prozent sprachen sich dagegen aus. Im Osten Deutschlands befürworteten sogar 90 Prozent die Vorbeugungsmaßnahme.
In Ländern wie Bulgarien, Ungarn, Estland, Serbien und Kroatien besteht bereits eine gesetzliche Impfpflicht gegen Masern. In Deutschland ist man sich über eine solche Maßnahme jedoch nicht einig. Linke und Grüne sprachen sich im Bundestag dagegen aus. Bundesjustizminister Heiko Maas von der SPD sieht die Impfpflicht zwar rechtlich durchsetzbar, jedoch wäre sie für ihn nur das letztmögliche Mittel. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte sich zuvor ähnlich geäußert.
Derzeit debattieren auch Frankreich und Rumänien um eine Impfpflicht. In Österreich wird diese von großen Teilen der Bevölkerung sowie der dortigen Ärztekammer und dem Gesundheitsministerium abgelehnt. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der deutschen Bundesärztekammer, sprach sich vor einigen Tagen jedoch eindeutig für die Impfpflicht gegen Masern aus. (ag)
: Andreas Morlok / pixelio.de
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