Ärzte plädieren für eine Ausweitung der Meldepflicht bei den Geschlechtskrankheiten
30.07.2012
Nicht zuletzt aufgrund der deutlichen Zunahme bei den Tripper-Erkrankungen in einzelnen Bundesländern im Verlauf der letzten zehn Jahre, wird seit einiger Zeit über eine Meldepflicht für Tripper (Gonorrhö), aber auch für andere Geschlechtskrankheiten, wie Infektionen mit sogenannten Chlamydien, diskutiert. Letztere sind besonders gefährlich, da sie häufig unentdeckt bleiben.
Angesichts der Forderungen von Medizinern und Infektionsexperten zur Einführung einer Meldepflicht für Tripper und Chlamydien, spreche vieles dafür, dass hier entsprechende gesetzlichen Vorgaben beschlossen werden, so die Einschätzung von Dr. Viviane Bremer, Expertin der Abteilung für Infektionsepidemiologie des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS). Die bisher nur für HIV und Syphilis geltende Meldepflicht sollte nach Einschätzung der Infektionsepidemiologin auch auf Tripper und Chlamydien ausgedehnt werden. „Wir brauchen bundesweite Daten zur Infektion sowie zu den Resistenzen“, betonte die RKI-Expertin im Gespräch mit der „FAS“.
Ausweitung der Meldepflicht auf Tripper und Chlamydien
Nicht nur die wachsende Anzahl der Tripperinfektionen, sondern auch die Verbreitung multiresistenter Tripper-Bakterien (Gonokokken), bereitet Epidemiolgen zunehmend Sorge. „Wir müssen einen Überblick über die Situation in Deutschland bekommen“, so Dr. Bremer. Über die mögliche Einführung einer Meldepflicht werden laut Aussage der Expertin derzeit „Gespräche mit dem Bundesministerium für Gesundheit“ geführt. Ihrer Ansicht nach, stehen die Zeichen gut, dass es in Deutschland vielleicht bald eine Meldepflicht für Tripper und Chlamydien gibt. Die Ausweitung der Meldepflicht bei den sexuell übertragbare Krankheiten. (sexually transmitted diseases, STD oder auch sexually transmitted infections, STI) würde nach Einschätzungen von Norbert Brockmeyer, Leiter des Zentrums für Sexuelle Gesundheit der Universitätsklinik Bochum, auch zum Schutz der Bevölkerung beitragen. In den vergangenen Jahrzehnte seien zwar viele Tabus im Umgang mit den Geschlechtskrankheiten gefallen, doch noch immer herrsche keine echte Offenheit. „Erst recht nicht, wenn es um sexuelle Erkrankungen geht“, so Brockmeyer gegenüber der „FAS“. Seiner Ansicht nach ist daher eine Melde- und Dokumentationspflicht für Gonokokken und auch für Chlamydien dringend erforderlich.
Resistente Tripper-Bakterien erschweren die Behandlung
Eine Tripper-Infektion ist in den meisten Fällen anhand der auffälligen Symptome gut zu erkennen. Beim Mann sind juckende Harnröhrenentzündung mit eitrigem Ausfluss und Schmerzen beim Wasserlassen typische Anzeichen einer Tripper-Erkrankung. Bei den Frauen kommt in seltenen Fällen eine Entzündung des Gebärmutterhalses, der Vaginalschleimhaut oder der Bartholinschen Drüsen hinzu. Auch kann ein unbehandelter Tripper zu einer Ausbreitung der Bakterien im Organismus und schlimmstenfalls zu einer lebensgefährlichen Gonokokken-Sepsis (Blutvergiftung) führen. Tripper lässt sich normalerweise mit Antibiotika relativ gut behandeln, das vermehrte Auftreten von Resistenzen ist hier jedoch ein Problem.
Chlamydien-Infektionen häufigste Geschlechtskrankheit
Genitalinfektionen mit Chlamydien (Chlamydiosen) bleiben im Gegensatz zum Tripper oftmals unentdeckt. Tatsächlich sind Chlamydien-Infektionen laut Aussage der Experten in Europa die verbreitetste sexuell übertragbare bakterielle Infektionskrankheit, doch insbesondere von betroffenen Frauen werden sie häufig nicht bemerkt. Beim Mann sind Chlamydien-Infektionen unter anderem mit Entzündungen der Harnröhre, Prostata und Nebenhoden verbunden. Auch bei Frauen befallen die Erreger die Harnröhre und unter Umständen die Schleimhaut des Gebärmutterhalses. Von hieraus kann die Infektion Richtung Eileiter wandern, diesen verkleben und so zur Unfruchtbarkeit führen. Wird ein befruchtetes Ei durch den verklebte Eileiter auf seinem Weg zur Gebärmutter gehindert, drohen sogenannte Eilleiterschwangerschaften, die weitere gesundheitliche Komplikationen mit sich bringen können. Erfolgt keine Therapie kann die Chlamydiose auch die Unfruchtbarkeit der Frau zur Folge haben.
Kondome schützen vor sexuell übertragbaren Erkrankungen
Den besten Schutz vor Tripper und Chlamydien bietet laut Aussage der Experten die Verhütung mit Kondomen. Diese schützen zudem auch vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen wie HIV, Syphilis oder Infektionen mit Humanen Papillomviren (HPV). Letztere gelten als möglicher Auslöser für Gebärmutterhalskrebs und sind vor allem in Entwicklungsländern ein wachsendes Problem. (fp)
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