Beschwerden der Wechseljahre nicht durch sinkenden Hormonspiegel bedingt
28.03.2015
Der sinkende Hormonspiegel galt bislang als maßgebliche Ursache für die körperlichen und psychischen Beschwerden bei Frauen in den Wechseljahren. Doch haben Forscher der Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden nun herausgefunden, dass die meisten mit der Menopause in Verbindung gebrachten Symptome nicht durch die hormonellen Umstellungen bedingt werden.
In vielen Fällen wird Frauen in den Wechseljahren eine Hormontherapie verschrieben, um eine Linderung der körperlichem und psychischen Beschwerden zu erreichen. Das Forscherteam unter der Leitung von Prof. Kerstin Weidner, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, konnte in seiner aktuellen Studie allerdings lediglich bei Hitzewallungen einen typischen Zusammenhang mit den hormonellen Umstellungen vor und nach der Menopause feststellen. Der Einsatz von Hormontherapien müsse angesichts der Erkenntnisse „kritischer und individualisierter“ gestaltet werden, so Weidner und Kollegen. Zudem sei es falsch, die Wechseljahre als Krankheit zu verallgemeinern. Eine detaillierte Vorstellung der Ergebnisse durch Prof. Weidner erfolgt laut Mitteilung des Universitätsklinikums beim Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Berlin.
Beschwerden der Wechseljahre bisher durch sinkenden Hormonspiegel erklärt
Die Forscher um Prof. Kerstin Weidner gingen in ihrer umfangreichen Studie der Frage nach, inwiefern die Beschwerden während der Wechseljahre tatsächlich auf die hormonellen Veränderungen vor und nach der Menopause zurückzuführen sind. Die Liste der Beschwerden, die in Zusammenhang mit den Wechseljahren gebracht werde, reiche „von Hitzewallungen, Muskel- und Gelenkschmerzen über Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Ängstlich- und Vergesslichkeit bis zur Trockenheit der Scheide und zum Nachlassen sexueller Lust“, berichtet das Universitätsklinikum. Viele Frauen hoffen hier auf ärztliche Unterstützung. Da die Symptome bislang mit dem sinkenden Östrogenspiegel erklärt werden, erhalten sie häufig eine Hormontherapie, „die aber zu unerwünschten Nebenwirkungen – etwa einem höheren Brustkrebsrisiko – führen kann“, erläutert Prof. Kerstin Weidner.
Generell zunehmende Beschwerden mit dem Alter
Im Rahmen ihrer Studie befragten die Forscher des Uniklinikums Dresden im Jahr 2014 rund 1.400 Frauen im Alter von 14 bis 95 Jahren sowie rund 1.200 Männer. Die Befragungsergebnisse verdeutlichen, das die körperlichen Beschwerden sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern mit steigendem Alter zunehmen, so die Mitteilung des Universitätsklinikums. Lediglich Hitzewallungen und Schweißausbrüche hätten sich als typisch für die Wechseljahre bei den Frauen herausgestellt. Die zunehmende Scheidentrockenheit ab dem 60. Lebensjahr sei ebenfalls als normaler Alterungsprozess zu verstehen.
Keine vermehrten psychischen Probleme feststellbar
Bei den psychischen Symptomen wie Depressionen, Reizbarkeit, Ängstlichkeit oder Erschöpfung ergaben sich den Angaben der Forscher zufolge keine alterstypische Zusammenhänge. Vielmehr sei für die „psychische Gesundheit der Bildungsabschluss, das Einkommen, die Partnerschaft und Berufstätigkeit bedeutend sowie der Glaube, die persönliche Situation selbst gestalten zu können.“ Die Wechseljahre können demnach nicht als Anlass für vermehrte psychische Probleme bewertet werden. Auch sei „eine allgemeine Deutung dieses Lebensabschnitts als krankhaft und eine vorschnelle Zuschreibung der Symptome nach den Ergebnissen der Studie nicht haltbar“, so Prof. Weidner. Von den befragten Frauen im Alter zwischen 45 und 59 Jahren habe insgesamt sogar rund die Hälfte angegeben, unter keinerlei Beschwerden zu leiden, berichtet das Universitätsklinikum.
Einsatz der Hormontherapie kritisch zu bewerten
Die Behandlung von Frauen in den Wechseljahren mit einer Hormontherapie wird aufgrund der möglichen Nebenwirkungen in der Fachwelt zunehmend kritisch bewertet und angesichts der aktuellen Studienergebnisse forderte Prof. Weidner hier klare Grenzen zu ziehen. „Nur bei schweren Beeinträchtigungen, gegen die Verhaltensänderungen nicht helfen – zum Beispiel das Tragen von Schichtenkleidung bei Hitzewallungen –, ist eine zeitlich begrenzte Hormontherapie gerechtfertigt“, so die Studienleiterin. Letztendlich handele es sich bei den Wechseljahren im psychosomatischen Sinne um eine typische Schwellensituation mit körperlichen, psychischen und sozialen Veränderungen und der Notwendigkeit einer individualisierten Therapie. (fp)
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