Medikament gegen Migräne wirkt bei bestimmter Form von Hepatitis-C
Ein bekanntes Migränemedikament könnte möglicherweise auch bei der Behandlung von Hepatitis-C-Virusinfektionen eingesetzt werden. Zu diesem Ergebnis sind nun Wissenschaftler des Twincore Zentrums für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover gekommen. Die Forscher hatten bereits zugelassene Medikamente untersucht, um günstigere Therapiemöglichkeiten für Patienten mit einer chronischen HCV-Infektionen zu finden.
Chronische Leberentzündung führt oft zu Zirrhose
Bei Hepatitis C handelt es sich um eine weltweit vorkommende Leberentzündung, die durch eine Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) hervor gerufen wird und akut oder chronisch verlaufen kann. Im Gegensatz zur Virushepatitis A und B lässt sich Hepatitis C nicht durch eine Impfung vorbeugen, denn bislang steht kein wirksamer Impfstoff gegen den Erreger zur Verfügung. Für die Behandlung sind verschiedene wirksame Medikamente zugelassen, durch welche auch die chronische Verlaufsform überwiegend heilbar ist. Doch diese sind teuer, was dazu führt, dass auch heute noch etwa 130 Millionen Menschen weltweit an einer dauerhaften Leberentzündung leiden. Die Hepatitis kann je nach Mensch und Lebenssituation unterschiedlich verlaufen, bis zu jeder dritte Betroffene entwickelt Spätfolgen wie Zirrhose und Leberkrebs.
Forscher testen bereits zugelassene Wirkstoffe
Doch könnte es nicht auch günstigere Medikamente geben? Diese Frage stellten sich auch Wissenschaftler des Twincore Zentrums für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover. Sie entwickelten die Idee, bereits zugelassene Wirkstoffe zu prüfen, um Entwicklungskosten zu sparen und dadurch schneller und kostengünstiger neue Behandlungsmöglichkeiten für Hepatitis-C-Patienten zu finden. Bei ihrer Suche machten die Forscher einen interessanten Fund, denn das in Kanada und Europa eingesetzte Migränemedikament „Flunarizin“ wirkte auch gegen einen Genotyp von HCV. „Wir haben uns bei der Suche nach neuen Ansätzen gegen HCV zunächst auf Medikamente konzentriert, die Ionenkanäle blockieren”, sagte Paula Perin vom Institut für Experimentelle Virologie laut einer aktuellen Mitteilung des Instituts.
Sieben verschiedene Genotypen bekannt
Bei den so genannten „Ionenkanälen“ handelt es sich um röhrenförmig angeordnete Proteinkomplexe, die sich in der Zellmembran finden. Sie spielen bei der Infektion der Leberzellen mit den unterschiedlichen Hepatitis-C-Virusstämmen eine zentrale Rolle, denn Heptitis-C-Viren sind sehr wandelbar und anpassungsfähig. Experten unterscheiden derzeit sieben verschiedene Genotypen und knapp 70 Subtypen, die jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf ihren Wirt – den Menschen – haben. Bei dem einen Patienten entwickelt sich dadurch z.B. schon nach wenigen Jahren ein Leberzellkarzinom, ein anderer Betroffener bekommt eine Fettleber.
Wie das Twincore Zentrum berichtet, testeten Paula Perin und ihre Kollegen 23 zugelassene und erprobte Medikamente für unterschiedliche Krankheiten und erkannten auf diesem Weg, dass das Migränemedikament Flunarizin gegen einen Genotyp von HCV wirkte. „Flunarizin bremst HC-Viren vom Genotyp II, während des Viruseintritts”, erläutert die Wissenschaftlerin. „Wenn die Membran des Virus und der Wirtszelle miteinander verschmelzen, stört das Migränemedikament diese Verschmelzung und verhindert so, dass die Viren in die Leberzelle hineingelangen.”
16 Millionen Patienten sind mit dem Virusgenotyp II infiziert
Auch wenn der Wirkstoff nur bei einem der sieben Genotypen wirksam sei, bedeute dies den Angaben zufolge dennoch einen Erfolg, denn mit diesem seien immerhin etwa 16 Millionen Patienten infiziert. Vor allem aber könne nun mit Kooperationspartnern versucht werden, „den Wirkstoff leicht zu verändern, sodass er auch gegen andere Genotypen eingesetzt werden kann”, ergänzt der Leiter des Instituts, Thomas Pietschmann. „Darin liegt durchaus das Potenzial für eine kostengünstige Strategie gegen HCV – und nebenbei hat unser Team noch grundlegende Fragen zum Viruseintritt in die Zelle beantworten können“, so Pietschmann weiter. (nr)
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