Eine Welt voll Plastik – auch Lebensmittel enthalten Mikroplastik
Wir leben im Plastikzeitalter und Kunststoffe finden nahezu in allen Lebensbereichen Anwendung. Kleinste Plastikteilchen verteilen sich dabei nicht nur in der Umwelt, sondern finden sich auch in unseren Lebensmitteln und im menschlichen Körper. Welche Risiken hiervon ausgehen können, ist bislang weitgehend unklar. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat nun in einem aktuellen Beitrag den Wissensstand zu Mikroplastik in Lebensmitteln zusammengefasst.
Durch chemische und physikalische Prozesse zerfällt Plastik mit der Zeit in winzige Teilchen – sogenanntes Mikroplastik. Dies verteilt sich in der Umwelt und gelangt auch in Lebensmittel. Welche Risiken hiervon ausgehen, ist nur unzureichend untersucht. Zwar haben erste Studien hierzu am BfR bereits begonnen, doch eindeutige Ergebnisse liegen noch nicht vor. So lässt sich bisher nur sicher festhalten, dass Mikroplastik in Lebensmitteln und auch in unserem Körper nachweisbar ist.
Mikroplastik ist überall
Seit Jahren wächst die Weltproduktion an Plastik und immer mehr davon gelangt in die Umwelt. Mikroplastik ist heute überall, betont Professor Alfonso Lampen, Biochemiker und Veterinärmediziner der Abteilung Lebensmittelsicherheit des BfR. Über die Luft, Meer-, Süß- und Grundwasser gelange es auch in die Nahrung. So sei in einer Pilotstudie des österreichischen Umweltbundesamtes und der Medizinischen Universität Wien aus dem Jahr 2018 bei der Untersuchung von Stuhlproben Mikroplastik in sämtlichen Proben nachweisbar gewesen.
Unsicherheiten bei Mikroplastik in Lebensmitteln
Doch bestehen weiterhin viele Unsicherheiten in Bezug auf die Aufnahme des Mikroplastiks und deren Folgen. Unsicher sei beispielsweise, wie viel von dem Plastik wirklich in Lebensmitteln landet und welche Kunststoffarten als Mikroplastik über die Nahrung aufgenommen werden. „Es gibt zwar immer wieder Berichte über Nachweise in Honig, Muscheln oder auch Salz. Doch Angaben zur Menge und Kunststoffart fehlen bisher fast immer“, berichtet das BfR.
Fehlende Basis zur Risikobewertung
„Erste Untersuchungen zu Mikroplastik haben erst vor kurzer Zeit begonnen. Dementsprechend fehlt uns die Grundlage zu einer umfassenden gesundheitlichen Risikobewertung“, so Professor Lampen. Die bisher vorliegenden Studien seien oftmals nur von eingeschränkter Aussagekraft. Beispielweise seien beim Fisch die Mikroplastikteilchen im Magen-Darm-Trakt nachgewiesen worden, dieser werde von den meisten Menschen aber nicht gegessen. Ob auch die essbaren Teile belastet sind, bleibe bisher jedoch offen.
Mikroplastik im Mineralwasser
In Mineralwasser hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ebenfalls Mikroplastikverunreinigungen nachgewiesen – „und zwar nicht nur in Wasser aus Plastikflaschen, sondern auch, wenn es in Glasflaschen abgefüllt war“, berichtet das BfR. Das Mikroplastik könnte also auch durch Reinigungsprozesse, durch Farbpigmente vom Papieretikett, durch den Plastikdeckel oder aus der Luft in die Flasche gelangt sein.
Des Weiteren könne Mikroplastik beim Kochen und Essen in die Lebensmittel gelangen, wenn sich beispielsweise aus kunststoffhaltigen Textilien wie Fleece oder Nylon kleinste Fasern lösen und ins Essen geraten. Allerdings werde Mikroplastik nicht nur mit Lebensmitteln, sondern auch über andere Wege aufgenommen.
Verstärkte Aufnahme über die Atmung
So sind in kosmetischen Mitteln wie beispielsweise Duschgels oder Peelings oft kleinste Plastikteilchen enthalten, die über die Haut in den Körper gelangen könnten, berichtet das BfR. Eine derartige Aufnahme Weg bleibe nach aktuellem Stand der Forschung jedoch eher unwahrscheinlich. Bedeutender scheine hingegen die Aufnahme über die Atmung zu sein, berichtet Professor Lampen. So gelange beispielsweise der Abrieb von Autoreifen mit der Luft in die Lunge.
Wenig belastbare Zahlen
Welche Gesundheitsrisiken das Mikroplastik bei einer Aufnahme in unseren Körper mit sich bringt, ist nur unzureichend untersucht. „Zur gesundheitlichen Wirkung von Mikroplastik gibt es kaum belastbare Zahlen“, so das BfR. In einer der wenigen Untersuchungen wurde im Jahr 2018 durch die Fachgruppe des Biochemikers und Toxikologen Albert Braeuning am BfR untersucht, wie Mikroplastik auf Mäuse und menschliche Darmzellen wirkt.
Weitere Untersuchungen erforderlich
„Wir haben zwar festgestellt, dass von Polystyrolteilchen wahrscheinlich keine Darmschäden ausgehen. Dies können wir aber nicht für andere Kunststoffarten wie PVC, Polypropylen oder Polyamid belegen“, so Braeuning. Weitere Studien in denen verschiedene Partikel, unterschiedlich in Aufbau, Größe oder Form, dementsprechend untersucht werden, seien dringend erforderlich. Darüber hinaus gelte es auch die Teilchen zu berücksichtigen, die noch kleiner sind als Mikroplastik – Nanopartikel aus Kunststoff. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Kleine Teile – große Wirkung?; in: BfR2Go, Ausgabe 02/2019, bfr.bund.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.