Osteoporose: Was vor Knochenschwund schützt
Allein in Deutschland sind bis zu acht Millionen Menschen von Osteoporose betroffen. Oft bemerken die Betroffenen lange nichts von ihrer Erkrankung. Über kurz oder lang führt der Knochenschwund aber bei den Patienten zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität. Es gibt zwar verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, doch man kann auch selbst einiges zur Vorbeugung unternehmen.
Bis zu acht Millionen Deutsche von Osteoporose betroffen
Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge zählt Osteoporose zu den zehn wichtigsten Volkskrankheiten. Die Stoffwechselkrankheit wird unter anderem auch als „leise Epidemie des 21. Jahrhunderts“ beschrieben. Leise deshalb, weil brüchiger werdende Knochen selbst nicht schmerzen und es keine Frühwarnsysteme gibt. Allein in Deutschland sind sechs bis acht Millionen Menschen betroffen, darunter jede dritte Frau über 50, wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtet. „Alarmierend ist, dass Osteoporose hierzulande immer noch eine unterschätzte, unterdiagnostizierte und untertherapierte Krankheit ist“, meinte Prof. Reiner Bartl, Leiter des „Osteoporosezentrums am Dom“ in München. Bartl ist der Verfasser des Buches „Der große Patientenratgeber Osteoporose“.
Niesen kann zum Knochenbruch führen
Osteoporose ist im Frühstadium den Angaben zufolge sogar heilbar. Erste Hinweise auf die Krankheit sind unter anderem extrem heftige Rückenschmerzen, Kreuzschmerzen und rheumaartige Gliederschmerzen. In vielen Fällen ist dem Nachrichtenmagazin zufolge ein unerkannter Wirbelbruch die Ursache. Bei fortgeschrittenem Verlauf kann bereits das Heben einer Tasche, Niesen oder starkes Husten reichen, um eine Fraktur auszulösen. Von Osteoporose sind vor allem Frauen nach der Menopause betroffen. Dabei gilt, dass je später der Wechsel einsetzt, umso weniger ist man gefährdet. „Wir Osteologen freuen uns natürlich über eine Hormonersatztherapie in den Wechseljahren“, so Prof. Michael Amling, Direktor des Instituts für Osteologie und Biomechanik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Mit Beginn des Klimakteriums und sinkendem Östrogenspiegel verschlechtert sich die Knochendichte dramatisch, da dieses Hormon das Skelett vor dem Abbau schützt. Dem Bericht zufolge zeigen alle große Studien einen eindeutigen Zusammenhang zwischen niedrigem Körpergewicht (ein BMI von unter 20) und Osteoporose. Zudem stehen laut Gesundheitsexperten neben Östrogen- und Kalziummangel auch unter anderem Magersucht, viele Geburten, Vitamin- und Mineralstoffmangel, Bewegungsmangel, Stress sowie verschiedene Medikamente und genetische Veranlagung als mögliche Ursachen für Osteoporose im Verdacht. Bekannt ist zudem, dass Chemotherapie bei Krebs die Gefahr erhöhen kann. Eine österreichische Forschergruppe hat kürzlich darüber berichtet, dass eine neue Strategie Brustkrebspatientinnen vor Osteoporose schützen kann.
Regelmäßige Bewegung und ausreichend Sonnetanken
Ideal ist eine Osteoporose-Prävention bevor die Knochen schwinden. Die beste Vorbeugung sind trainierte Muskeln. Die Devise von Prof. Bartl: „Jeder ist seines Skelettes Schmied!“ Hier hilft regelmäßige Bewegung, am besten im Freien. Dabei sollte man sich aber nicht nur auf die Kraft konzentrieren. Ricarda Krusemark-Rasch, staatlich geprüfte Sport- und Gymnastiklehrerin aus München, die sich auf Osteoporose spezialisiert hat, empfiehlt, zwei- bis dreimal die Woche eine Stunde lang verschiedene Bereiche zu trainieren. „Ein starker Muskel ist wichtig, aber es bedeutet eben auch, dass er oft verkürzt ist, daher ist dehnen essenziell“, so die Expertin. „Bis 2009 war die Standardtherapie der Osteologen, allen Patienten Kombipräparate aus Kalzium und Vitamin D zu verschreiben“, erklärte Prof. Amling. Dies hat sich mittlerweile komplett geändert, nachdem Studien zu dem Ergebnis kamen, dass die Einnahme von Kalziumpräparaten mit einem erhöhten Herzinfarkt-Risiko einhergeht. „Heute geben wir Kalzium nur noch Patienten, die unter Essstörungen leiden oder Magensäureblocker benötigen – und zwar in Form von Glukonat oder Citrat statt Carbonat. In diesen Fällen besteht auch kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko.“ Entscheidend für die Knochengesundheit ist Vitamin D, weil es die Aufnahme von Kalzium aus dem Magen-Darm-Trakt und damit die Härtung des Knochens fördert. „Ich gehe davon aus, dass man sich allein in Deutschland jährlich 27.000 Schenkelhalsfrakturen sparen könnte, wenn jeder täglich 1000 I. E. Vitamin D zu sich nehmen würde.“ Knochen brauchen Sonne, weil der Körper zur eigene Herstellung von Vitamin D UV-Licht braucht. Darauf hatte die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) bereits in der Vergangenheit hingewiesen. Eine halbe Stunde Sonnetanken am Tag sollten es schon sein.
Kalzium durch Milch oder Mineralwasser
Darüber, ob Milch die Knochen stärkt oder möglicherweise sogar das Gegenteil bewirkt, streiten sich Experten seit längerem. Prof. Bartl meint: „Milchprodukte sind eindeutig positiv, da sie eine sehr gute Kalziumquelle darstellen.“ Auch wenn darüber gestritten wird, sind sich doch viele Experten einig, dass zur Osteoporose-Vorbeugung Milch und Bewegung einfache und hilfreiche Maßnahmen sind. Bei einer Milchzuckerunverträglicheit oder veganer Ernährungsweise könnte man sich problemlos ohne Zusatzpräparate ausreichend mit dem Mineral versorgen, am einfachsten durch kalziumreiches Mineralwasser. Bei früher eingesetzten Medikamenten wie Calcitonin klagten Patienten über Nebenwirkungen, die von Schüttelfrost bis zu Übelkeit und Erbrechen reichen.
Patienten brechen Medikamenten-Therapie oft zu früh ab
Ein Problem bei der Therapie ist laut Ärzten, dass viele Patienten die Medikamenteneinnahme wegen Nebenwirkungen oder ausbleibender schneller Erfolge zu früh abbrechen. „Man muss Geduld haben“, so Prof. Bartl. „Der Knochen braucht Zeit, um wieder eine positive Bilanz zu erreichen.“ Heutzutage gibt es unterschiedliche Therapiekonzepte. Wie der Mediziner meinte, muss sich heute niemand mehr mit dem Ziehen, Stechen, Brennen, das durch die Frakturen, einseitige Schonhaltungen oder einen krummen, schwachen Rücken kommt, abfinden. Bei chronischen Schmerzen, die meist dadurch entstehen, dass sich die Muskeln zusammenziehen, können Osteopathie und Physiotherapie Linderung bringen.
Fröhlichkeit wirkt sich auf Knochengesundheit aus
Der Zusammenhang zwischen seelischer Verfassung und Entstehung von Osteoporose ist erst vor kurzem in den Fokus der Forschung gerückt. Laut dem „Focus“ zeigten Studien, dass Frauen mit schwerer Depression sechs Prozent weniger Knochenmasse aufweisen als die Vergleichsgruppe. „Der Knochen wird vom Kopf beziehungsweise vom zentralen Nervensystem gesteuert“, erklärte Prof. Bartl. Er sagte weiter: „Eine Ursache für die Verbindung von Depression und Osteoporose ist meines Erachtens aber auch die Inaktivität und Antriebslosigkeit depressiver Patienten.“ Auch wenn dies viele Menschen annehmen: Das Skelett ist nicht passiv, sondern wird immer wieder umgebaut. Es wirkt sich also direkt auf die Knochengesundheit aus, wenn man ein aktiver, fröhlicher Mensch ist. (ad)
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.