Psychologie: Militärdienst verändert Persönlichkeit von Männern
16.01.2015
Der Militärdienst beeinflusst die Persönlichkeitsentwicklung von Soldaten. Das ergab eine Studie aus dem Jahr 2012, die bisher jedoch nur wenig Beachtung fand. Demnach macht der militärische Drill auf Dauer unsozial und unfreundlich. Besonders hart treffe es den Studienautoren zufolge Soldaten, die mit einer posttraumatischen Belastungsstörung von Auslandseinsätzen zurückkehren. Aus jungen Männer, die einst selbstbewusst und engagiert gewesen seien, würden verängstigte und teilweise auch aggressive Persönlichkeiten werden. Die Studienergebnisse wurden im renommierten Fachjournal Journal „Psychological Science" veröffentlicht.
Soldaten waren nach Ende des Militärdienstes unsozialer
Joshua Jackson von der Washington University in St. Louis untersuchte mit Wissenschaftlern der Universität Tübingen sechs Jahre lang die Persönlichkeitsentwicklung junger Männer, die sich nach dem Abitur für ein Jahr der Bundeswehr anschlossen. Gleichzeitig begleiteten sie die Entwicklung von Zivildienstleistenden.
„Soldaten sind bereits bei Beginn etwas weniger warmherzig und freundlich und die militärische Erfahrung scheint dies noch zu verstärken – So erzielten die Männer nach dem Militärdienst geringere Punktezahlen hinsichtlich der Verträglichkeit im Vergleich zu Personen, die nicht zum Militär gegangen sind", erläutert Jackson. „Interessanterweise scheint dieser Einfluss auch noch lange anzudauern, nachdem der Soldat wieder in die Arbeitswelt oder zum College zurückgekehrt ist." Gleichzeitig waren die Soldaten zu Beginn ihres Dienstes aber auch emotional etwas stabiler und offener gegenüber neuen Erfahrungen als die Zivildienstleistenden. Eine geringe Verträglichkeit, wie sie die Soldaten nach Wehrdienstende zeigten, geht den Forschern zufolge mit einer geringen Kompromissbereitschaft, wenig Bereitschaft, sich sozialen Regeln zu unterwerfen und egoistischem Verhalten in zwischenmenschlichen Beziehungen einher. Insgesamt waren die Soldaten unsozialer, so das Fazit der Forscher.
„Auf der anderen Seite sind Menschen mit geringerer Verträglichkeit oft eher bereit, sich auf ihre Art auf der Karriereleiter hochzukämpfen und manchmal unpopuläre Entscheidungen, die aber für den Geschäftserfolg notwendig sind, zu treffen“, so Jackson. Die Studie zeigt, dass die Persönlichkeit durch äußere Einflüsse wie den Militärdienst noch geformt werden kann. „Diese Veränderungen in der Persönlichkeit scheinen klein zu sein, im Leben derer, die Militärdienst geleistet haben, können sie aber eine große Veränderung bedeuten“, so der Wissenschaftler.
Werbematerial für den Militärdienst gaukelt positive Lebensveränderungen vor
„Die gesamte militärische Erfahrung wird als eine Möglichkeit für eine lebensverändernde Wandlung verkauft, so Jackson weiter. „Militärisches Rekrutiermaterial aus der ganzen Welt unterstützt die Idee, dass Erfahrungen beim Militär ein Katalysator für Veränderungen sind. Aktuelle Werbeslogans in den Vereinigten Staaten wie ‘Sei alles, was du sein kannst’, ‘Gib Gas in deinem Leben’ und ‘Hoch hinaus’ implizieren, dass militärische Erfahrungen Lebenswege beeinflussen.“ Aber: „Es ist eine der wenigen Situationen im Leben, wo man komplett von jemand anderem kontrolliert wird", erläutert Jackson. „Wo jemand vom Moment des Aufwachens bis zum Schlafengehen daran arbeitet, jeden Funken Individualität an einem auszuradieren."
Im vergangenen Jahr absolvierten etwa 2.370 deutsche Soldatinnen und Soldaten Auslandseinsätze. Insgesamt 1.602 litten nach ihrer Rückkehr an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Im Vergleich zum Vorjahr waren es 179 Fälle mehr. (ag)
Bildnachweis: Gabi Eder / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.