Perchlorat in Obst und Gemüse – Ministerium will Aufklärung
19.06.2013
In den letzten Tagen wurde öffentlich bekannt, dass es bei Obst und Gemüse zu Funden von der Chemikalie Perchlorat kam. Nun will das Bundesverbraucherministerium an der zügigen Klärung der Ursachen arbeiten.
Bestandteil von Raketentreibstoff auf Lebensmitteln
In einer Reportage des Norddeutschen Rundfunks wurde vor wenigen Tagen über die chemische Belastung von Obst und Gemüse hierzulande berichtet. Die aktuelle Recherche des NDR-Verbrauchermagazins „Markt“ ergab, dass fast jede untersuchte Probe mit Perchlorat kontaminiert war. („“) Bei Perchlorat handelt es sich um eine Chemikalie, die in Medikamenten gegen Schilddrüsenüberfunktion eingesetzt wird, jedoch auch ein Bestandteil von Raketentreibstoff und Feuerwerkskörpern ist. Bei der Recherche wurden 17 Proben aus verschiedenen Herkunftsländern untersucht, die bei Discountern, Supermärkten und auf dem Wochenmarkt eingekauft wurden. Dabei wurde fast in jeder Probe Perchlorat gefunden, in dreien sogar weit mehr als die vom Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlene Höchstmenge. Diese waren Wassermelone aus Spanien und Kopfsalat aus Belgien, jeweils von Edeka und Zucchini aus Spanien von Lidl.
Perchlorat lässt sich nicht abwaschen
Der Chemiker und Lebensmittelanalytiker Dr. Günter Lach warnte: „Ein Wirkstoff, der in einem Arzneimittel vorhanden ist, und da eine Wirkung entfalten soll, ist in einem Lebensmittel völlig unkalkulierbar. Perchlorat hat in Lebensmitteln überhaupt nichts zu suchen. Vor allem für Kinder könnte das gesundheitliche Folgen haben.“ Es besteht das Problem, dass sich Perchlorat weder von Obst und Gemüse abwaschen lässt, noch, dass es sich beim Kochen verflüchtigt. Scheinbar ist den Erzeugern selbst das Problem seit längerem bekannt. Sie hatten selbst Untersuchungen gemacht und Daten gesammelt. Man könne davon ausgehen, dass fast jede Sorte Obst und Gemüse belastet sein kann. Perchlorat ist zwar ein Stoff, der auf natürlichem Weg entstehen kann, aber es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass das aktuelle Vorkommen auf den Lebensmitteln durch natürliche Prozesse zu erklären sei. Seit rund zehn Jahren sei das Problem in den USA bekannt, dort stehe allerdings vor allem das Vorkommen im Trinkwasser im Fokus.
Reaktionen der Händler
Nach dem Bekanntwerden teilte Edeka „Markt“ mit: „Die von Ihnen aufgezeigten Befunde nehmen wir sehr ernst. Wir haben Kontakt mit den jeweiligen Produzentenvereinigungen aufgenommen und sie aufgefordert, die Kontrollen noch weiter zu intensivieren." Und Lidl erklärte, man habe „Lieferanten sensibilisiert und über die Gefahr eines unbewussten Eintrags von Perchlorat in Obst und Gemüse informiert." Wesentlich mehr Engagement fordert Dr. Günter Lach: „Hier muss eine ganz klare Regelung her, dass Stoffe wie Perchlorat nicht mehr in den Produkten enthalten sein dürfen. Es sind alle die in der Verantwortung, die die Lebensmittel an den Verbraucher abgeben. Der Lebensmitteleinzelhandel muss entsprechenden Druck entwickeln – auf Erzeuger und Lieferanten von solchen Düngemitteln.“ Allgemein sind Bio-Lebensmittel von dem Problem weniger betroffen, als Obst und Gemüse aus konventionellem Anbau.
Die Politik schaltet sich ein
Laut einer Pressemitteilung des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) wird an der Klärung der Ursachen gearbeitet, die derzeit noch unbekannt sind. So heißt es: „Neben dem Eintrag z.B. über Staub ziehen Experten die Möglichkeit in Betracht, der Stoff könne auch über Düngemittel in Obst und Gemüse gelangt sein. Denn auch in einigen Düngemitteln war kürzlich Perchlorat nachgewiesen worden. Deswegen hat das BMELV auch kurzfristig die zuständigen Länderbehörden darauf hingewiesen, Düngemittel im Rahmen der Düngemittelverkehrskontrolle verstärkt auf Perchlorat-Rückstände zu untersuchen.“ Außerdem äußerte das BMELV dem norddeutschen Verbrauchermagazin gegenüber: „Das Auftreten von Perchlorat in Lebensmitteln ist ein neues Problem. Die zuständigen Behörden arbeiten derzeit intensiv an der Klärung der Ursachen und an entsprechenden Maßnahmen. Da sich die Funde von Perchlorat in Lebensmitteln nicht auf bestimmte Regionen begrenzen lassen, hat Deutschland die EU-Kommission informiert, verbunden mit der Bitte um eine Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA." Es findet bei allen Aktivitäten des BMELV ein enger Austausch mit dem Bundesumweltministerium und den Lebensmittelüberwachungsbehörden der Länder statt. (ad)
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