HI-Virus nistet sich offenbar in bestimmten Gewebetypen im Körper ein
22.07.2014
Ernüchternde Erkenntnisse im Kampf gegen das gefährliche Humane Immundefizienz-Virus (HI-Virus), dem Auslöser der Immunschwächekrankheit AIDS. Wie US-Forscher der Harvard Medical School in Boston herausgefunden haben, bildet das Virus offenbar direkt nach der Infektion im Körper so genannten „Reservoire“ – welche jedoch von den derzeitigen Medikamenten nicht erreicht werden können. Dementsprechend könnte eine Heilung erneut erschwert werden.
Tierversuche mit dem „Simianen Immundefizienz-Virus“
Kommt es zu einer Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HI-Virus), nistet sich dieses offenbar innerhalb kürzester Zeit im menschlichen Körper ein – unerreichbar für die derzeit verfügbaren HIV-Medikamente. Zu diesem Ergebnis ist nun ein US-amerikanisches Forscher-Team durch Tierversuche mit dem so genannten „Simianen Immundefizienz-Virus“ (Kurz: SI-Virus) gekommen, welches als Vorläufer des HI-Virus gilt und bei Affen zu AIDS-ähnlichen Erkrankungen führt.
Inaktive Erreger erst nach Einnistung im Gewebe nachweisbar
Wie die Wissenschaftler um den Virologen James Whitney von der Harvard Medical School in Boston (US-Staat Massachusetts) in der Zeitschrift “Nature” berichten, würde sich durch die Erregerreservoire im menschlichen Körper eine Heilung des Virus erheblich erschweren. Der Grund: Obwohl sich die inaktiven Erreger bei den Tieren nach der Infektion schnell im Gewebe eingenistet hatten, waren sie im Blut erst später nachweisbar. Dementsprechend könne zwar durch eine medikamentöse antiretrovirale Therapie (ART) die Virusvermehrung im Körper verlangsamt werden – doch da die Erreger über Jahre hinweg in den Reservoiren überleben könnten, würden sich diese nach Ende der Behandlung sofort wieder ausbreiten.
Durch antiretroviralen Therapie kann Menge der Viren im Blut zunächst gesenkt werden
Für diese Erkenntnisse hatten die Wissenschaftler Rhesusaffen mit dem Simianen Immundefizienz-Virus (SI-Virus) infiziert, einem Retrovirus, welcher als Ursprungsvirus für das HI-Virus gilt und nach neuesten Forschungen offenbar bereits seit Jahrtausenden unter Affen vorkommt. Obwohl das Virus noch gar nicht im Blut nachweisbar war, bekamen die Tiere zum Teil schon ab dem 3. Tag eine antiretroviralen Therapie, die anderen Tiere erst sieben, zehn bzw. 14 Tage nach der Infektion. Die Behandlung wurde über sechs Monate durchgeführt, wodurch es den Forschern gelang, die Menge der Viren im Blut bei allen Affen unter die Nachweisgrenze von sechs RNA-Kopien pro Milliliter Blutplasma zu senken.
Rückfall setzt bei früh behandelten Affen später ein
Doch die „Heilung“ währte nicht lange, denn nach dem die Behandlung beendet wurde, stieg die Anzahl der Erreger bei allen Tieren wieder an. Auffällig: Der Rückfall bei den ab Tag 3 behandelten Affen setzte etwas später ein als bei den anderen, was den Forschern nach daran liegen könne, dass die inaktiven Viren im Schleimhautgewebe und im lymphatischen Gewebe überdauern könnten: „Diese Daten zeigen, dass das Virenreservoir nach intrarektaler SIV-Infektion von Rhesusaffen schnell angelegt wird, noch während der "Eclipse"-Phase und vor dem Vorhandensein von Viren im Blut“, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Nature“.„Es bleibt jedoch unklar, wann und wo sich das Virusreservoir während der akuten Infektion entwickelt und in welchem Umfang es empfänglich ist für eine frühe antiretroviralen Therapie (ART)“, so die Wissenschaftler weiter.
Wichtige neue Herausforderungen für die Strategien zur Bekämpfung von HIV-1
Dadurch könne möglicherweise auch das erneute Auftauchen der HI-Viren beim sogenannten „Mississippi-Baby“ erklärt werden. In diesem Fall galt ein HIV-infiziertes Baby in den USA nach extrem früh eingeleiteter intensiver Therapie zunächst als funktionell geheilt. Doch nach zwei Jahren ohne Medikamente und in denen keine Viren im Körper des Mädchens nachgewiesen werden konnten, war der Erreger vor wenigen Tagen plötzlich wieder zurückgekehrt. Die Ergebnisse könnten den Wissenschaftlern nach als ernüchternd im Kampf gegen das HI-Virus betrachtet werden – auch wenn sich das SI- und HI-Virus deutlich unterscheiden würden und die Tiere zudem mit einer hohen Dosis infiziert worden waren. „Diese auffallend frühe Bildung von Erregerreservoiren bedeutet wichtige neue Herausforderungen für die Strategien zur Bekämpfung von HIV-1“, so die Forscher weiter. (nr)
Bild: Kai Stachowiak / pixelio.de
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