Schlank gekaut: Mit „Fletchern“ gegen Überernährung und Übergewicht
Das Wort „Diät“ stammt aus dem griechischen („diaita“) und bedeutet „Lebensweise“. Aus dem Blickwinkel der Naturheilkunde setzt eine gesunde und nachhaltige Gewichtsreduktion bei der Regulierung von Verdauung und Stoffwechsel an, wobei neben der Umstellung der Nahrungsmittel auch die Umstellung des Essverhaltens von großer Bedeutung ist. Eine solche Umstellung kann das konzentrierte Kauen und Einspeicheln der Nahrung sein. Dieses Verhalten, das in den frühen zwanziger Jahren als „Fletcherism“ sehr populär wurde, findet sich bis heute, z.B. unter dem Begriff „Schmauen“ (Kunstwort aus „Schmecken“ und „Kauen“) als Bestandteil von Therapiekonzepten in der Naturheilpraxis wieder.
Inhaltsverzeichnis
Fletchern als Ursprung der Kaudiät
Das Fletchern ( auch: „Fletschern“) geht laut Überlieferung des Naturarztes Dr. A. Rosendorff auf den wohlhabenden US-Amerikaner Horace Fletcher zurück, der im frühen 20. Jahrhundert als vierzigjähriger übergewichtiger Mann Unzufriedenheit mit seinem Gesundheits- und Leistungszustand verspürt haben soll. Neben Beschwerden wie Müdigkeit und Abgespanntheit, Schlafstörungen und Appetitmangel sei die Vertragsablehnung einer Lebensversicherungsgesellschaft ausschlaggebend dafür gewesen, dass Fletcher den Fokus auf seine Gesundheit richtete. Nachdem verschiedene Kuren in Europa erfolglos blieben, habe er, dem Rat eines „rüstigen Alten“ folgend, begonnen, jeden Bissen seiner Mahlzeiten sorgfältig zu kauen und einzuspeicheln. Auch flüssige Nahrung, etwa Wasser, das nur zwischen den Mahlzeiten erlaubt gewesen sei, habe Fletcher vor dem Schlucken auf diese Weise geschmeckt und eingespeichelt.
20 Kilogramm Gewichtsverlust nach viermonatiger Kau-Kur
Dabei sei es Fletcher weniger darum gegangen, eine gewisse Anzahl von Kaubewegungen zu vollführen als vielmehr mit voller Konzentration die Nahrung zu Kauen und zu Schmecken, sodass diese erst im vollständig flüssigem Zustand den Magen passierte. Als Nahrungsmittel dienten Fletcher „nach seinem Instinkt“ zunächst Brot, Butter, Kartoffeln, Reis, Gemüse, Fleisch und Fisch, wobei das Verlangen nach Reizstoffen wie Alkohol, Kaffee Tee und Fleisch mit zunehmender Verbesserung des Befindens nachgelassen haben soll.
Innerhalb von vier Monaten sei das Gewicht dabei (bei einer Größe von 167 cm) von 94 auf 71 kg gesunken. Horace Fletcher soll sich erstaunlich leistungsfähig und kräftig gefühlt haben, obwohl er nur ein Drittel der Nahrungsmenge zu sich nahm, die zur damaligen Zeit einem Mann seines Alters und seiner Größe von „medizinischen Autoritäten“ empfohlen wurde. Wie aber bewirken ausgiebiges Kauen und Schmecken ein Mehr an Energie bei deutlich geringerer Nahrungszufuhr?
Langes Kauen und intensives Schmecken für optimale Nährstoffausnutzung
Die Verdauung beginnt im Mund. Das Kauen dient zunächst der mechanischen und dann der chemischen Zerkleinerung der Nahrung, wobei ein im Speichel enthaltenes Enzym die erste Aufspaltung der Kohlenhydrate übernimmt. Ein längerer Kauvorgang erleichtert dabei die weitere Aufspaltung in späteren Verdauungsphasen.
Weiterhin wirken bereits vor dem Schlucken die Sinneseindrücke, nämlich Geruch und Aussehen der Speisen, besonders jedoch die Reize, die während des Kauens über die Geschmacksknospen weitergegeben werden, auf den Vagusnerv (Parasympathikus). Damit schaltet der Organismus von „Aktivität“ auf „Ruhe und Verdauung“ um, Magenbewegung und Magensaftproduktion starten jetzt ihren Betrieb. Das intensive Schmecken beim „Fletchern“ dient zur Vorbereitung der Verdauung im Magen, wo der Speisebrei nun gut durchmischt und optimal ausfgespalten werden kann. Zudem verbleibt die Speise nicht länger als notwendig im Magen, sodass Magenerweiterung (Ptose) und Gärung vermieden werden. Mit dem Gebot, nur zwischen den Mahlzeiten zu trinken, wird darüber hinaus verhindert, dass der Magensaft durch Verdünnung seine volle Konzentration verliert und damit die Verdauung an Kraft einbüßt.
Sättigung ist das Signal des Körpers, dass er genügend Nahrung bekommen hat
Die langsam-konzentrierte, beinahe meditative Form der Nahrungsaufnahme schließlich, die eine ruhige Umgebung und ausreichend Zeit voraussetzt, schärft die Wahrnehmung für eigene Körperprozesse, sodass das Sättigungsgefühl als Signal ausreichender Nährstoffzufuhr rechtzeitig erkannt werden kann und Überernährung somit gar nicht erst stattfindet. Dafür ist es allerdings notwendig, anerzogene Glaubenssätze und Verhaltensregeln zu überwinden, die das Aufessen zur obersten Pflicht machen. Oder wie Rosendorff als „Motto“ in seinem Buch zitiert: „Herden wissen, wann sie heim sollen und gehen dann aus dem Gras; der Unkluge ahnt aber nie seines Magens Maß.“ (nach Edda, Rosendorff 1964) (Dipl.Päd. Jeanette Viñals Stein, Heilpraktikerin)
Literatur:
Dr. med. A. Rosendorff: Neue Erkenntnisse in der Naturheilbehandlung, Turm-Verlag 1964
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Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.