Welche Rolle spielt sexualhormonbindendes Globulin für Schlaganfälle bei Frauen?
Wenn Frauen niedrige Werte eines bestimmten Proteins aufweisen, welches Sexualhormone im Blut bindet und transportiert, kann dies auf ein erhöhtes Risiko für einen ischämischen Schlaganfall hinweisen.
Bei der aktuellen Untersuchung der Brown University wurde festgestellt, dass bei Frauen niedrigere Werte eines Proteins, dass Sexualhormone im Blut bindet und transportiert, auf ein erhöhtes Risiko für einen ischämischen Schlaganfall hinweisen können. Die Ergebnisse der Studie wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Stroke“ veröffentlicht.
Was ist sexualhormonbindendes Globulin?
Sogenanntes sexualhormonbindendes Globulin (SHBG) ist ein von der Leber produziertes Protein, welches sich an Östradiol (eine Form von Östrogen) und Testosteron bindet und diese Hormone im Blutstrom transportiert. Bei hohen SHBG-Spiegeln zirkulieren niedrigere aktive Östrogen- und Testosteronspiegel im Körper und das Gleichgewicht zwischen Testosteron und Östrogen verändert sich.
Auswirkungen von niedrigen SHBG-Spiegeln
Umgekehrt bedeuten niedrige SHBG-Spiegel, dass mehr der Hormone im Körpergewebe aktiv sind. Zusätzlich zur Beeinflussung des Östrogen- und Testosteronspiegels wirkt SHBG auch auf das Körpergewebe, indem es sich direkt an die Zellen bindet. In der Vergangenheit wurden niedrige SHBG-Spiegel bereits mit Diabetes und Herzerkrankungen in Verbindung gebracht und die aktuellen Ergebnisse bestätigen dies.
Wie beeinflussen weibliche Hormone das Schlaganfallrisiko?
„In den letzten Jahren haben wir begonnen, mehr darüber zu erfahren, wie sich gut etablierte Schlaganfall-Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes zwischen Frauen und Männern unterscheiden. Leider wissen wir immer noch nicht, wie weibliche Hormone das Schlaganfallrisiko über die gesamte Lebensspanne hinweg für Frauen beeinflussen“, berichtet Studienautorin Tracy E. Madsen von der Brown University in Providence in einer Pressemitteilung.
Mehr als 13.000 postmenopausalen Frauen wurden untersucht
Die Forschenden untersuchten bei ihrer Studie das Auftreten von ischämischen Schlaganfällen bei mehr als 13.000 postmenopausalen Frauen mit einem Durchschnittsalter von 62,5 Jahren. Bei den Teilnehmenden wurden die SHBG-Werte zwischen dem Jahr 1993 und 1998 gemessen, als sie in die Women’s Health Initiative aufgenommen wurden, eine große, landesweite Studie mit mehr als 160.000 postmenopausalen Frauen.
Niedrigste SHBG-Werte erhöhten das Risiko für einen Schlaganfall massiv
Die Forschenden untersuchten bei der aktuellen Studie das Auftreten von Schlaganfällen zwischen Frauen mit SHBG innerhalb der höchsten 25 Prozent und Frauen mit SHBG innerhalb der niedrigsten 25 Prozent aller teilnehmenden Frauen. Nach der Berücksichtigung von Alter, Rasse, Body-Mass-Index, Bluthochdruck, Alkoholkonsum und Rauchen hatten Frauen mit den niedrigsten SHBG-Werten eine um 51 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Schlaganfall erleiden.
Erhöhtes Risiko lag in der Nachbeobachtung noch bei 46 Prozent
Selbst nach der Berücksichtigung von Diabetes, einem möglichen Zusammenhang zwischen niedrigem SHBG und Schlaganfall, hatten Frauen mit dem niedrigsten SHBG in der Nachbeobachtungsphase immer noch eine um 46 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für einen Schlaganfall.
Weitere Forschung ist nötig
„Es ist mehr Forschung erforderlich, bevor Messungen des SHBG in die klinische Versorgung aufgenommen und zur Bewertung des Schlaganfallrisikos verwendet werden”, berichtet Madsen weiter.
Gesunder Lebensstil kann SHBG erhöhen
Es ist jedoch bekannt, dass es Faktoren gibt, welche dazu neigen SHBG zu erhöhen und die mit einem insgesamt gesunden Lebensstil zusammenhängen. Dazu gehören beispielsweise regelmäßige Bewegung, eine gesundes Körpergewicht und die Einschränkung der Zuckerzufuhr. In Maßen Kaffee zu trinken, kann ebenfalls zu einem verbesserten SHBG-Wert beitragen.
Wie lässt sich die Vorhersage von Schlaganfällen bei Frauen verbessern?
Die Forschenden planen in Zukunft weitere Studien, um herauszufinden, ob es eine Ursache-Wirkung-Beziehung zwischen niedrigem SHBG und Schlaganfall gibt. So wollen sie bewerten, ob die Hinzufügung eines hormonellen Biomarker-Screenings zu bestehenden Schlaganfall-Risiko-Einschätzungen die Vorhersage von Schlaganfällen bei Frauen verbessern könnte.
Verschiedene Hypothesen werden genauer untersucht
Es gibt mehrere mögliche Mechanismen, durch die niedrige SHBG-Werte mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko in Verbindung gebracht werden könnten. Zu diesen gehören beispielsweise Veränderungen in der Reaktion des Körpers auf Sexualhormone, Veränderungen in der Art und Weise, wie der Körper mit Insulin umgeht (was zu einer Funktionsstörung der Blutgefäße im Gehirn führen kann) oder Veränderungen bei Entzündungen, der Immunfunktion oder dem Blutgerinnungsprozess. Die Forschungsgruppe arbeitet derzeit an einigen dieser Hypothesen.
Einschränkungen der Untersuchung
Die Ergebnisse dieser Studie an postmenopausalen Frauen lassen sich möglicherweise weder für Männer noch für Frauen vor der Menopause verallgemeinern. Da die Women’s Health Initiative ursprünglich nicht auf Fragen zu SHBG und Schlaganfall ausgerichtet war, konnten die Forschenden nur Daten von einem Bruchteil der gesamten Studienteilnehmerinnen verwenden. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Tracy E. Madsen, Xi Luo, Mengna Huang, Ki E. Park, Marcia L. Stefanick, JoAnn E. Manson, Simin Liu: Circulating SHBG (Sex Hormone-Binding Globulin) and Risk of Ischemic Stroke, in Stroke (Veröffentlicht 12.02.2020), Stroke
- Sex hormone-related protein levels may impact stroke risk in women, American Heart Association (Veröffentlicht 12.02.2020), AHA
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.