Mittelalterliches Rezept wirksam gegen multiresistente Krankenhauskeime
07.04.2015
Multiresistente Klinikkeime vom Typ MRSA lassen sich mit Hilfe eines mittelalterlichen Rezepts erfolgreich abtöten, so das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung an der University of Nottingham. Die Forscher haben ein 1000 Jahre altes angelsächsisches Heilmittel gegen Augeninfektionen anhand eines Manuskripts aus der British Library wieder hergestellt und dessen antibakterielle Wirkung genauer unter die Lupe genommen.
Die Forscher der University of Nottingham nutzten die Angaben in einem der ältesten erhaltenen medizinischen Lehrbücher – dem „Bald’s Leechbook“ – aus der British Library, um eine mittelalterliche Augentinktur aus Zutaten wie Knoblauch, Lauch, Ochsengalle und Wein herzustellen. Anschließend testeten sie deren antibakterielle Wirkung. Sie kommen zu dem Schluss, dass die hergestellte Tinktur bemerkenswerte Auswirkungen auf multiresistente Bakterien der Gattung Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) hat. Hier wird deutlich, dass viele traditionelle Heilmethoden heute zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind.
Mittelalterliches Rezept nachgebraut
Die Philologin Dr. Christina Lee und die Mikrobiologin Dr. Freya Harrison von der University of Nottingham widmeten sich im Rahmen der aktuellen Studie dem Rezept einer speziellen Augentinktur in dem medizinischen Lehrbuch aus dem zehnten Jahrhundert, wobei bereits die Übersetzung der einzelnen Zutaten durchaus Schwierigkeiten bereitete. Anschließend mischten die Wissenschaftlerinnen unter möglichst exakter Einhaltung der Vorgaben aus den verschiedenen Zutaten die mittelalterliche Tinktur. Neun Tage ließen sie das Gebräu gären, was aus Gründen der Sterilität allerdings nicht wie vorgesehen in einem Messingkessel erfolgen konnte, so dass zusätzlich ein Messing-Plättchen in ein Glasgefäß gegeben wurde.
Nach neun Tagen war der Heiltrank steril
Nach neun Tagen war die Mischung aus biologischem Wein, Lauch und Knoblauch, Ochsengalle und einem Messing-Plättchen laut Angaben der Forscher steril, obwohl mit den Zutaten etliche Bakterien in das Glasgefäß gegeben wurden. Die Wissenschaftlerinnen untersuchten anschließend die Wirkung des mittelalterlichen „Zaubertranks“ in Zellkulturen und ließen weitere Tests im Mausmodell an einer Universität in den USA durchführen. Die Tinktur wurde auf Hautstellen von Nagern aufgetragen, welche mit den MRSA-Keimen infiziert waren. Obwohl die Keime gegenüber den meisten gängigen Antibiotika resistent sind und sich entsprechend schwer behandeln lassen, zeigte sich in dem aktuellen Versuch bei den infizierten Tieren nach Einsatz des mittelalterlichen Heilmittels ein deutlicher Rückgang der Besiedlung. Laut Dr. Harrison war die Wirkung der Tinktur beeindruckend stark und rund 90 Prozent der Bakterien seien abgetötet worden.
Wirkung des mittelalterliches Heiltrank nicht abschließend geklärt
Wieso die verschiedenen Zutaten des mittelalterlichen Heilmittels in ihrer Kombination eine derart starke Wirkung gegen die multiresistenten Klinikkeime entfalten, ist bislang nicht abschließend geklärt, doch scheint diese nur unter bestimmten Bedingungen erzielbar. So berichtet die Zeitung „Der Standard“ von Versuchen des Forschers Michael Drout vom Wheaton Collage in Norton (Massachusetts, USA) aus dem Jahr 2005, der ebenfalls den mittelalterlichen Heiltrank nachgebraut hatte. Damals überlebten die Bakterien in den Versuchen. Möglicherweise sei dies darauf zurückzuführen, dass die Tinktur nicht „in vivo“ an der Haut eines lebenden Organismus, sondern lediglich in Zellkulturen getestet wurde, zitiert „Der Standard“ den Mediziner. Weitere Forschungen müssen daher klären, worauf die Wirkung des mittelalterlichen Heilmittels tatsächlich beruht. (fp)
>Bild: Heiko Stuckmann / pixelio.de
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