Neue Erkenntnisse zu der frontotemporalen Demenz
Die Zahl der Menschen, die an Demenz erkranken, steigt seit Jahren an. Wirksame Behandlungen stehen bislang nicht zur Verfügung. Die frontotemporale Demenz (FTD), die auch als Morbus Pick bekannt ist, ist die zweithäufigste Form der Demenz. Forschende haben jetzt neue Biomarker für die Erkrankung identifiziert.
Ein Forschungsteam hat untersucht, zu welchen Störungen im Stoffwechsel des menschlichen Gehirns es bei der frontotemporalen Demenz (FTD) kommt. Die neuen Erkenntnisse könnten laut den Fachleuten dabei helfen, diese schwer diagnostizierbare Erkrankung von anderen alterungsbedingten Krankheiten zu unterscheiden. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Progress in Neurobiology” veröffentlicht.
Demenz mit frühem Beginn
Wie in einer aktuellen Mitteilung der Medizinischen Universität Graz erklärt wird, ist Demenz ein klinisches Syndrom mit schwerem kognitiven Verfall und beeinträchtigt das Leben der betroffenen Patientinnen und Patienten enorm.
Die Zahl der Menschen, bei denen Demenz diagnostiziert wird, verdoppelt sich alle 20 Jahre und wird im Jahr 2030 weltweit voraussichtlich mehr als 65 Millionen erreichen. Wirksame Behandlungen gibt es derzeit nicht.
Frontotemporale Demenz (FTD), auch bekannt als Morbus Pick, ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Form der Demenz und ein Überbegriff für eine Gruppe neurodegenerativer Erkrankungen, die sich in fortschreitenden Verhaltens-, Sprach-, exekutiven und motorischen Defiziten äußern.
Den Angaben zufolge gehört FTD weltweit zu den häufigsten Subtypen der Demenz mit frühem Beginn vor dem 65. Lebensjahr. Die Lebenserwartung nach Auftreten der Symptome wird auf drei bis 13 Jahre geschätzt, wobei sich Muskelschwund als Begleiterkrankung negativ auf diese auswirkt.
Störungen im Stoffwechsel des menschlichen Gehirns
FTD-Patientinnen und -Patienten haben ähnliche Symptome wie Personen mit der Alzheimer-Krankheit, weshalb es oft zu falschen Diagnosen kommt. Daher besteht ein großer Bedarf, Biomarker zu identifizieren, um FTD von Alzheimer und anderen Demenztypen zu unterscheiden sowie weiter zwischen FTD-Unterarten zu differenzieren.
Um neue Ansätze für die (Früh-)Erkennung und Behandlung von genetischen und altersbedingten Demenzerkrankungen zu finden und die Ursachen des Alterns besser zu verstehen, ist es wichtig, Biomarker für diese Krankheiten zu entdecken.
In der neu veröffentlichten Publikation der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Med Uni Graz und einer Kollegin aus England konnten die Erstautorinnen Fangrong Zhang und Anastasia Rakhimbekova aus der Arbeitsgruppe von Tobias Madl am Gottfried Schatz Forschungszentrum in Zusammenarbeit mit Tammaryn Lashley am University College London (UCL) aufklären, dass es bei FTD und Alzheimer-Erkrankungen zu Störungen im Stoffwechsel des menschlichen Gehirns kommt.
Das Forschungsteam zeigte auf, dass Stoffwechselprodukte im menschlichen Gehirngewebe nach dem Tod mittels Kernresonanzspektroskopie (NMR) untersucht werden können und dass Veränderungen in den Konzentrationen bestimmter Stoffwechselprodukte es ermöglichen, sowohl FTD und ihre Subtypen als auch Morbus Alzheimer voneinander zu unterscheiden.
Arginin-Methylierung ein Treiber der FTD-Erkrankung
In diesem Zusammenhang hat die Gruppe um Madl herausgefunden, dass Störungen bei der körpereigenen Modifikation von Proteinen darauf hindeuten, dass die sogenannte Arginin-Methylierung ein Treiber der FTD-Erkrankung ist, weshalb sie ein vielversprechendes therapeutisches Ziel darstellen könnte.
Bei der Arginin-Methylierung werden Methylgruppen (ein Kohlenstoff- sowie drei Wasserstoffatome) zu einem Protein hinzugefügt, dies kann die Funktion des Proteins verändern.
„Darüber hinaus dient unsere Studie als proof of concept für unsere zukünftigen Planungen, die darauf abzielen, in Stoffwechselwege therapeutisch einzugreifen und die Beziehungen zwischen Stoffwechsel, FTD und der Alzheimer-Erkrankung aufzuklären“, so Tobias Madl. Umfangreiche Studien sind derzeit in Arbeit, um die Grundlagen von FTD und Alzheimer besser zu verstehen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Graz: Neue Biomarker für Demenz identifiziert, (Abruf: 30.01.2023), Medizinische Universität Graz
- Fangrong Zhang, Anastasia Rakhimbekova, Tammaryn Lashley, Tobias Madl: Brain regions show different metabolic and protein arginine methylation phenotypes in frontotemporal dementias and Alzheimer's disease; in: Progress in Neurobiology, (veröffentlicht: 26.12.2022), Progress in Neurobiology
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.