Darmflora und chronische Entzündungen bei MS miteinander verbunden
Multiple Sklerose (MS) ist gekennzeichnet durch chronische Entzündungen, die das zentrale Nervensystem schädigen. Eine aktuelle Studie zeigt mögliche Wege auf, um die Entzündungen zu unterbrechen. Die Darmflora scheint dabei von wesentlicher Bedeutung.
Ein Forschungsteam der University of Virginia hat untersucht, inwiefern ein spezieller Rezeptor (Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor; AhR) eine Rolle bei MS spielt. Dabei entdeckten sie einen Zusammenhang zwischen der hyperaktiven Autoimmunreaktion und dem Darmmikrobiom (Darmflora). Die entsprechenden Studienergebnisse wurden in dem Fachmagazin PLOS Biology veröffentlicht.
Neue Erkenntnisse zu MS
Bei Multiple Sklerose konzentrieren sich die Behandlungen darauf, den Betroffenen bei der Bewältigung ihrer Symptome zu helfen, Schübe zu kontrollieren und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Eine Aussicht auf Heilung besteht bislang nicht.
Jüngste Forschungsergebnisse haben einerseits die Ursachen der Erkrankung in ein neues Licht gerückt und beispielsweise das Epstein-Barr-Virus als Auslöser für Multiple Sklerose identifiziert und anderseits ist auch der Zusammenhang zwischen der Darmflora und MS verstärkt in den Fokus gerückt.
Rolle des Aryl-Hydrocarbon-Rezeptors
Die aktuelle Forschungsarbeit zeigt nun an Mäusen, dass offenbar der Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor entscheidenden Einfluss auf den Zusammenhang zwischen der Darmflora und den chronischen Entzündungen bei MS hat.
Blockierten die Forschenden die Aktivität des Rezeptors in Immunzellen, den so genannten T-Zellen, hatte dies weitreichende Auswirkung auf die Produktion von Gallensäuren und anderen Metaboliten im Mikrobiom der Mäuse.
Ohne diesen Rezeptor gingen die Entzündungen zurück und die Mäuse erholten sich, berichtet das Team. Offenbar könne der Rezeptor das Darmmikrobiom umprogrammieren, so dass es schädliche, chronische Entzündungen fördert, während seine Blockierung eine gesündere Darmflora fördere.
Erstklassiges Ziel für neue Behandlungsansätze
So ist der Rezeptor nach Ansicht der Forschenden auch ein erstklassiges Ziel für neue Behandlungsansätze gegen Multiple Sklerose und andere Autoimmunkrankheiten. „Wir nähern uns der Suche nach Therapeutika für Multiple Sklerose aus einer neuen Richtung“, betont Andrea R. Merchak vom Department of Neuroscience an der University of Virginia.
Bevor hieraus konkrete Ansätze gegen MS abgeleitet werden können, sei jedoch noch viel Forschung erforderlich und es brauche ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen dem Immunsystem und der Darmflora. Die aktuelle Studie liefere hier wichtige Grundlagen für künftige Bemühungen, das Mikrobiom gezielt gegen MS einzusetzen.
„Aufgrund der Komplexität der Darmflora sind Probiotika in der klinischen Anwendung schwierig. Dieser Rezeptor lässt sich leicht mit Medikamenten ansprechen, so dass wir vielleicht einen zuverlässigeren Weg gefunden haben, um ein gesundes Darmmikrobiom zu fördern“, resümiert Merchak. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Andrea R. Merchak, Hannah J. Cahill, Lucille C. Brown, Ryan M. Brown, Courtney Rivet-Noor, Rebecca M. Beiter, Erica R. Slogar, Deniz G. Olgun, Alban Gaultier: The activity of the aryl hydrocarbon receptor in T cells tunes the gut microenvironment to sustain autoimmunity and neuroinflammation; in: PLOS Biology (veröffentlicht 14.02.2023), journals.plos.org
- University of Virginia Health System: Multiple sclerosis discovery could end disease’s chronic inflammation (veröffentlicht 16.02.2023), eurekalert.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.