Bei Fischallergien ist nicht immer ein völliger Fischverzicht erforderlich
Viele Menschen leiden unter einer Nahrungsmittelallergie, wobei die Fischallergie eine der weniger bekannten Formen darstellt, obwohl diese durchaus realtiv häufig vorkommt. Betroffene reagieren mit Symptomen wie Verdauungsbeschwerden, Nesselfieber oder gar einem anaphylaktischen Schock auf den Fischverzehr. Bislang galt ein lebenslanger Fischverzicht als einzige Option. Doch konnte ein internationales Forscherteam nun nachweisen, „dass Fischallergiker nicht zwangsläufig auf den Genuss dieser gesunden Kost verzichten müssen“, so die aktuelle Mitteilung des Luxembourg Institute of Health (LIH).
Bei einer Fischallergie war für die Betroffenen bislang der Fischkonsum grundsätzlich tabu. Der Rat an Menschen mit einer Allergie gegen Fisch lautete, dieses Lebensmittel komplett zu vermeiden, berichtet das LIH. Doch konnte das internationale Forscherteam um Dr. Annette Kühn und Professor Markus Ollert vom LIH sowie Dr. Martin Sørensen von der Uniklinik Nord Norwegen in Tromsø jetzt zeigen, dass nicht zwangsläufig ein Fischverzicht bei einer Fischallergie erforderlich ist. Ihre Studienergebnisse haben die Wissenschaftler in dem Fachmagazin „Journal of Allergy and Clinical Immunology“ veröffentlicht.
Fischallergien relativ weit verbreitet
Der bislang umgesetzt Fischverzicht bei einer Fischallergie ist durchaus kritisch zu bewerten, da Fisch normalerweise ein äußerst gesundes Nahrungsmittel ist. Er bildet einen wichtigen Lieferant für leicht verdauliche Eiweiße und versorgt den Körper mit Jod und lebensnotwendigen Omega-3-Fettsäuren. Allerdings ist Fisch gleichzeitig ein Nahrungsmittel, „das sehr häufig eine lebenslange Nahrungsmittelallergie mit deutlichen Symptomen auslöst“, berichtet das LIH. Weltweit seien geschätzt rund 0,1 Prozent der Bevölkerung davon betroffen. In Luxemburg, wo aufgrund des hohen Anteils der Bevölkerung aus dem mediterranen Raum viel Fisch konsumiert und verarbeitet werde, komme diese Allergien jedoch häufiger vor.
Unterschiedliche Eiweiße Auslöser der allergischen Reaktion
Gemeinsam haben alle Fischallergiker, dass ihr Immunsystem auf bestimmte Eiweiße des Fischs mit der Bildung von Antikörpern reagiert. Oftmals wird diese allergische Reaktion durch Parvalbumin verursacht, „ein Eiweiß, das insbesondere in den Muskelzellen des weißen Fleisches verschiedener Fischarten vorkommt“, erläutern die Forscher. Doch sei Dr. Kühn und ihren Kollegen kürzlich der Nachweis gelungen, „dass auch die Fischeiweiße Enolase und Aldolase eine Überreaktion auslösen können“, so die Mitteilung des LIH. Demnach reagieren nicht alle Fischallergiker auf die gleichen Fischarten allergisch.
Fischallergiker reagieren nicht auf alle Fischarten
Die Studienautorin Dr. Annette Kühn berichtet: „Wir konnten in unserer Studie zeigen, dass etwa jeder dritte Betroffene auf einzelne Fischarten nicht allergisch reagiert.“ Zudem sei es gelungen, „bestimmte Marker zu identifizieren, anhand derer man Personen mit einer Allergie gegen ein oder mehrere Fischarten unterscheiden kann.“ Dies hat hohen Nutzen für die Betroffenen, da manche Allergiker durchaus bestimmte Fischarten tolerieren und somit – trotz ihrer Überempfindlichkeit – nicht auf diese wertvolle Eiweißquelle verzichten müssten.
Auf der Suche nach Biomarkern
Bislang ließ sich nur anhand von sehr aufwändigen Tests, bei denen Betroffenen Fisch oral verabreicht wird, herausfinden, „ob eine Allergie gegen viele verschiedene Fischarten, eine sogenannte Kreuzallergie vorliegt“, berichtet Dr. Kühn. Gemeinsam mit Kollegen aus Norwegen und Schweden versuchten die Forscher daher bestimmte Marker im Blut von Patienten zu identifizieren, anhand derer sich die jeweilige Form der Fischallergie bestimmen lässt. An 35 Patienten mit einer nachgewiesenen Fischallergie verabreichten sie Kabeljau, Lachs und Makrelen und bestimmten anschließend die Antikörper in deren Blut.
Unterschiedliche Antikörper feststellbar
Im Rahmen ihrer Untersuchungen stellten die Forscher fest, „das Allergiker unterschiedliche Antikörper bilden, je nachdem, ob sie nur auf Parvalbumin oder auch gegen die Fisch-Eiweiße Enolase und Aldolase überempfindlich reagieren“, berichtet das LIH. Damit sei den Forschern erstmals der Nachweis gelungen, dass sich Personen mit einer Kreuzallergie gegen mehrere Fischarten anhand spezifischer Marker (Antikörper) unterscheiden lassen. „Dies ist wichtig, um unnötige Ernährungseinschränkungen zu vermeiden, vor allem bei allergischen Kindern, die sehr oft mehrere Lebensmittelallergien haben“, betont Martin Dr. Sørensen.
Neue Möglichkeiten der Allergiediagnostik
Die Ergebnisse der kliniknahen Allergieforschung eröffnen „ganz neue Möglichkeiten einer molekularen und damit personalisierten Allergiediagnostik“, erläutert Dr. Kühn. Dank der spezifischen Antikörper werde es in Zukunft hoffentlich möglich sein, „bestimmte Formen der Fischallergie frühzeitig zu identifizieren und den Betroffenen sinnvolle Ernährungstipps zur Risikovermeidung zu geben.“ Gleichzeitig könne das neue Wissen möglicherweise in Zukunft dabei helfen, gefährdete Menschen vor einer Sensibilisierung durch bestimmte Fischeiweiße zu bewahren und damit die Allergieentwicklung zu verhindern. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.